Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Reichstag zu Speier 1526. schuß nahm den Vorschlag an, eine Gesandtschaft nach Spa-nien abzuordnen, und entwarf sogleich eine Instruction für dieselbe, worin er den religiösen Zwiespalt vor allem dem Ver- bot jener Nationalversammlung beimaß, und den Kaiser bat, sobald als möglich ein Concilium zu berufen, wenigstens ein nationales, bis dahin aber die Ausführung des Edictes gnä- dig in Ruhe zu stellen: Einigen sey sie unmöglich ihres Gewissens halben: Andern weil sie eine Empörung ihrer Un- terthanen besorgen müßten: dritten aus beiderlei Gründen. Da ist nun merkwürdig, daß indem man in Deutsch- Wir wissen, aus welchen Gesichtspuncten der kaiser- 1 Gutachten bei Bucholtz II, p. 281. 2 Excerpt eines Schreibens von Wolsey an den Bischof von
Reichstag zu Speier 1526. ſchuß nahm den Vorſchlag an, eine Geſandtſchaft nach Spa-nien abzuordnen, und entwarf ſogleich eine Inſtruction für dieſelbe, worin er den religiöſen Zwieſpalt vor allem dem Ver- bot jener Nationalverſammlung beimaß, und den Kaiſer bat, ſobald als möglich ein Concilium zu berufen, wenigſtens ein nationales, bis dahin aber die Ausführung des Edictes gnä- dig in Ruhe zu ſtellen: Einigen ſey ſie unmöglich ihres Gewiſſens halben: Andern weil ſie eine Empörung ihrer Un- terthanen beſorgen müßten: dritten aus beiderlei Gründen. Da iſt nun merkwürdig, daß indem man in Deutſch- Wir wiſſen, aus welchen Geſichtspuncten der kaiſer- 1 Gutachten bei Bucholtz II, p. 281. 2 Excerpt eines Schreibens von Wolſey an den Biſchof von
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Reichstag zu Speier 1526.
ſchuß nahm den Vorſchlag an, eine Geſandtſchaft nach Spa-
nien abzuordnen, und entwarf ſogleich eine Inſtruction für
dieſelbe, worin er den religiöſen Zwieſpalt vor allem dem Ver-
bot jener Nationalverſammlung beimaß, und den Kaiſer bat,
ſobald als möglich ein Concilium zu berufen, wenigſtens ein
nationales, bis dahin aber die Ausführung des Edictes gnä-
dig in Ruhe zu ſtellen: Einigen ſey ſie unmöglich ihres
Gewiſſens halben: Andern weil ſie eine Empörung ihrer Un-
terthanen beſorgen müßten: dritten aus beiderlei Gründen.
Da iſt nun merkwürdig, daß indem man in Deutſch-
land dieſe Beſchlüſſe faßte, man ihnen von Spanien her
mit entſprechenden Ideen entgegenkam.
Wir wiſſen, aus welchen Geſichtspuncten der kaiſer-
liche Hof die lutheriſchen Bewegungen von Anfang an
betrachtete. Er hatte ſich ihnen opponirt, ſo lange er
mit dem Papſtthum verbündet war: allein ſo weit gieng
ſeine Hingebung nicht, um den Krieg, den ihm Clemens
VII in Italien machte, mit Freundſchaft in Deutſchland
zu erwiedern. Gleich nach der Schlacht von Pavia, als
der Papſt ſich zuerſt ſo unzuverläßig gezeigt hatte, dachte
der Großcanzler Gattinara ein Concilium zu fordern, nicht
darum, wie er ſagte, um es wirklich zu berufen, ſondern
nur um den Papſt zu nachgiebigerer Unterhandlung zu nö-
thigen. 1 Von England her ward Clemens ſchon damals
aufmerkſam gemacht, wie leicht eine Begünſtigung der Fran-
zoſen ihm die Obedienz der noch zur Kirche haltenden Reichs-
ſtände koſten dürfte. 2 Aber um wie viel entſchiedner wa-
1 Gutachten bei Bucholtz II, p. 281.
2 Excerpt eines Schreibens von Wolſey an den Biſchof von
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