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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Sechstes Capitel.
Blut Christi erlöst seyen, müsse es auch fortan keine Un-
gleichheit geben, weder des Reichthums noch des Stan-
des. 1 Mit den Klagen über die Mißbräuche der Geist-
lichkeit vereinigte man die alten Beschwerden über Fürsten
und Herrn, ihr Kriegführen, die strenge und nicht immer
rechtliche Verwaltung ihrer Beamten, den Druck unter wel-
chem der Arme seufze, und behauptete endlich, daß wenn
die geistliche Gewalt antichristlich sey, es mit der weltli-
chen nicht besser stehe: des Heidenthums und der Tyran-
nei klagte man sie an. "Es wird nicht mehr so gehn
wie bisher," schließt eine dieser Schriften, "des Spiels
ist zu viel, Bürger und Bauern sind desselben überdrüßig,
alles ändert sich. Omnium rerum vicissitudo." 2

Die erste Bewegung trat in den nemlichen Gegenden ein,
wo sich schon die meisten frühern Regungen gezeigt, dort
wo der Schwarzwald die Donauquellen von dem obern
Rheinthal scheidet. Es kamen hier viele Umstände zusam-
men: die Nähe der Schweiz, mit der man in den man-
nichfaltigsten Verbindungen stand: die besondre Strenge,
mit der die östreichische Regierung zu Ensisheim, jene Com-
mission zu Engen auch die unbescholtenen Prediger der

1 "Kurz das es zugang auff Erden, wie mir Theutschen von
Schlauraffenland, die poeten de insulis fortunatis, und die Juden von
ihres Messias Zeytten dichten, also auch zum Tayl die Junger Christi
gedachten vom reych Christi." Eberlin v. Günzburg: Ein getrewe
warnung an die Christen in der Burgau.
2 Ein ungewonlicher und der Ander Sendtbrieff deß Bauern-
feyndts zu Karsthannsen. Am Schluß: Gedruckt durch Johann Lo-
cher von München. Panzer gedenkt II, nr. 2777 eines ersten Briefes
des Karsthansen unter 1525. In diesem zweiten finde ich noch keine
Andeutung von dem Bauernkrieg; er muß spätestens in die zweite
Hälfte des Jahres 1524 fallen.

Drittes Buch. Sechstes Capitel.
Blut Chriſti erlöſt ſeyen, müſſe es auch fortan keine Un-
gleichheit geben, weder des Reichthums noch des Stan-
des. 1 Mit den Klagen über die Mißbräuche der Geiſt-
lichkeit vereinigte man die alten Beſchwerden über Fürſten
und Herrn, ihr Kriegführen, die ſtrenge und nicht immer
rechtliche Verwaltung ihrer Beamten, den Druck unter wel-
chem der Arme ſeufze, und behauptete endlich, daß wenn
die geiſtliche Gewalt antichriſtlich ſey, es mit der weltli-
chen nicht beſſer ſtehe: des Heidenthums und der Tyran-
nei klagte man ſie an. „Es wird nicht mehr ſo gehn
wie bisher,“ ſchließt eine dieſer Schriften, „des Spiels
iſt zu viel, Bürger und Bauern ſind deſſelben überdrüßig,
alles ändert ſich. Omnium rerum vicissitudo.2

Die erſte Bewegung trat in den nemlichen Gegenden ein,
wo ſich ſchon die meiſten frühern Regungen gezeigt, dort
wo der Schwarzwald die Donauquellen von dem obern
Rheinthal ſcheidet. Es kamen hier viele Umſtände zuſam-
men: die Nähe der Schweiz, mit der man in den man-
nichfaltigſten Verbindungen ſtand: die beſondre Strenge,
mit der die öſtreichiſche Regierung zu Enſisheim, jene Com-
miſſion zu Engen auch die unbeſcholtenen Prediger der

1 „Kurz das es zugang auff Erden, wie mir Theutſchen von
Schlauraffenland, die poeten de inſulis fortunatis, und die Juden von
ihres Meſſias Zeytten dichten, alſo auch zum Tayl die Junger Chriſti
gedachten vom reych Chriſti.“ Eberlin v. Guͤnzburg: Ein getrewe
warnung an die Chriſten in der Burgau.
2 Ein ungewonlicher und der Ander Sendtbrieff deß Bauern-
feyndts zu Karſthannſen. Am Schluß: Gedruckt durch Johann Lo-
cher von Muͤnchen. Panzer gedenkt II, nr. 2777 eines erſten Briefes
des Karſthanſen unter 1525. In dieſem zweiten finde ich noch keine
Andeutung von dem Bauernkrieg; er muß ſpaͤteſtens in die zweite
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[188/0198] Drittes Buch. Sechstes Capitel. Blut Chriſti erlöſt ſeyen, müſſe es auch fortan keine Un- gleichheit geben, weder des Reichthums noch des Stan- des. 1 Mit den Klagen über die Mißbräuche der Geiſt- lichkeit vereinigte man die alten Beſchwerden über Fürſten und Herrn, ihr Kriegführen, die ſtrenge und nicht immer rechtliche Verwaltung ihrer Beamten, den Druck unter wel- chem der Arme ſeufze, und behauptete endlich, daß wenn die geiſtliche Gewalt antichriſtlich ſey, es mit der weltli- chen nicht beſſer ſtehe: des Heidenthums und der Tyran- nei klagte man ſie an. „Es wird nicht mehr ſo gehn wie bisher,“ ſchließt eine dieſer Schriften, „des Spiels iſt zu viel, Bürger und Bauern ſind deſſelben überdrüßig, alles ändert ſich. Omnium rerum vicissitudo.“ 2 Die erſte Bewegung trat in den nemlichen Gegenden ein, wo ſich ſchon die meiſten frühern Regungen gezeigt, dort wo der Schwarzwald die Donauquellen von dem obern Rheinthal ſcheidet. Es kamen hier viele Umſtände zuſam- men: die Nähe der Schweiz, mit der man in den man- nichfaltigſten Verbindungen ſtand: die beſondre Strenge, mit der die öſtreichiſche Regierung zu Enſisheim, jene Com- miſſion zu Engen auch die unbeſcholtenen Prediger der 1 „Kurz das es zugang auff Erden, wie mir Theutſchen von Schlauraffenland, die poeten de inſulis fortunatis, und die Juden von ihres Meſſias Zeytten dichten, alſo auch zum Tayl die Junger Chriſti gedachten vom reych Chriſti.“ Eberlin v. Guͤnzburg: Ein getrewe warnung an die Chriſten in der Burgau. 2 Ein ungewonlicher und der Ander Sendtbrieff deß Bauern- feyndts zu Karſthannſen. Am Schluß: Gedruckt durch Johann Lo- cher von Muͤnchen. Panzer gedenkt II, nr. 2777 eines erſten Briefes des Karſthanſen unter 1525. In dieſem zweiten finde ich noch keine Andeutung von dem Bauernkrieg; er muß ſpaͤteſtens in die zweite Haͤlfte des Jahres 1524 fallen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/198>, abgerufen am 28.11.2024.