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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Siebentes Capitel.
gen, denn noch sind sie nicht authentisch bekannt gewor-
den, so viel ist deutlich, daß sie der religiösen Verände-
rung feindselig ausfielen. Herzog Georg theilte sie seinem
Vetter und seinem Eidam mit: er erklärt, er habe bei ihnen
keine lutherischen Meinungen mehr vorausgesetzt. 1 Wenig-
stens ließ er sich keine Rücksicht auf sie abhalten, in seinem
Lande die schwersten Executionen zu verhängen. In Leipzig
wurden zwei Bürger blos deshalb mit dem Schwerte gerich-
tet, weil man lutherische Bücher bei ihnen gefunden. 2

Es schien fast, nachdem sich der lutherischen Bewegung
ein Bauernaufruhr zugesellt hatte, wie der wiklyffitischen, als
würde jene wie diese nun auch von der Reaction dagegen
betroffen und vielleicht zu Grunde gerichtet werden.

Allein sie war doch schon bei weitem besser und fester ge-
gründet. In dem nördlichen wie in dem südlichen Deutsch-
land besaß sie entschlossene und mächtige Verfechter.

Landgraf Philipp hatte auch vor Mühlhausen einen

1 Die einzige zuverläßige Notiz über diese Zusammenkunft
habe ich in einem Schreiben des Herzog Georg in dem Dresdner
Archiv gefunden. Danach war der Beschluß "sich bei einander fin-
den zu lassen, wenn die Lutherischen einen von ihnen angreifen wür-
den, um solches Aufruhrs vertragen zu bleiben." Es läßt sich je-
doch nicht absehen von wem sie einen Angriff hätten besorgen sollen,
wenn sie Philipp und Churf. Johann wirklich für wieder bekehrt
hielten, wie Herzog Georg sagt, "denn sonst würde er ihnen den
Vertrag nicht mitgetheilt haben, er wisse wohl, daß man Schweizer
mit Schweizern nicht schlage." Die Erklärung liegt wohl darin,
daß man bei allen Bündnissen jener Zeit defensive Formen liebt,
wenngleich man deshalb nicht bei der Defension stehen zu bleiben
gedenkt. Dem Kaiser sagte Herzog Heinrich: er habe mit seinen
Freunden ein Bündniß geschlossen "wider die Lutherischen, ob sie sich
unterstünden, sie mit List oder Gewalt in ihren Unglauben zu bringen."
2 Gretschel: Leipzigs kirchliche Zustände p. 218.

Drittes Buch. Siebentes Capitel.
gen, denn noch ſind ſie nicht authentiſch bekannt gewor-
den, ſo viel iſt deutlich, daß ſie der religiöſen Verände-
rung feindſelig ausfielen. Herzog Georg theilte ſie ſeinem
Vetter und ſeinem Eidam mit: er erklärt, er habe bei ihnen
keine lutheriſchen Meinungen mehr vorausgeſetzt. 1 Wenig-
ſtens ließ er ſich keine Rückſicht auf ſie abhalten, in ſeinem
Lande die ſchwerſten Executionen zu verhängen. In Leipzig
wurden zwei Bürger blos deshalb mit dem Schwerte gerich-
tet, weil man lutheriſche Bücher bei ihnen gefunden. 2

Es ſchien faſt, nachdem ſich der lutheriſchen Bewegung
ein Bauernaufruhr zugeſellt hatte, wie der wiklyffitiſchen, als
würde jene wie dieſe nun auch von der Reaction dagegen
betroffen und vielleicht zu Grunde gerichtet werden.

Allein ſie war doch ſchon bei weitem beſſer und feſter ge-
gründet. In dem nördlichen wie in dem ſüdlichen Deutſch-
land beſaß ſie entſchloſſene und mächtige Verfechter.

Landgraf Philipp hatte auch vor Mühlhauſen einen

1 Die einzige zuverlaͤßige Notiz uͤber dieſe Zuſammenkunft
habe ich in einem Schreiben des Herzog Georg in dem Dresdner
Archiv gefunden. Danach war der Beſchluß „ſich bei einander fin-
den zu laſſen, wenn die Lutheriſchen einen von ihnen angreifen wuͤr-
den, um ſolches Aufruhrs vertragen zu bleiben.“ Es laͤßt ſich je-
doch nicht abſehen von wem ſie einen Angriff haͤtten beſorgen ſollen,
wenn ſie Philipp und Churf. Johann wirklich fuͤr wieder bekehrt
hielten, wie Herzog Georg ſagt, „denn ſonſt wuͤrde er ihnen den
Vertrag nicht mitgetheilt haben, er wiſſe wohl, daß man Schweizer
mit Schweizern nicht ſchlage.“ Die Erklaͤrung liegt wohl darin,
daß man bei allen Buͤndniſſen jener Zeit defenſive Formen liebt,
wenngleich man deshalb nicht bei der Defenſion ſtehen zu bleiben
gedenkt. Dem Kaiſer ſagte Herzog Heinrich: er habe mit ſeinen
Freunden ein Buͤndniß geſchloſſen „wider die Lutheriſchen, ob ſie ſich
unterſtuͤnden, ſie mit Liſt oder Gewalt in ihren Unglauben zu bringen.“
2 Gretſchel: Leipzigs kirchliche Zuſtaͤnde p. 218.
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[228/0238] Drittes Buch. Siebentes Capitel. gen, denn noch ſind ſie nicht authentiſch bekannt gewor- den, ſo viel iſt deutlich, daß ſie der religiöſen Verände- rung feindſelig ausfielen. Herzog Georg theilte ſie ſeinem Vetter und ſeinem Eidam mit: er erklärt, er habe bei ihnen keine lutheriſchen Meinungen mehr vorausgeſetzt. 1 Wenig- ſtens ließ er ſich keine Rückſicht auf ſie abhalten, in ſeinem Lande die ſchwerſten Executionen zu verhängen. In Leipzig wurden zwei Bürger blos deshalb mit dem Schwerte gerich- tet, weil man lutheriſche Bücher bei ihnen gefunden. 2 Es ſchien faſt, nachdem ſich der lutheriſchen Bewegung ein Bauernaufruhr zugeſellt hatte, wie der wiklyffitiſchen, als würde jene wie dieſe nun auch von der Reaction dagegen betroffen und vielleicht zu Grunde gerichtet werden. Allein ſie war doch ſchon bei weitem beſſer und feſter ge- gründet. In dem nördlichen wie in dem ſüdlichen Deutſch- land beſaß ſie entſchloſſene und mächtige Verfechter. Landgraf Philipp hatte auch vor Mühlhauſen einen 1 Die einzige zuverlaͤßige Notiz uͤber dieſe Zuſammenkunft habe ich in einem Schreiben des Herzog Georg in dem Dresdner Archiv gefunden. Danach war der Beſchluß „ſich bei einander fin- den zu laſſen, wenn die Lutheriſchen einen von ihnen angreifen wuͤr- den, um ſolches Aufruhrs vertragen zu bleiben.“ Es laͤßt ſich je- doch nicht abſehen von wem ſie einen Angriff haͤtten beſorgen ſollen, wenn ſie Philipp und Churf. Johann wirklich fuͤr wieder bekehrt hielten, wie Herzog Georg ſagt, „denn ſonſt wuͤrde er ihnen den Vertrag nicht mitgetheilt haben, er wiſſe wohl, daß man Schweizer mit Schweizern nicht ſchlage.“ Die Erklaͤrung liegt wohl darin, daß man bei allen Buͤndniſſen jener Zeit defenſive Formen liebt, wenngleich man deshalb nicht bei der Defenſion ſtehen zu bleiben gedenkt. Dem Kaiſer ſagte Herzog Heinrich: er habe mit ſeinen Freunden ein Buͤndniß geſchloſſen „wider die Lutheriſchen, ob ſie ſich unterſtuͤnden, ſie mit Liſt oder Gewalt in ihren Unglauben zu bringen.“ 2 Gretſchel: Leipzigs kirchliche Zuſtaͤnde p. 218.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/238>, abgerufen am 25.11.2024.