schloß dort zu Ulm, "sich in diesen wichtigen Sachen, ge- fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu sondern." 1
Worauf es nun aber hauptsächlich ankam, auch eine ganze Anzahl von Fürsten erklärte sich auf eine dem Re- gensburger Bündniß entgegengesetzte Weise.
Markgraf Casimir von Brandenburg, der sonst nicht eben einen großen religiösen Schwung gezeigt hat, konnte doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtseyn ge- brachten Meinung seines Landes nicht widerstehen: er ver- warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem er sich auf die Versammlung zu Speier bezog, welche da- mals noch erwartet wurde. Als der Kaiser sie verbot, ergriff er das Mittel, nunmehr wenigstens für sein Terri- torium mit seinen Ständen übereinzukommen, daß daselbst nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und neuen Testamentes nach rechtem wahren Verstand lauter und rein gepredigt werden solle. So lautet der Landtags- abschied vom 1sten October 1524. Sein Bruder Georg, der sich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da- mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das göttliche Wort nicht allein predigen, sondern auch allen Men- schensatzungen zum Trotz sich sonst danach halten sollte. 2
Eine höchst unerwartete Veränderung zeigte sich in Hessen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürsten, welche Sickingen besiegt und das Reichsregiment gestürzt hatten, würden nun auch die reformatorischen Ideen bekämpfen,
die
1Ibid. p. 206. Nicolai 1524.
2 Von der Lith p. 61 -- 65.
Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchloß dort zu Ulm, „ſich in dieſen wichtigen Sachen, ge- fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu ſondern.“ 1
Worauf es nun aber hauptſächlich ankam, auch eine ganze Anzahl von Fürſten erklärte ſich auf eine dem Re- gensburger Bündniß entgegengeſetzte Weiſe.
Markgraf Caſimir von Brandenburg, der ſonſt nicht eben einen großen religiöſen Schwung gezeigt hat, konnte doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtſeyn ge- brachten Meinung ſeines Landes nicht widerſtehen: er ver- warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem er ſich auf die Verſammlung zu Speier bezog, welche da- mals noch erwartet wurde. Als der Kaiſer ſie verbot, ergriff er das Mittel, nunmehr wenigſtens für ſein Terri- torium mit ſeinen Ständen übereinzukommen, daß daſelbſt nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und neuen Teſtamentes nach rechtem wahren Verſtand lauter und rein gepredigt werden ſolle. So lautet der Landtags- abſchied vom 1ſten October 1524. Sein Bruder Georg, der ſich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da- mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das göttliche Wort nicht allein predigen, ſondern auch allen Men- ſchenſatzungen zum Trotz ſich ſonſt danach halten ſollte. 2
Eine höchſt unerwartete Veränderung zeigte ſich in Heſſen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürſten, welche Sickingen beſiegt und das Reichsregiment geſtürzt hatten, würden nun auch die reformatoriſchen Ideen bekämpfen,
die
1Ibid. p. 206. Nicolai 1524.
2 Von der Lith p. 61 — 65.
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Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchloß dort zu Ulm, „ſich in dieſen wichtigen Sachen, ge-
fährlichen Zeitläuften nicht von einander zu ſondern.“ 1
Worauf es nun aber hauptſächlich ankam, auch eine
ganze Anzahl von Fürſten erklärte ſich auf eine dem Re-
gensburger Bündniß entgegengeſetzte Weiſe.
Markgraf Caſimir von Brandenburg, der ſonſt nicht
eben einen großen religiöſen Schwung gezeigt hat, konnte
doch der einmal aufgerufenen und zum Bewußtſeyn ge-
brachten Meinung ſeines Landes nicht widerſtehen: er ver-
warf den Antrag, zu jenem Bündniß zu treten, indem
er ſich auf die Verſammlung zu Speier bezog, welche da-
mals noch erwartet wurde. Als der Kaiſer ſie verbot,
ergriff er das Mittel, nunmehr wenigſtens für ſein Terri-
torium mit ſeinen Ständen übereinzukommen, daß daſelbſt
nur das heilige Evangelium und Gotteswort alten und
neuen Teſtamentes nach rechtem wahren Verſtand lauter
und rein gepredigt werden ſolle. So lautet der Landtags-
abſchied vom 1ſten October 1524. Sein Bruder Georg,
der ſich zu Ofen am Hofe von Ungern aufhielt, war da-
mit noch nicht einmal zufrieden. Er meinte, daß man das
göttliche Wort nicht allein predigen, ſondern auch allen Men-
ſchenſatzungen zum Trotz ſich ſonſt danach halten ſollte. 2
Eine höchſt unerwartete Veränderung zeigte ſich in
Heſſen. Man hatte geglaubt, jene drei Kriegsfürſten, welche
Sickingen beſiegt und das Reichsregiment geſtürzt hatten,
würden nun auch die reformatoriſchen Ideen bekämpfen,
die
1 Ibid. p. 206. Nicolai 1524.
2 Von der Lith p. 61 — 65.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/186>, abgerufen am 27.11.2024.
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