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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
jungen Maria vermähle. -- So viele Schwierigkeiten er
dabei macht, so zeigt er sich doch endlich bereit, seine Tochter
dem Kaiser schon im Voraus, bis sie erwachsen seyn werde,
zu übergeben. 1

Von Zeit zu Zeit tauchen in unserm Europa Pläne
dieser Art auf, entweder einer universalen Herrschaft ei-
nes Einzigen, oder einer Theilung zwischen zwei vorwal-
tenden Mächten: welche der Phantasie die Möglichkeit ei-
ner allgemeinen Umkehr zeigen, aber doch immer an der
Kraft des Bestehenden scheitern.

So jung der Kaiser auch war, so war er doch viel
zu gesetzt, um sich von so verwegenen Vorschlägen fortrei-
ßen zu lassen. Auch hatte ihm England mit nichten einen
Beistand geleistet, der es zu einem solchen Antheil an den
Früchten des Sieges berechtigt hätte. Man kannte in Spa-
nien sehr gut die Verhandlungen welche der Cardinal mit
Frankreich gepflogen.

Kanzler Gattinara rieth dem Kaiser zu antworten, es

1 Die Instruction an Tunstall und Wingfield ausführlich ex-
cerpirt bei Fiddes: Life of Wolsey 346--352. Herbert p. 168 hat
davon nur sehr ungenügende Notiz. Robertson (B. IV), der nur
Herbert, nicht Fiddes kannte, hält sie daher nur für eine Art von
Vorwand. Aber man braucht nur das Schreiben Wolseys an den
König vom 12 Februar 1525, State papers p. 158, worin er schon
auf den Sieg rechnet, zu lesen, um sich zu überzeugen, daß man
sich von demselben Ehre und Vortheil versprach: "The matiers suc-
ceding to the avauntage of the Imperiallis the thanke laude and
praise shal comme unto Your Grace."
Aber eben so wenig kann man
auch Fiddes beistimmen, welcher leugnen möchte, daß doch schon ein
Verhältniß zu Frankreich angeknüpft gewesen sey. Der nemliche Brief
setzt das ins Licht. Auch für den Sieg von Frankreich meint Wol-
sey habe man sich vorgesehen "by such communications as be set
furth with France aparte."

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
jungen Maria vermähle. — So viele Schwierigkeiten er
dabei macht, ſo zeigt er ſich doch endlich bereit, ſeine Tochter
dem Kaiſer ſchon im Voraus, bis ſie erwachſen ſeyn werde,
zu übergeben. 1

Von Zeit zu Zeit tauchen in unſerm Europa Pläne
dieſer Art auf, entweder einer univerſalen Herrſchaft ei-
nes Einzigen, oder einer Theilung zwiſchen zwei vorwal-
tenden Mächten: welche der Phantaſie die Möglichkeit ei-
ner allgemeinen Umkehr zeigen, aber doch immer an der
Kraft des Beſtehenden ſcheitern.

So jung der Kaiſer auch war, ſo war er doch viel
zu geſetzt, um ſich von ſo verwegenen Vorſchlägen fortrei-
ßen zu laſſen. Auch hatte ihm England mit nichten einen
Beiſtand geleiſtet, der es zu einem ſolchen Antheil an den
Früchten des Sieges berechtigt hätte. Man kannte in Spa-
nien ſehr gut die Verhandlungen welche der Cardinal mit
Frankreich gepflogen.

Kanzler Gattinara rieth dem Kaiſer zu antworten, es

1 Die Inſtruction an Tunſtall und Wingfield ausfuͤhrlich ex-
cerpirt bei Fiddes: Life of Wolsey 346—352. Herbert p. 168 hat
davon nur ſehr ungenuͤgende Notiz. Robertſon (B. IV), der nur
Herbert, nicht Fiddes kannte, haͤlt ſie daher nur fuͤr eine Art von
Vorwand. Aber man braucht nur das Schreiben Wolſeys an den
Koͤnig vom 12 Februar 1525, State papers p. 158, worin er ſchon
auf den Sieg rechnet, zu leſen, um ſich zu uͤberzeugen, daß man
ſich von demſelben Ehre und Vortheil verſprach: „The matiers suc-
ceding to the avauntage of the Imperiallis the thanke laude and
praise shal comme unto Your Grace.“
Aber eben ſo wenig kann man
auch Fiddes beiſtimmen, welcher leugnen moͤchte, daß doch ſchon ein
Verhaͤltniß zu Frankreich angeknuͤpft geweſen ſey. Der nemliche Brief
ſetzt das ins Licht. Auch fuͤr den Sieg von Frankreich meint Wol-
ſey habe man ſich vorgeſehen „by such communications as be set
furth with France aparte.“
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[318/0328] Viertes Buch. Erſtes Capitel. jungen Maria vermähle. — So viele Schwierigkeiten er dabei macht, ſo zeigt er ſich doch endlich bereit, ſeine Tochter dem Kaiſer ſchon im Voraus, bis ſie erwachſen ſeyn werde, zu übergeben. 1 Von Zeit zu Zeit tauchen in unſerm Europa Pläne dieſer Art auf, entweder einer univerſalen Herrſchaft ei- nes Einzigen, oder einer Theilung zwiſchen zwei vorwal- tenden Mächten: welche der Phantaſie die Möglichkeit ei- ner allgemeinen Umkehr zeigen, aber doch immer an der Kraft des Beſtehenden ſcheitern. So jung der Kaiſer auch war, ſo war er doch viel zu geſetzt, um ſich von ſo verwegenen Vorſchlägen fortrei- ßen zu laſſen. Auch hatte ihm England mit nichten einen Beiſtand geleiſtet, der es zu einem ſolchen Antheil an den Früchten des Sieges berechtigt hätte. Man kannte in Spa- nien ſehr gut die Verhandlungen welche der Cardinal mit Frankreich gepflogen. Kanzler Gattinara rieth dem Kaiſer zu antworten, es 1 Die Inſtruction an Tunſtall und Wingfield ausfuͤhrlich ex- cerpirt bei Fiddes: Life of Wolsey 346—352. Herbert p. 168 hat davon nur ſehr ungenuͤgende Notiz. Robertſon (B. IV), der nur Herbert, nicht Fiddes kannte, haͤlt ſie daher nur fuͤr eine Art von Vorwand. Aber man braucht nur das Schreiben Wolſeys an den Koͤnig vom 12 Februar 1525, State papers p. 158, worin er ſchon auf den Sieg rechnet, zu leſen, um ſich zu uͤberzeugen, daß man ſich von demſelben Ehre und Vortheil verſprach: „The matiers suc- ceding to the avauntage of the Imperiallis the thanke laude and praise shal comme unto Your Grace.“ Aber eben ſo wenig kann man auch Fiddes beiſtimmen, welcher leugnen moͤchte, daß doch ſchon ein Verhaͤltniß zu Frankreich angeknuͤpft geweſen ſey. Der nemliche Brief ſetzt das ins Licht. Auch fuͤr den Sieg von Frankreich meint Wol- ſey habe man ſich vorgeſehen „by such communications as be set furth with France aparte.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/328>, abgerufen am 27.11.2024.