Dagegen entwickelten sich die Ereignisse in Italien unerwartet zur Entscheidung.
Hier kam es vor allem auf jene zwar noch immer zu dem Reiche sich haltende, dazu gezählte, aber doch in ihrer Politik so gut wie unabhängige Genossenschaft der Schweizer an, von welcher die großen Entscheidungen in Oberitalien die letzten Jahrzehnde daher immer hauptsächlich abgehangen. Noch zuletzt hatten sie im Jahr 1512 Mai- land für die Sforza's zurückerobert; nur durch ihre Ent- zweiung war es, wiewohl auch dann noch nicht ohne eine der blutigsten Schlachten, verloren gegangen; im J. 1516 hatte Maximilian mit ihrer Hülfe einen abermaligen Zug in die Lombardei unternommen und hauptsächlich den Män- geln seiner Führung schrieb man es zu, daß er mißglückt war. Auch jetzt rechneten Papst und Kaiser bei ihren Plä- nen hauptsächlich auf die Hülfe dieser nahen, kriegsfertigen und tapfern Mannschaften. Ihre Absicht war, 16000 Schweizer über die Gebirge kommen und zu derselben Zeit in Mailand vorrücken zu lassen, wenn eine kaiserliche Flotte vor Genua, und ein neapolitanisch-päpstliches Heer am Po erscheinen würde. 1
Und wie hätten sie an dem glücklichen Erfolg ihrer Bemühungen zweifeln sollen? Die Eidgenossenschaft hatte bei der Kaiserwahl Partei für Östreich genommen: der rö- mische Stuhl war in engem Bunde mit ihr, und schon im Anfang des Jahres waren einige tausend Schweizer in den Dienst Leo's gezogen, der dann ihre Hauptleute in Rom mit goldnen Ketten beschenkt hatte.
1 Der Plan ist in den Allianztractat aufgenommen. Art. 9.
Feldzug von 1521.
Dagegen entwickelten ſich die Ereigniſſe in Italien unerwartet zur Entſcheidung.
Hier kam es vor allem auf jene zwar noch immer zu dem Reiche ſich haltende, dazu gezählte, aber doch in ihrer Politik ſo gut wie unabhängige Genoſſenſchaft der Schweizer an, von welcher die großen Entſcheidungen in Oberitalien die letzten Jahrzehnde daher immer hauptſächlich abgehangen. Noch zuletzt hatten ſie im Jahr 1512 Mai- land für die Sforza’s zurückerobert; nur durch ihre Ent- zweiung war es, wiewohl auch dann noch nicht ohne eine der blutigſten Schlachten, verloren gegangen; im J. 1516 hatte Maximilian mit ihrer Hülfe einen abermaligen Zug in die Lombardei unternommen und hauptſächlich den Män- geln ſeiner Führung ſchrieb man es zu, daß er mißglückt war. Auch jetzt rechneten Papſt und Kaiſer bei ihren Plä- nen hauptſächlich auf die Hülfe dieſer nahen, kriegsfertigen und tapfern Mannſchaften. Ihre Abſicht war, 16000 Schweizer über die Gebirge kommen und zu derſelben Zeit in Mailand vorrücken zu laſſen, wenn eine kaiſerliche Flotte vor Genua, und ein neapolitaniſch-päpſtliches Heer am Po erſcheinen würde. 1
Und wie hätten ſie an dem glücklichen Erfolg ihrer Bemühungen zweifeln ſollen? Die Eidgenoſſenſchaft hatte bei der Kaiſerwahl Partei für Öſtreich genommen: der rö- miſche Stuhl war in engem Bunde mit ihr, und ſchon im Anfang des Jahres waren einige tauſend Schweizer in den Dienſt Leo’s gezogen, der dann ihre Hauptleute in Rom mit goldnen Ketten beſchenkt hatte.
1 Der Plan iſt in den Allianztractat aufgenommen. Art. 9.
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Feldzug von 1521.
Dagegen entwickelten ſich die Ereigniſſe in Italien
unerwartet zur Entſcheidung.
Hier kam es vor allem auf jene zwar noch immer
zu dem Reiche ſich haltende, dazu gezählte, aber doch in
ihrer Politik ſo gut wie unabhängige Genoſſenſchaft der
Schweizer an, von welcher die großen Entſcheidungen in
Oberitalien die letzten Jahrzehnde daher immer hauptſächlich
abgehangen. Noch zuletzt hatten ſie im Jahr 1512 Mai-
land für die Sforza’s zurückerobert; nur durch ihre Ent-
zweiung war es, wiewohl auch dann noch nicht ohne eine
der blutigſten Schlachten, verloren gegangen; im J. 1516
hatte Maximilian mit ihrer Hülfe einen abermaligen Zug
in die Lombardei unternommen und hauptſächlich den Män-
geln ſeiner Führung ſchrieb man es zu, daß er mißglückt
war. Auch jetzt rechneten Papſt und Kaiſer bei ihren Plä-
nen hauptſächlich auf die Hülfe dieſer nahen, kriegsfertigen
und tapfern Mannſchaften. Ihre Abſicht war, 16000
Schweizer über die Gebirge kommen und zu derſelben Zeit
in Mailand vorrücken zu laſſen, wenn eine kaiſerliche Flotte
vor Genua, und ein neapolitaniſch-päpſtliches Heer am
Po erſcheinen würde. 1
Und wie hätten ſie an dem glücklichen Erfolg ihrer
Bemühungen zweifeln ſollen? Die Eidgenoſſenſchaft hatte
bei der Kaiſerwahl Partei für Öſtreich genommen: der rö-
miſche Stuhl war in engem Bunde mit ihr, und ſchon im
Anfang des Jahres waren einige tauſend Schweizer in den
Dienſt Leo’s gezogen, der dann ihre Hauptleute in Rom
mit goldnen Ketten beſchenkt hatte.
1 Der Plan iſt in den Allianztractat aufgenommen. Art. 9.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/271>, abgerufen am 30.11.2024.
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