Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Erstes Capitel. genblick durch neu ankommende Graubündner unterstützt,mit eben so viel Glück wie Geschicklichkeit ihren Übergang über die Adda: Lautrec sah sich ganz auf die festen Städte beschränkt. Da aber war alles schon lange in feindseliger Gäh- 1 Cronaca Grumello, bei Verri III, 221. 2 Sepulveda Praefatio in Aristotelem de parvis naturalibus
(Cf. Sepulvedae Vita et Scripta p. CVII) sagt von Julius: "non ignarus, in uno Mediolano cetera oppida expugnari." Ganz gut drückt Vettori die Umwandlung des Zustandes aus. In Milano in facto la parte Ghibellina e superiore assai, i popoli sono sempre desiderosi di mutazioni: chi lascia la campagna e si ritira den- tro alle mura, perde di riputatione. Viertes Buch. Erſtes Capitel. genblick durch neu ankommende Graubündner unterſtützt,mit eben ſo viel Glück wie Geſchicklichkeit ihren Übergang über die Adda: Lautrec ſah ſich ganz auf die feſten Städte beſchränkt. Da aber war alles ſchon lange in feindſeliger Gäh- 1 Cronaca Grumello, bei Verri III, 221. 2 Sepulveda Praefatio in Aristotelem de parvis naturalibus
(Cf. Sepulvedae Vita et Scripta p. CVII) ſagt von Julius: „non ignarus, in uno Mediolano cetera oppida expugnari.“ Ganz gut druͤckt Vettori die Umwandlung des Zuſtandes aus. In Milano in facto la parte Ghibellina è superiore assai, i popoli sono sempre desiderosi di mutazioni: chi lascia la campagna e si ritira den- tro alle mura, perde di riputatione. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0280" n="270"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> genblick durch neu ankommende Graubündner unterſtützt,<lb/> mit eben ſo viel Glück wie Geſchicklichkeit ihren Übergang<lb/> über die Adda: Lautrec ſah ſich ganz auf die feſten Städte<lb/> beſchränkt.</p><lb/> <p>Da aber war alles ſchon lange in feindſeliger Gäh-<lb/> rung. Die Gibellinen haßten die franzöſiſche Regierung:<lb/> auch die Guelfen waren von ihr nicht mit alle der Rück-<lb/> ſicht behandelt worden die ſie forderten: ihr vornehmſtes<lb/> Oberhaupt, der alte Trivulzi, der eine Zeitlang mehr ver-<lb/> mochte als der franzöſiſche Gouverneur, war eben darum<lb/> in die Ungnade des Königs gefallen und darin geſtorben;<lb/> dazu kamen die Erpreſſungen und Gewaltſamkeiten, welche<lb/> die Herrſchaft der Franzoſen in fremden Ländern gewöhn-<lb/> lich verhaßt machen: als Lautrec in Mailand anlangte,<lb/> fand er eine ſo ſtarke Bewegung daß er eine ſtrenge Execu-<lb/> tion für nothwendig hielt; den alten Chriſtoph Pallavicini,<lb/> einen nahen Verwandten des Hauſes Medici, eins der<lb/> Oberhäupter der gibelliniſchen Faction ließ er in dem Ca-<lb/> ſtell enthaupten. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Cronaca Grumello,</hi> bei Verri <hi rendition="#aq">III,</hi> 221.</note> Dieſe Grauſamkeit, der Anblick eines<lb/> geſchlagenen Heeres, das Gerücht von der Annäherung ei-<lb/> nes übermächtigen Feindes, man kann denken wie alle das<lb/> wirkte. Schon immer hatten Prospero und Cardinal Ju-<lb/> lius ihre Hofnung auf dieſe Stimmung geſetzt. <note place="foot" n="2">Sepulveda <hi rendition="#aq">Praefatio in Aristotelem de parvis naturalibus<lb/> (Cf. Sepulvedae Vita et Scripta p. CVII)</hi> ſagt von Julius: <hi rendition="#aq">„non<lb/> ignarus, in uno Mediolano cetera oppida expugnari.“</hi> Ganz gut<lb/> druͤckt Vettori die Umwandlung des Zuſtandes aus. <hi rendition="#aq">In Milano in<lb/> facto la parte Ghibellina è superiore assai, i popoli sono sempre<lb/> desiderosi di mutazioni: chi lascia la campagna e si ritira den-<lb/> tro alle mura, perde di riputatione.</hi></note> Franz<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0280]
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
genblick durch neu ankommende Graubündner unterſtützt,
mit eben ſo viel Glück wie Geſchicklichkeit ihren Übergang
über die Adda: Lautrec ſah ſich ganz auf die feſten Städte
beſchränkt.
Da aber war alles ſchon lange in feindſeliger Gäh-
rung. Die Gibellinen haßten die franzöſiſche Regierung:
auch die Guelfen waren von ihr nicht mit alle der Rück-
ſicht behandelt worden die ſie forderten: ihr vornehmſtes
Oberhaupt, der alte Trivulzi, der eine Zeitlang mehr ver-
mochte als der franzöſiſche Gouverneur, war eben darum
in die Ungnade des Königs gefallen und darin geſtorben;
dazu kamen die Erpreſſungen und Gewaltſamkeiten, welche
die Herrſchaft der Franzoſen in fremden Ländern gewöhn-
lich verhaßt machen: als Lautrec in Mailand anlangte,
fand er eine ſo ſtarke Bewegung daß er eine ſtrenge Execu-
tion für nothwendig hielt; den alten Chriſtoph Pallavicini,
einen nahen Verwandten des Hauſes Medici, eins der
Oberhäupter der gibelliniſchen Faction ließ er in dem Ca-
ſtell enthaupten. 1 Dieſe Grauſamkeit, der Anblick eines
geſchlagenen Heeres, das Gerücht von der Annäherung ei-
nes übermächtigen Feindes, man kann denken wie alle das
wirkte. Schon immer hatten Prospero und Cardinal Ju-
lius ihre Hofnung auf dieſe Stimmung geſetzt. 2 Franz
1 Cronaca Grumello, bei Verri III, 221.
2 Sepulveda Praefatio in Aristotelem de parvis naturalibus
(Cf. Sepulvedae Vita et Scripta p. CVII) ſagt von Julius: „non
ignarus, in uno Mediolano cetera oppida expugnari.“ Ganz gut
druͤckt Vettori die Umwandlung des Zuſtandes aus. In Milano in
facto la parte Ghibellina è superiore assai, i popoli sono sempre
desiderosi di mutazioni: chi lascia la campagna e si ritira den-
tro alle mura, perde di riputatione.
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