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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Fünftes Capitel.
anschaute, gab ihm den Rath, die Ordensregel zu verlassen,
sich zu vermählen und Preußen in ein erbliches Fürsten-
thum zu verwandeln. Der Hochmeister hatte fürstliche Be-
sonnenheit und Zurückhaltung genug, um dazu nicht aus-
drücklich seine Beistimmung auszusprechen: aber in seinen
Mienen las man, wie sehr er dazu hinneigte. 1 Wir wer-
den sehen, wie bald er, durch die Lage seines Landes, durch
den Gang welchen seine Verhandlungen nahmen vorwärts
getrieben, zur Ausführung dieses Gedankens schritt.

Diese Folgen hatte es daß das angekündigte Natio-
nalconcilium nicht zu Stande kam.

Man könnte nicht sagen, daß der Gewalt die Gewalt
entgegengetreten sey, daß man dem entschlossenen Festhalten
des Alten mit einem eben so entschlossenen Ergreifen des
Neuen geantwortet habe.

Wie wenig das der Fall war, zeigt sich unter andern
an dem Beispiele des Churfürsten von Sachsen, der, wie
sehr auch Luther dagegen eifern mochte, noch das ganze
Jahr 1524 in seinem Allerheiligenstift die Messe aufrecht
erhielt, und den Mitgliedern desselben ihre clericalischen
Pflichten unaufhörlich einschärfte.

Die Summe des Ereignisses ist vielmehr: Das Reich
hatte beschlossen, in der großen Angelegenheit welche alle
Geister der Nation beschäftigte, mit gemeinschaftlicher Be-
rathung zu Werke zu gehn: -- dem Papst gelang es, die
Ausführung dieser Absicht zu verhindern, einen Theil der
deutschen Fürsten zu einer einseitigen Vereinbarung in sei-
nem Sinne fortzuziehen: -- die übrigen aber verfolgten

1 Schreiben Luthers an Brismann bei de W. II, 526.

Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
anſchaute, gab ihm den Rath, die Ordensregel zu verlaſſen,
ſich zu vermählen und Preußen in ein erbliches Fürſten-
thum zu verwandeln. Der Hochmeiſter hatte fürſtliche Be-
ſonnenheit und Zurückhaltung genug, um dazu nicht aus-
drücklich ſeine Beiſtimmung auszuſprechen: aber in ſeinen
Mienen las man, wie ſehr er dazu hinneigte. 1 Wir wer-
den ſehen, wie bald er, durch die Lage ſeines Landes, durch
den Gang welchen ſeine Verhandlungen nahmen vorwärts
getrieben, zur Ausführung dieſes Gedankens ſchritt.

Dieſe Folgen hatte es daß das angekündigte Natio-
nalconcilium nicht zu Stande kam.

Man könnte nicht ſagen, daß der Gewalt die Gewalt
entgegengetreten ſey, daß man dem entſchloſſenen Feſthalten
des Alten mit einem eben ſo entſchloſſenen Ergreifen des
Neuen geantwortet habe.

Wie wenig das der Fall war, zeigt ſich unter andern
an dem Beiſpiele des Churfürſten von Sachſen, der, wie
ſehr auch Luther dagegen eifern mochte, noch das ganze
Jahr 1524 in ſeinem Allerheiligenſtift die Meſſe aufrecht
erhielt, und den Mitgliedern deſſelben ihre clericaliſchen
Pflichten unaufhörlich einſchärfte.

Die Summe des Ereigniſſes iſt vielmehr: Das Reich
hatte beſchloſſen, in der großen Angelegenheit welche alle
Geiſter der Nation beſchäftigte, mit gemeinſchaftlicher Be-
rathung zu Werke zu gehn: — dem Papſt gelang es, die
Ausführung dieſer Abſicht zu verhindern, einen Theil der
deutſchen Fürſten zu einer einſeitigen Vereinbarung in ſei-
nem Sinne fortzuziehen: — die übrigen aber verfolgten

1 Schreiben Luthers an Brismann bei de W. II, 526.
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[180/0190] Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel. anſchaute, gab ihm den Rath, die Ordensregel zu verlaſſen, ſich zu vermählen und Preußen in ein erbliches Fürſten- thum zu verwandeln. Der Hochmeiſter hatte fürſtliche Be- ſonnenheit und Zurückhaltung genug, um dazu nicht aus- drücklich ſeine Beiſtimmung auszuſprechen: aber in ſeinen Mienen las man, wie ſehr er dazu hinneigte. 1 Wir wer- den ſehen, wie bald er, durch die Lage ſeines Landes, durch den Gang welchen ſeine Verhandlungen nahmen vorwärts getrieben, zur Ausführung dieſes Gedankens ſchritt. Dieſe Folgen hatte es daß das angekündigte Natio- nalconcilium nicht zu Stande kam. Man könnte nicht ſagen, daß der Gewalt die Gewalt entgegengetreten ſey, daß man dem entſchloſſenen Feſthalten des Alten mit einem eben ſo entſchloſſenen Ergreifen des Neuen geantwortet habe. Wie wenig das der Fall war, zeigt ſich unter andern an dem Beiſpiele des Churfürſten von Sachſen, der, wie ſehr auch Luther dagegen eifern mochte, noch das ganze Jahr 1524 in ſeinem Allerheiligenſtift die Meſſe aufrecht erhielt, und den Mitgliedern deſſelben ihre clericaliſchen Pflichten unaufhörlich einſchärfte. Die Summe des Ereigniſſes iſt vielmehr: Das Reich hatte beſchloſſen, in der großen Angelegenheit welche alle Geiſter der Nation beſchäftigte, mit gemeinſchaftlicher Be- rathung zu Werke zu gehn: — dem Papſt gelang es, die Ausführung dieſer Abſicht zu verhindern, einen Theil der deutſchen Fürſten zu einer einſeitigen Vereinbarung in ſei- nem Sinne fortzuziehen: — die übrigen aber verfolgten 1 Schreiben Luthers an Brismann bei de W. II, 526.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/190>, abgerufen am 27.11.2024.