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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
Mächten der Welt hätte einnehmen können. Im Juli 1521
erhob sich eine feierliche Abordnung nach Dijon zu König
Franz I, um ihm das versiegelte Bundesinstrument zu über-
bringen: und die Mutter des Königs hatte ihr Vergnügen
daran, welche Ehrerbietung dabei ihrem Sohne bewiesen
ward; unmittelbar hierauf zogen schweizerische Schaaren
in den Krieg des Königs, so wohl in die Picardie als nach
Italien.

Es leuchtet ein, wie sehr nun hiedurch alle jene Pläne
des Papstes und des Kaisers durchkreuzt wurden.

Auch in Italien beschleunigte ein Angriff der Franzo-
sen und zwar ein sehr schlecht überlegter auf die Stadt
Reggio, wo sie mailändische Ausgewanderte aufzuheben
gedachten, den Ausbruch der Feindseligkeiten. Schon im
Juli 1521 brach Prospero Colonna, dem der Oberbefehl
über die päpstlich-kaiserlichen Truppen anvertraut war, von
Bologna auf, um Parma anzugreifen: eine Flotte setzte
sich gegen Genua in Bewegung: in Trient sammelten sich
um Maximilian Sforza deutsche Fußvölker: auf dem Co-
mer See erschienen die ausgewanderten Gibellinen, die dort
immer schon einen räuberartigen Krieg geführt, mit ein
paar Schiffen. 1

Allein wohin konnte alle das führen, da die Haupt-
macht, von der man einen großen Einbruch im Mailän-
dischen erwartet, jetzt mit dem Feinde sogar gemeinschaft-
liche Sache gemacht, dessen Selbstvertrauen dadurch an al-

1 Benedictus Jovius Historia Novocomensis in Graevii Thes.
Ital. IV, p.
71 nennt als Anführer Johannes a Brinzia, cogno-
mento stultus,
doch wohl der Matto da Brinzi, wie er sonst heißt.

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Mächten der Welt hätte einnehmen können. Im Juli 1521
erhob ſich eine feierliche Abordnung nach Dijon zu König
Franz I, um ihm das verſiegelte Bundesinſtrument zu über-
bringen: und die Mutter des Königs hatte ihr Vergnügen
daran, welche Ehrerbietung dabei ihrem Sohne bewieſen
ward; unmittelbar hierauf zogen ſchweizeriſche Schaaren
in den Krieg des Königs, ſo wohl in die Picardie als nach
Italien.

Es leuchtet ein, wie ſehr nun hiedurch alle jene Pläne
des Papſtes und des Kaiſers durchkreuzt wurden.

Auch in Italien beſchleunigte ein Angriff der Franzo-
ſen und zwar ein ſehr ſchlecht überlegter auf die Stadt
Reggio, wo ſie mailändiſche Ausgewanderte aufzuheben
gedachten, den Ausbruch der Feindſeligkeiten. Schon im
Juli 1521 brach Prospero Colonna, dem der Oberbefehl
über die päpſtlich-kaiſerlichen Truppen anvertraut war, von
Bologna auf, um Parma anzugreifen: eine Flotte ſetzte
ſich gegen Genua in Bewegung: in Trient ſammelten ſich
um Maximilian Sforza deutſche Fußvölker: auf dem Co-
mer See erſchienen die ausgewanderten Gibellinen, die dort
immer ſchon einen räuberartigen Krieg geführt, mit ein
paar Schiffen. 1

Allein wohin konnte alle das führen, da die Haupt-
macht, von der man einen großen Einbruch im Mailän-
diſchen erwartet, jetzt mit dem Feinde ſogar gemeinſchaft-
liche Sache gemacht, deſſen Selbſtvertrauen dadurch an al-

1 Benedictus Jovius Historia Novocomensis in Graevii Thes.
Ital. IV, p.
71 nennt als Anfuͤhrer Johannes a Brinzia, cogno-
mento stultus,
doch wohl der Matto da Brinzi, wie er ſonſt heißt.
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[264/0274] Viertes Buch. Erſtes Capitel. Mächten der Welt hätte einnehmen können. Im Juli 1521 erhob ſich eine feierliche Abordnung nach Dijon zu König Franz I, um ihm das verſiegelte Bundesinſtrument zu über- bringen: und die Mutter des Königs hatte ihr Vergnügen daran, welche Ehrerbietung dabei ihrem Sohne bewieſen ward; unmittelbar hierauf zogen ſchweizeriſche Schaaren in den Krieg des Königs, ſo wohl in die Picardie als nach Italien. Es leuchtet ein, wie ſehr nun hiedurch alle jene Pläne des Papſtes und des Kaiſers durchkreuzt wurden. Auch in Italien beſchleunigte ein Angriff der Franzo- ſen und zwar ein ſehr ſchlecht überlegter auf die Stadt Reggio, wo ſie mailändiſche Ausgewanderte aufzuheben gedachten, den Ausbruch der Feindſeligkeiten. Schon im Juli 1521 brach Prospero Colonna, dem der Oberbefehl über die päpſtlich-kaiſerlichen Truppen anvertraut war, von Bologna auf, um Parma anzugreifen: eine Flotte ſetzte ſich gegen Genua in Bewegung: in Trient ſammelten ſich um Maximilian Sforza deutſche Fußvölker: auf dem Co- mer See erſchienen die ausgewanderten Gibellinen, die dort immer ſchon einen räuberartigen Krieg geführt, mit ein paar Schiffen. 1 Allein wohin konnte alle das führen, da die Haupt- macht, von der man einen großen Einbruch im Mailän- diſchen erwartet, jetzt mit dem Feinde ſogar gemeinſchaft- liche Sache gemacht, deſſen Selbſtvertrauen dadurch an al- 1 Benedictus Jovius Historia Novocomensis in Graevii Thes. Ital. IV, p. 71 nennt als Anfuͤhrer Johannes a Brinzia, cogno- mento stultus, doch wohl der Matto da Brinzi, wie er ſonſt heißt.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/274>, abgerufen am 29.11.2024.