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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Unruhen in Wittenberg.
gerniß zu vermeiden, genöthigt die Privatmessen in seiner
Kirche wirklich einzustellen. Das wirkte nun sogleich in
der Universität so wie in der Stadt nach. Als am 3ten
Dez. 1521 die Messe in der Pfarrkirche gesungen werden
sollte, erschienen einige Studenten und jüngere Bürger
mit bloßen Messern unter den Röcken, nahmen die Meß-
bücher weg und trieben die Priester vom Altar. Als der
Rath die Schuldigen welche vor sein Forum gehörten
einzog, und zu bestrafen Miene machte, erhob sich Lärm
in der Gemeine: sie legte dem Rathe Artikel vor, in denen
sie fast im Tone des Aufruhrs die Loslassung der Gefan-
genen forderte. 1

Versuche, die einen völligen Umsturz des bisherigen
Gottesdienstes und zwar von unten her, ohne alle Bera-
thung und Ordnung in sich schlossen. Der Churfürst, an
den alle diese Dinge zur Entscheidung gebracht wurden,
wünschte nach seiner Weise das Urtheil einer oder der an-
dern einigermaaßen constituirten Autorität zu vernehmen.

Zuerst wurde ein Convent der Augustiner aus den

1 Der Rath zu Wittenberg an den Churfürsten 3. 5 Dez.
C. Ev. 487. Welchen Eindruck diese Neuerungen in weiter Ferne
machten davon zeugt besonders eine Stelle im 32sten Band der ve-
nezianischen Chronik Sanuto's im Arch. zu Wien: Novita di uno
ordine over uso de la fede christiana comenzada in Vintibergia.
Li frati heremitani di S. Augustino hanno trovato e provato
per le st. scripture che le messe secondo che se usano adesso
si e gran peccato a dirle o a odirle
(Man sieht die ganze Neue-
rung wird wie eine Entdeckung des Augustinerordens behandelt.) e
dapoi el zorno di S. Michiel 1521 in qua ogni zorno questo
hanno predichado e ditto e stanno saldi in questa soa oppinione
e questo etiam con le opre observano e da poi la domeniga di
S. Michiel non hanno ditto piu messe nella chiesia del suo mo-
nasterio e per questo e seguito gran scandalo tra el popolo li
cantori e canonici spirituali e temporali
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Unruhen in Wittenberg.
gerniß zu vermeiden, genöthigt die Privatmeſſen in ſeiner
Kirche wirklich einzuſtellen. Das wirkte nun ſogleich in
der Univerſität ſo wie in der Stadt nach. Als am 3ten
Dez. 1521 die Meſſe in der Pfarrkirche geſungen werden
ſollte, erſchienen einige Studenten und jüngere Bürger
mit bloßen Meſſern unter den Röcken, nahmen die Meß-
bücher weg und trieben die Prieſter vom Altar. Als der
Rath die Schuldigen welche vor ſein Forum gehörten
einzog, und zu beſtrafen Miene machte, erhob ſich Lärm
in der Gemeine: ſie legte dem Rathe Artikel vor, in denen
ſie faſt im Tone des Aufruhrs die Loslaſſung der Gefan-
genen forderte. 1

Verſuche, die einen völligen Umſturz des bisherigen
Gottesdienſtes und zwar von unten her, ohne alle Bera-
thung und Ordnung in ſich ſchloſſen. Der Churfürſt, an
den alle dieſe Dinge zur Entſcheidung gebracht wurden,
wünſchte nach ſeiner Weiſe das Urtheil einer oder der an-
dern einigermaaßen conſtituirten Autorität zu vernehmen.

Zuerſt wurde ein Convent der Auguſtiner aus den

1 Der Rath zu Wittenberg an den Churfuͤrſten 3. 5 Dez.
C. Ev. 487. Welchen Eindruck dieſe Neuerungen in weiter Ferne
machten davon zeugt beſonders eine Stelle im 32ſten Band der ve-
nezianiſchen Chronik Sanuto’s im Arch. zu Wien: Novita di uno
ordine over uso de la fede christiana comenzada in Vintibergia.
Li frati heremitani di S. Augustino hanno trovato e provato
per le st. scripture che le messe secondo che se usano adesso
si è gran peccato a dirle o a odirle
(Man ſieht die ganze Neue-
rung wird wie eine Entdeckung des Auguſtinerordens behandelt.) e
dapoi el zorno di S. Michiel 1521 in qua ogni zorno questo
hanno predichado e ditto e stanno saldi in questa soa oppinione
e questo etiam con le opre observano e da poi la domeniga di
S. Michiel non hanno ditto piu messe nella chiesia del suo mo-
nasterio e per questo è seguito gran scandalo tra el popolo li
cantori e canonici spirituali e temporali
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[15/0025] Unruhen in Wittenberg. gerniß zu vermeiden, genöthigt die Privatmeſſen in ſeiner Kirche wirklich einzuſtellen. Das wirkte nun ſogleich in der Univerſität ſo wie in der Stadt nach. Als am 3ten Dez. 1521 die Meſſe in der Pfarrkirche geſungen werden ſollte, erſchienen einige Studenten und jüngere Bürger mit bloßen Meſſern unter den Röcken, nahmen die Meß- bücher weg und trieben die Prieſter vom Altar. Als der Rath die Schuldigen welche vor ſein Forum gehörten einzog, und zu beſtrafen Miene machte, erhob ſich Lärm in der Gemeine: ſie legte dem Rathe Artikel vor, in denen ſie faſt im Tone des Aufruhrs die Loslaſſung der Gefan- genen forderte. 1 Verſuche, die einen völligen Umſturz des bisherigen Gottesdienſtes und zwar von unten her, ohne alle Bera- thung und Ordnung in ſich ſchloſſen. Der Churfürſt, an den alle dieſe Dinge zur Entſcheidung gebracht wurden, wünſchte nach ſeiner Weiſe das Urtheil einer oder der an- dern einigermaaßen conſtituirten Autorität zu vernehmen. Zuerſt wurde ein Convent der Auguſtiner aus den 1 Der Rath zu Wittenberg an den Churfuͤrſten 3. 5 Dez. C. Ev. 487. Welchen Eindruck dieſe Neuerungen in weiter Ferne machten davon zeugt beſonders eine Stelle im 32ſten Band der ve- nezianiſchen Chronik Sanuto’s im Arch. zu Wien: Novita di uno ordine over uso de la fede christiana comenzada in Vintibergia. Li frati heremitani di S. Augustino hanno trovato e provato per le st. scripture che le messe secondo che se usano adesso si è gran peccato a dirle o a odirle (Man ſieht die ganze Neue- rung wird wie eine Entdeckung des Auguſtinerordens behandelt.) e dapoi el zorno di S. Michiel 1521 in qua ogni zorno questo hanno predichado e ditto e stanno saldi in questa soa oppinione e questo etiam con le opre observano e da poi la domeniga di S. Michiel non hanno ditto piu messe nella chiesia del suo mo- nasterio e per questo è seguito gran scandalo tra el popolo li cantori e canonici spirituali e temporali — — —

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/25>, abgerufen am 21.11.2024.