Im Februar erhoben sich die Allgauer wider den Bi- schof von Augsburg: Dietrich Hurlewagen von Lindau führte sie an. Auf ihre Aufforderung gesellten sich ihnen die Seebauern zu, weit und breit an dem Bodensee, unter Eitelhans von Theuringen: wer sich nicht freiwillig an- schloß, ward mit Gewalt genöthigt; nirgends durfte die große Glocke zum Gottesdienst angezogen werden: wenn man sie hörte, bedeutete es Sturm, und alles Volk lief auf den Sammelplatz zu Bermatingen. 1 Anfang März er- hob sich ein dritter Haufe, am Ried, dem das Volk an der Iller zulief, unter Ulrich Schmid von Sulingen. Ihr Glück war, daß der mächtige schwäbische Bund, der sich auf der Stelle rüstete, 2 durch einen Einfall des Herzogs von Wirtenberg in sein Land beschäftigt wurde. Was würde geschehen seyn, wenn die Eidgenossenschaft, auf die sich dieser Fürst abermals verließ, bei ihm ausgehalten und wozu sie ein gewisses Interesse zu haben schien, zugleich die Partei der Bauern ergriffen hätte. Allein sie berief ihre Leute auch dieß Mal ab: der Herzog mußte weichen, und der Anführer der Bundestruppen Georg von Truch- seß konnte in der zweiten Hälfte des März sich gegen die Bauern wenden. Es gelang ihm in der That einige feste Plätze zu nehmen, einige abgesonderte Trupps auseinander zu sprengen: die Massen aber waren durch den Verzug des Angriffs so stark geworden, daß man ihnen im Großen nichts anhaben konnte. Von diesen Leuten waren nicht
1 Salmansweilersche Beschreibung bei Öchsle: Beiträge zur Geschichte des Bauernkriegs p. 485.
2 Noch im Februar ward ein Drittheil der Hülfe einberufen; bald darauf die beiden andern Drittheil, die jedoch Manche, z. B. Nürnberg, nur in Geld leisteten. (Müllners Nürnb. Annalen.)
Bauernkrieg.
Im Februar erhoben ſich die Allgauer wider den Bi- ſchof von Augsburg: Dietrich Hurlewagen von Lindau führte ſie an. Auf ihre Aufforderung geſellten ſich ihnen die Seebauern zu, weit und breit an dem Bodenſee, unter Eitelhans von Theuringen: wer ſich nicht freiwillig an- ſchloß, ward mit Gewalt genöthigt; nirgends durfte die große Glocke zum Gottesdienſt angezogen werden: wenn man ſie hörte, bedeutete es Sturm, und alles Volk lief auf den Sammelplatz zu Bermatingen. 1 Anfang März er- hob ſich ein dritter Haufe, am Ried, dem das Volk an der Iller zulief, unter Ulrich Schmid von Sulingen. Ihr Glück war, daß der mächtige ſchwäbiſche Bund, der ſich auf der Stelle rüſtete, 2 durch einen Einfall des Herzogs von Wirtenberg in ſein Land beſchäftigt wurde. Was würde geſchehen ſeyn, wenn die Eidgenoſſenſchaft, auf die ſich dieſer Fürſt abermals verließ, bei ihm ausgehalten und wozu ſie ein gewiſſes Intereſſe zu haben ſchien, zugleich die Partei der Bauern ergriffen hätte. Allein ſie berief ihre Leute auch dieß Mal ab: der Herzog mußte weichen, und der Anführer der Bundestruppen Georg von Truch- ſeß konnte in der zweiten Hälfte des März ſich gegen die Bauern wenden. Es gelang ihm in der That einige feſte Plätze zu nehmen, einige abgeſonderte Trupps auseinander zu ſprengen: die Maſſen aber waren durch den Verzug des Angriffs ſo ſtark geworden, daß man ihnen im Großen nichts anhaben konnte. Von dieſen Leuten waren nicht
1 Salmansweilerſche Beſchreibung bei Oͤchsle: Beitraͤge zur Geſchichte des Bauernkriegs p. 485.
2 Noch im Februar ward ein Drittheil der Huͤlfe einberufen; bald darauf die beiden andern Drittheil, die jedoch Manche, z. B. Nuͤrnberg, nur in Geld leiſteten. (Muͤllners Nuͤrnb. Annalen.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0201"n="191"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Bauernkrieg</hi>.</fw><lb/><p>Im Februar erhoben ſich die Allgauer wider den Bi-<lb/>ſchof von Augsburg: Dietrich Hurlewagen von Lindau<lb/>
führte ſie an. Auf ihre Aufforderung geſellten ſich ihnen<lb/>
die Seebauern zu, weit und breit an dem Bodenſee, unter<lb/>
Eitelhans von Theuringen: wer ſich nicht freiwillig an-<lb/>ſchloß, ward mit Gewalt genöthigt; nirgends durfte die<lb/>
große Glocke zum Gottesdienſt angezogen werden: wenn<lb/>
man ſie hörte, bedeutete es Sturm, und alles Volk lief<lb/>
auf den Sammelplatz zu Bermatingen. <noteplace="foot"n="1">Salmansweilerſche Beſchreibung bei Oͤchsle: Beitraͤge zur<lb/>
Geſchichte des Bauernkriegs <hirendition="#aq">p.</hi> 485.</note> Anfang März er-<lb/>
hob ſich ein dritter Haufe, am Ried, dem das Volk an<lb/>
der Iller zulief, unter Ulrich Schmid von Sulingen. Ihr<lb/>
Glück war, daß der mächtige ſchwäbiſche Bund, der ſich<lb/>
auf der Stelle rüſtete, <noteplace="foot"n="2">Noch im Februar ward ein Drittheil der Huͤlfe einberufen;<lb/>
bald darauf die beiden andern Drittheil, die jedoch Manche, z. B.<lb/>
Nuͤrnberg, nur in Geld leiſteten. (Muͤllners Nuͤrnb. Annalen.)</note> durch einen Einfall des Herzogs<lb/>
von Wirtenberg in ſein Land beſchäftigt wurde. Was<lb/>
würde geſchehen ſeyn, wenn die Eidgenoſſenſchaft, auf die<lb/>ſich dieſer Fürſt abermals verließ, bei ihm ausgehalten und<lb/>
wozu ſie ein gewiſſes Intereſſe zu haben ſchien, zugleich<lb/>
die Partei der Bauern ergriffen hätte. Allein ſie berief<lb/>
ihre Leute auch dieß Mal ab: der Herzog mußte weichen,<lb/>
und der Anführer der Bundestruppen Georg von Truch-<lb/>ſeß konnte in der zweiten Hälfte des März ſich gegen die<lb/>
Bauern wenden. Es gelang ihm in der That einige feſte<lb/>
Plätze zu nehmen, einige abgeſonderte Trupps auseinander<lb/>
zu ſprengen: die Maſſen aber waren durch den Verzug des<lb/>
Angriffs ſo ſtark geworden, daß man ihnen im Großen<lb/>
nichts anhaben konnte. Von dieſen Leuten waren nicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[191/0201]
Bauernkrieg.
Im Februar erhoben ſich die Allgauer wider den Bi-
ſchof von Augsburg: Dietrich Hurlewagen von Lindau
führte ſie an. Auf ihre Aufforderung geſellten ſich ihnen
die Seebauern zu, weit und breit an dem Bodenſee, unter
Eitelhans von Theuringen: wer ſich nicht freiwillig an-
ſchloß, ward mit Gewalt genöthigt; nirgends durfte die
große Glocke zum Gottesdienſt angezogen werden: wenn
man ſie hörte, bedeutete es Sturm, und alles Volk lief
auf den Sammelplatz zu Bermatingen. 1 Anfang März er-
hob ſich ein dritter Haufe, am Ried, dem das Volk an
der Iller zulief, unter Ulrich Schmid von Sulingen. Ihr
Glück war, daß der mächtige ſchwäbiſche Bund, der ſich
auf der Stelle rüſtete, 2 durch einen Einfall des Herzogs
von Wirtenberg in ſein Land beſchäftigt wurde. Was
würde geſchehen ſeyn, wenn die Eidgenoſſenſchaft, auf die
ſich dieſer Fürſt abermals verließ, bei ihm ausgehalten und
wozu ſie ein gewiſſes Intereſſe zu haben ſchien, zugleich
die Partei der Bauern ergriffen hätte. Allein ſie berief
ihre Leute auch dieß Mal ab: der Herzog mußte weichen,
und der Anführer der Bundestruppen Georg von Truch-
ſeß konnte in der zweiten Hälfte des März ſich gegen die
Bauern wenden. Es gelang ihm in der That einige feſte
Plätze zu nehmen, einige abgeſonderte Trupps auseinander
zu ſprengen: die Maſſen aber waren durch den Verzug des
Angriffs ſo ſtark geworden, daß man ihnen im Großen
nichts anhaben konnte. Von dieſen Leuten waren nicht
1 Salmansweilerſche Beſchreibung bei Oͤchsle: Beitraͤge zur
Geſchichte des Bauernkriegs p. 485.
2 Noch im Februar ward ein Drittheil der Huͤlfe einberufen;
bald darauf die beiden andern Drittheil, die jedoch Manche, z. B.
Nuͤrnberg, nur in Geld leiſteten. (Muͤllners Nuͤrnb. Annalen.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/201>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.