Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Siebentes Capitel.
jene Forderungen aufstellte und dabei sehr unzweideutig
auf eine Säcularisation der geistlichen Güter zu den Lan-
desbedürfnissen antrug, wies sie Ferdinand damit keines-
wegs zurück: er erlaubte ihr, Abgeordnete auf den nächsten
Reichstag nach Augsburg zu schicken: was da in Hinsicht
einer Reformation der Geistlichkeit beschlossen werde, solle
in Wirtenberg, so wie in seinen übrigen Ländern gelten. 1

Erzherzog Ferdinand traf aber in diesen Ideen un-
mittelbar mit den Evangelisch-gesinnten zusammen. Ganz
mit Recht erblickten diese die nächste Ursache des letzten
Aufruhrs in der Zurücknahme jener speierschen Versamm-
lung. Im Herbst 1525 kam der Gedanke, die religiösen
Irrungen auf einer Reichsversammlung zu beseitigen und
hier zu einer durchgreifenden Reformation zu schreiten, noch
einmal in allgemeine Anregung.

Den Zusammenkünften in Dessau und Saalfeld ent-
spricht eine dritte welche Landgraf Philipp mit dem Chur-
fürsten von der Pfalz zu Alzey hielt. Sie kamen über-
ein, "den Dingen müsse ein gleichmäßiges Wesen ge-
macht," es müsse alles gethan werden um die Stände
zu vergleichen. 2

Von Saalfeld ging Markgraf Casimir nach Auerbach
zu einer Unterredung mit Pfalzgraf Friedrich, der die Ober-

1 Extractus landschaftlicher Schlußerklärung bei Sattler, Her-
zoge, Beilagen zum zweiten Theil nr. 124, und Landtagsabschied 30
Oct. 1525 nr. 125. (III, 1, 4.)
2 Schreiben des Churfürsten Ludwig v. d. Pfalz in Neu-
deckers Actenstücken I, 16. Aus den Worten: "von E. L. und unserm
Freund, von ir und uns," sollte man schließen daß dort wahrschein-
lich auch der Churfürst von Trier zugegen war.

Drittes Buch. Siebentes Capitel.
jene Forderungen aufſtellte und dabei ſehr unzweideutig
auf eine Säculariſation der geiſtlichen Güter zu den Lan-
desbedürfniſſen antrug, wies ſie Ferdinand damit keines-
wegs zurück: er erlaubte ihr, Abgeordnete auf den nächſten
Reichstag nach Augsburg zu ſchicken: was da in Hinſicht
einer Reformation der Geiſtlichkeit beſchloſſen werde, ſolle
in Wirtenberg, ſo wie in ſeinen übrigen Ländern gelten. 1

Erzherzog Ferdinand traf aber in dieſen Ideen un-
mittelbar mit den Evangeliſch-geſinnten zuſammen. Ganz
mit Recht erblickten dieſe die nächſte Urſache des letzten
Aufruhrs in der Zurücknahme jener ſpeierſchen Verſamm-
lung. Im Herbſt 1525 kam der Gedanke, die religiöſen
Irrungen auf einer Reichsverſammlung zu beſeitigen und
hier zu einer durchgreifenden Reformation zu ſchreiten, noch
einmal in allgemeine Anregung.

Den Zuſammenkünften in Deſſau und Saalfeld ent-
ſpricht eine dritte welche Landgraf Philipp mit dem Chur-
fürſten von der Pfalz zu Alzey hielt. Sie kamen über-
ein, „den Dingen müſſe ein gleichmäßiges Weſen ge-
macht,“ es müſſe alles gethan werden um die Stände
zu vergleichen. 2

Von Saalfeld ging Markgraf Caſimir nach Auerbach
zu einer Unterredung mit Pfalzgraf Friedrich, der die Ober-

1 Extractus landſchaftlicher Schlußerklaͤrung bei Sattler, Her-
zoge, Beilagen zum zweiten Theil nr. 124, und Landtagsabſchied 30
Oct. 1525 nr. 125. (III, 1, 4.)
2 Schreiben des Churfuͤrſten Ludwig v. d. Pfalz in Neu-
deckers Actenſtuͤcken I, 16. Aus den Worten: „von E. L. und unſerm
Freund, von ir und uns,“ ſollte man ſchließen daß dort wahrſchein-
lich auch der Churfuͤrſt von Trier zugegen war.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0246" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
jene Forderungen auf&#x017F;tellte und dabei &#x017F;ehr unzweideutig<lb/>
auf eine Säculari&#x017F;ation der gei&#x017F;tlichen Güter zu den Lan-<lb/>
desbedürfni&#x017F;&#x017F;en antrug, wies &#x017F;ie Ferdinand damit keines-<lb/>
wegs zurück: er erlaubte ihr, Abgeordnete auf den näch&#x017F;ten<lb/>
Reichstag nach Augsburg zu &#x017F;chicken: was da in Hin&#x017F;icht<lb/>
einer Reformation der Gei&#x017F;tlichkeit be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werde, &#x017F;olle<lb/>
in Wirtenberg, &#x017F;o wie in &#x017F;einen übrigen Ländern gelten. <note place="foot" n="1">Extractus land&#x017F;chaftlicher Schlußerkla&#x0364;rung bei Sattler, Her-<lb/>
zoge, Beilagen zum zweiten Theil <hi rendition="#aq">nr.</hi> 124, und Landtagsab&#x017F;chied 30<lb/>
Oct. 1525 <hi rendition="#aq">nr. 125. (III,</hi> 1, 4.)</note></p><lb/>
          <p>Erzherzog Ferdinand traf aber in die&#x017F;en Ideen un-<lb/>
mittelbar mit den Evangeli&#x017F;ch-ge&#x017F;innten zu&#x017F;ammen. Ganz<lb/>
mit Recht erblickten die&#x017F;e die näch&#x017F;te Ur&#x017F;ache des letzten<lb/>
Aufruhrs in der Zurücknahme jener &#x017F;peier&#x017F;chen Ver&#x017F;amm-<lb/>
lung. Im Herb&#x017F;t 1525 kam der Gedanke, die religiö&#x017F;en<lb/>
Irrungen auf einer Reichsver&#x017F;ammlung zu be&#x017F;eitigen und<lb/>
hier zu einer durchgreifenden Reformation zu &#x017F;chreiten, noch<lb/>
einmal in allgemeine Anregung.</p><lb/>
          <p>Den Zu&#x017F;ammenkünften in De&#x017F;&#x017F;au und Saalfeld ent-<lb/>
&#x017F;pricht eine dritte welche Landgraf Philipp mit dem Chur-<lb/>
für&#x017F;ten von der Pfalz zu Alzey hielt. Sie kamen über-<lb/>
ein, &#x201E;den Dingen mü&#x017F;&#x017F;e ein gleichmäßiges We&#x017F;en ge-<lb/>
macht,&#x201C; es mü&#x017F;&#x017F;e alles gethan werden um die Stände<lb/>
zu vergleichen. <note place="foot" n="2">Schreiben des Churfu&#x0364;r&#x017F;ten Ludwig v. d. Pfalz in Neu-<lb/>
deckers Acten&#x017F;tu&#x0364;cken <hi rendition="#aq">I,</hi> 16. Aus den Worten: &#x201E;von E. L. und un&#x017F;erm<lb/>
Freund, von ir und uns,&#x201C; &#x017F;ollte man &#x017F;chließen daß dort wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich auch der Churfu&#x0364;r&#x017F;t von Trier zugegen war.</note></p><lb/>
          <p>Von Saalfeld ging Markgraf Ca&#x017F;imir nach Auerbach<lb/>
zu einer Unterredung mit Pfalzgraf Friedrich, der die Ober-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0246] Drittes Buch. Siebentes Capitel. jene Forderungen aufſtellte und dabei ſehr unzweideutig auf eine Säculariſation der geiſtlichen Güter zu den Lan- desbedürfniſſen antrug, wies ſie Ferdinand damit keines- wegs zurück: er erlaubte ihr, Abgeordnete auf den nächſten Reichstag nach Augsburg zu ſchicken: was da in Hinſicht einer Reformation der Geiſtlichkeit beſchloſſen werde, ſolle in Wirtenberg, ſo wie in ſeinen übrigen Ländern gelten. 1 Erzherzog Ferdinand traf aber in dieſen Ideen un- mittelbar mit den Evangeliſch-geſinnten zuſammen. Ganz mit Recht erblickten dieſe die nächſte Urſache des letzten Aufruhrs in der Zurücknahme jener ſpeierſchen Verſamm- lung. Im Herbſt 1525 kam der Gedanke, die religiöſen Irrungen auf einer Reichsverſammlung zu beſeitigen und hier zu einer durchgreifenden Reformation zu ſchreiten, noch einmal in allgemeine Anregung. Den Zuſammenkünften in Deſſau und Saalfeld ent- ſpricht eine dritte welche Landgraf Philipp mit dem Chur- fürſten von der Pfalz zu Alzey hielt. Sie kamen über- ein, „den Dingen müſſe ein gleichmäßiges Weſen ge- macht,“ es müſſe alles gethan werden um die Stände zu vergleichen. 2 Von Saalfeld ging Markgraf Caſimir nach Auerbach zu einer Unterredung mit Pfalzgraf Friedrich, der die Ober- 1 Extractus landſchaftlicher Schlußerklaͤrung bei Sattler, Her- zoge, Beilagen zum zweiten Theil nr. 124, und Landtagsabſchied 30 Oct. 1525 nr. 125. (III, 1, 4.) 2 Schreiben des Churfuͤrſten Ludwig v. d. Pfalz in Neu- deckers Actenſtuͤcken I, 16. Aus den Worten: „von E. L. und unſerm Freund, von ir und uns,“ ſollte man ſchließen daß dort wahrſchein- lich auch der Churfuͤrſt von Trier zugegen war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/246
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/246>, abgerufen am 25.11.2024.