In wetteifernder Eile giengen nun die beiden Armeen über die Alpen. Die Kaiserlichen machten sich so leicht wie möglich. Nur einen kleinen Theil ihres Geschützes, das sie zerschlagen, führten sie auf Maulthieren mit sich fort; das übrige ward vergraben oder nach Toulon ge- schafft. In zwei Colonnen bewegten sie sich vorwärts, jedoch auf derselben Straße, so daß immer die erste das Quartier verließ wenn die andre ankam. Eines Tages hatten sich ein paar Deutsche betrunken und waren nicht fortzubringen: ohne Erbarmen ließ Pescara das Haus an- zünden worin sie lagen, so daß sie daselbst verbrannten: er wollte auch nicht Einen Mann in die Hand der Bauern gerathen lassen: er hätte gefürchtet ihre Wuth zu erwecken. So passirten sie Nizza, Ventimiglia, die Seealpen: in ihrem Äußern ziemlich heruntergekommen, aber nicht entmuthigt: hatten sie doch keinen Verlust erlitten! in langem Zuge führten sie ihr ganzes Gepäck, alle den Kriegserwerb der früheren Jahre mit sich.
Indessen zog Franz I mit seiner frischen glänzenden Armee über die Oberalpen, -- Briancon Pignerol, -- und unaufhaltsam sofort nach den lombardischen Ebenen. Er hoffte der kaiserlichen Armee noch zuvorzukommen.
Eine mailändische Chronik versichert, sie seyen beide an demselben Tag über den Tessino gegangen, die franzö- sische bei Abbiate-grasso, die kaiserliche in der Nähe von Pavia. 1
Auf jeden Fall waren jedoch die Kaiserlichen in
gro-
1 Martino Verri bei P. Verri III, 241.
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
In wetteifernder Eile giengen nun die beiden Armeen über die Alpen. Die Kaiſerlichen machten ſich ſo leicht wie möglich. Nur einen kleinen Theil ihres Geſchützes, das ſie zerſchlagen, führten ſie auf Maulthieren mit ſich fort; das übrige ward vergraben oder nach Toulon ge- ſchafft. In zwei Colonnen bewegten ſie ſich vorwärts, jedoch auf derſelben Straße, ſo daß immer die erſte das Quartier verließ wenn die andre ankam. Eines Tages hatten ſich ein paar Deutſche betrunken und waren nicht fortzubringen: ohne Erbarmen ließ Pescara das Haus an- zünden worin ſie lagen, ſo daß ſie daſelbſt verbrannten: er wollte auch nicht Einen Mann in die Hand der Bauern gerathen laſſen: er hätte gefürchtet ihre Wuth zu erwecken. So paſſirten ſie Nizza, Ventimiglia, die Seealpen: in ihrem Äußern ziemlich heruntergekommen, aber nicht entmuthigt: hatten ſie doch keinen Verluſt erlitten! in langem Zuge führten ſie ihr ganzes Gepäck, alle den Kriegserwerb der früheren Jahre mit ſich.
Indeſſen zog Franz I mit ſeiner friſchen glänzenden Armee über die Oberalpen, — Briançon Pignerol, — und unaufhaltſam ſofort nach den lombardiſchen Ebenen. Er hoffte der kaiſerlichen Armee noch zuvorzukommen.
Eine mailändiſche Chronik verſichert, ſie ſeyen beide an demſelben Tag über den Teſſino gegangen, die franzö- ſiſche bei Abbiate-graſſo, die kaiſerliche in der Nähe von Pavia. 1
Auf jeden Fall waren jedoch die Kaiſerlichen in
gro-
1 Martino Verri bei P. Verri III, 241.
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Viertes Buch. Erſtes Capitel.
In wetteifernder Eile giengen nun die beiden Armeen
über die Alpen. Die Kaiſerlichen machten ſich ſo leicht
wie möglich. Nur einen kleinen Theil ihres Geſchützes,
das ſie zerſchlagen, führten ſie auf Maulthieren mit ſich
fort; das übrige ward vergraben oder nach Toulon ge-
ſchafft. In zwei Colonnen bewegten ſie ſich vorwärts,
jedoch auf derſelben Straße, ſo daß immer die erſte das
Quartier verließ wenn die andre ankam. Eines Tages
hatten ſich ein paar Deutſche betrunken und waren nicht
fortzubringen: ohne Erbarmen ließ Pescara das Haus an-
zünden worin ſie lagen, ſo daß ſie daſelbſt verbrannten:
er wollte auch nicht Einen Mann in die Hand der Bauern
gerathen laſſen: er hätte gefürchtet ihre Wuth zu erwecken.
So paſſirten ſie Nizza, Ventimiglia, die Seealpen: in ihrem
Äußern ziemlich heruntergekommen, aber nicht entmuthigt:
hatten ſie doch keinen Verluſt erlitten! in langem Zuge
führten ſie ihr ganzes Gepäck, alle den Kriegserwerb der
früheren Jahre mit ſich.
Indeſſen zog Franz I mit ſeiner friſchen glänzenden
Armee über die Oberalpen, — Briançon Pignerol, — und
unaufhaltſam ſofort nach den lombardiſchen Ebenen. Er
hoffte der kaiſerlichen Armee noch zuvorzukommen.
Eine mailändiſche Chronik verſichert, ſie ſeyen beide
an demſelben Tag über den Teſſino gegangen, die franzö-
ſiſche bei Abbiate-graſſo, die kaiſerliche in der Nähe von
Pavia. 1
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/314>, abgerufen am 27.11.2024.
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