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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
Erscheinen einer so starken schweizerischen Mannschaft in
dem päpstlich-kaiserlichen Heere, wenn nichts weiter, doch
die ganze Kraft des Feindes, die eben in seinen Schwei-
zern beruhte, lähmen müsse. Es kam nur darauf an, sich
mit ihr zu vereinigen. Hiezu setzte sich das Heer sofort
in Bewegung. Cardinal Julius Medici war von Florenz
her bei demselben angelangt, hatte alle Streitigkeiten der
Heerführer beseitigt, den guten Willen der Truppen mit
dem florentinischen Geld das er mitbrachte wiederhergestellt:
13 Saumthiere waren in seinem Gefolg: man sagte sie
seyen alle mit Geld beladen. Prospero Colonna gieng am
1sten October bei Casal-maggiore über den Po und nahm
seinen Marsch den Oglio aufwärts. Indessen kamen von
Chiavenna her über den Morbegno die Schweizer von den
Alpen herab: weder Gebirg noch Gewässer, weder die An-
mahnungen der Landsleute, noch die Feindseligkeiten der
Franzosen konnten sie abhalten. Ende October erschienen
auch sie am obern Oglio.

Augenscheinlich lag nun das Heil der Franzosen darin,
die Vereinigung dieser beiden Heeresmassen zu hindern.
Prospero Colonna hatte ein so wenig vortheilhaftes Lager
bei Rebecca bezogen, daß sich selbst bei den bedächtigen
Venezianern die Meinung regte, man müsse ihn angreifen:
die Schweizer drangen darauf: sie wollten schlagen, ehe
ihre Eidgenossen drüben angekommen: in einem Kriegsrath
der deshalb gehalten ward, waren beinahe alle Stimmen
für den Angriff: nur der Oberbefehlshaber Lautrec war nicht
dazu zu bewegen. 1 Man führt mancherlei Gründe an, die

1 Die Version welche Leferron (V, 130) aus dem Munde

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Erſcheinen einer ſo ſtarken ſchweizeriſchen Mannſchaft in
dem päpſtlich-kaiſerlichen Heere, wenn nichts weiter, doch
die ganze Kraft des Feindes, die eben in ſeinen Schwei-
zern beruhte, lähmen müſſe. Es kam nur darauf an, ſich
mit ihr zu vereinigen. Hiezu ſetzte ſich das Heer ſofort
in Bewegung. Cardinal Julius Medici war von Florenz
her bei demſelben angelangt, hatte alle Streitigkeiten der
Heerführer beſeitigt, den guten Willen der Truppen mit
dem florentiniſchen Geld das er mitbrachte wiederhergeſtellt:
13 Saumthiere waren in ſeinem Gefolg: man ſagte ſie
ſeyen alle mit Geld beladen. Prospero Colonna gieng am
1ſten October bei Caſal-maggiore über den Po und nahm
ſeinen Marſch den Oglio aufwärts. Indeſſen kamen von
Chiavenna her über den Morbegno die Schweizer von den
Alpen herab: weder Gebirg noch Gewäſſer, weder die An-
mahnungen der Landsleute, noch die Feindſeligkeiten der
Franzoſen konnten ſie abhalten. Ende October erſchienen
auch ſie am obern Oglio.

Augenſcheinlich lag nun das Heil der Franzoſen darin,
die Vereinigung dieſer beiden Heeresmaſſen zu hindern.
Prospero Colonna hatte ein ſo wenig vortheilhaftes Lager
bei Rebecca bezogen, daß ſich ſelbſt bei den bedächtigen
Venezianern die Meinung regte, man müſſe ihn angreifen:
die Schweizer drangen darauf: ſie wollten ſchlagen, ehe
ihre Eidgenoſſen drüben angekommen: in einem Kriegsrath
der deshalb gehalten ward, waren beinahe alle Stimmen
für den Angriff: nur der Oberbefehlshaber Lautrec war nicht
dazu zu bewegen. 1 Man führt mancherlei Gründe an, die

1 Die Verſion welche Leferron (V, 130) aus dem Munde
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[268/0278] Viertes Buch. Erſtes Capitel. Erſcheinen einer ſo ſtarken ſchweizeriſchen Mannſchaft in dem päpſtlich-kaiſerlichen Heere, wenn nichts weiter, doch die ganze Kraft des Feindes, die eben in ſeinen Schwei- zern beruhte, lähmen müſſe. Es kam nur darauf an, ſich mit ihr zu vereinigen. Hiezu ſetzte ſich das Heer ſofort in Bewegung. Cardinal Julius Medici war von Florenz her bei demſelben angelangt, hatte alle Streitigkeiten der Heerführer beſeitigt, den guten Willen der Truppen mit dem florentiniſchen Geld das er mitbrachte wiederhergeſtellt: 13 Saumthiere waren in ſeinem Gefolg: man ſagte ſie ſeyen alle mit Geld beladen. Prospero Colonna gieng am 1ſten October bei Caſal-maggiore über den Po und nahm ſeinen Marſch den Oglio aufwärts. Indeſſen kamen von Chiavenna her über den Morbegno die Schweizer von den Alpen herab: weder Gebirg noch Gewäſſer, weder die An- mahnungen der Landsleute, noch die Feindſeligkeiten der Franzoſen konnten ſie abhalten. Ende October erſchienen auch ſie am obern Oglio. Augenſcheinlich lag nun das Heil der Franzoſen darin, die Vereinigung dieſer beiden Heeresmaſſen zu hindern. Prospero Colonna hatte ein ſo wenig vortheilhaftes Lager bei Rebecca bezogen, daß ſich ſelbſt bei den bedächtigen Venezianern die Meinung regte, man müſſe ihn angreifen: die Schweizer drangen darauf: ſie wollten ſchlagen, ehe ihre Eidgenoſſen drüben angekommen: in einem Kriegsrath der deshalb gehalten ward, waren beinahe alle Stimmen für den Angriff: nur der Oberbefehlshaber Lautrec war nicht dazu zu bewegen. 1 Man führt mancherlei Gründe an, die 1 Die Verſion welche Leferron (V, 130) aus dem Munde

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/278>, abgerufen am 29.11.2024.