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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Ursprung der Spaltung.
seine erste kräftige Einwirkung auf die kirchlichen Angele-
genheiten in Deutschland.

Dahin führte es, daß der Kaiser, von Spanien aus,
eine von den innern Trieben des deutschen Lebens unbe-
rührte, nur nach seinen anderweiten Rücksichten berechnete
Politik beobachtete. Überhaupt übte seine Regierung in
diesen ersten Jahren nur einen negativen zersetzenden Ein-
fluß aus. Ohne etwas Ernstliches zu thun um die Be-
schwerden gegen Rom zu heben, hatte er sich durch seine
politische Stellung zu dem Edict von Worms bewegen
lassen, was dann nicht ausgeführt werden konnte, auf der
einen Seite die Antipathie der Nation erst recht entflammte,
auf der andern den Anhängern der Curie eine Waffe in
die Hände gab. Die sich bildende Consolidation des Re-
gimentes hinderte er durch die Verwerfung des Zolles, zu
dem er doch erst seine Zustimmung gegeben, und fand rath-
sam es darauf ganz zu zersprengen. Wohl ward ein an-
dres Regiment -- zu Eßlingen -- eingerichtet, das sich
aber daran spiegelte was an dem vorigen geschehen, und
weder Autorität genoß, noch Miene machte sich deren zu
verschaffen, nur der Schatten einer Regierung. Wir be-
trachteten, welche Aussichten für die Religion so wie die
nationale Einheit sich an die Versammlung von Speier
knüpften. Von Spanien aus ward sie verboten, gleich
als liege ein Verbrechen darin.

Und nicht allein auf Regierungseinrichtungen, Reichs-
tagsbeschlüssen, sondern besonders auf einem vertraulichern
Verständniß der vorherrschenden Fürsten hat von jeher die
Einheit von Deutschland beruht. Maximilian hatte in der

Urſprung der Spaltung.
ſeine erſte kräftige Einwirkung auf die kirchlichen Angele-
genheiten in Deutſchland.

Dahin führte es, daß der Kaiſer, von Spanien aus,
eine von den innern Trieben des deutſchen Lebens unbe-
rührte, nur nach ſeinen anderweiten Rückſichten berechnete
Politik beobachtete. Überhaupt übte ſeine Regierung in
dieſen erſten Jahren nur einen negativen zerſetzenden Ein-
fluß aus. Ohne etwas Ernſtliches zu thun um die Be-
ſchwerden gegen Rom zu heben, hatte er ſich durch ſeine
politiſche Stellung zu dem Edict von Worms bewegen
laſſen, was dann nicht ausgeführt werden konnte, auf der
einen Seite die Antipathie der Nation erſt recht entflammte,
auf der andern den Anhängern der Curie eine Waffe in
die Hände gab. Die ſich bildende Conſolidation des Re-
gimentes hinderte er durch die Verwerfung des Zolles, zu
dem er doch erſt ſeine Zuſtimmung gegeben, und fand rath-
ſam es darauf ganz zu zerſprengen. Wohl ward ein an-
dres Regiment — zu Eßlingen — eingerichtet, das ſich
aber daran ſpiegelte was an dem vorigen geſchehen, und
weder Autorität genoß, noch Miene machte ſich deren zu
verſchaffen, nur der Schatten einer Regierung. Wir be-
trachteten, welche Ausſichten für die Religion ſo wie die
nationale Einheit ſich an die Verſammlung von Speier
knüpften. Von Spanien aus ward ſie verboten, gleich
als liege ein Verbrechen darin.

Und nicht allein auf Regierungseinrichtungen, Reichs-
tagsbeſchlüſſen, ſondern beſonders auf einem vertraulichern
Verſtändniß der vorherrſchenden Fürſten hat von jeher die
Einheit von Deutſchland beruht. Maximilian hatte in der

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[167/0177] Urſprung der Spaltung. ſeine erſte kräftige Einwirkung auf die kirchlichen Angele- genheiten in Deutſchland. Dahin führte es, daß der Kaiſer, von Spanien aus, eine von den innern Trieben des deutſchen Lebens unbe- rührte, nur nach ſeinen anderweiten Rückſichten berechnete Politik beobachtete. Überhaupt übte ſeine Regierung in dieſen erſten Jahren nur einen negativen zerſetzenden Ein- fluß aus. Ohne etwas Ernſtliches zu thun um die Be- ſchwerden gegen Rom zu heben, hatte er ſich durch ſeine politiſche Stellung zu dem Edict von Worms bewegen laſſen, was dann nicht ausgeführt werden konnte, auf der einen Seite die Antipathie der Nation erſt recht entflammte, auf der andern den Anhängern der Curie eine Waffe in die Hände gab. Die ſich bildende Conſolidation des Re- gimentes hinderte er durch die Verwerfung des Zolles, zu dem er doch erſt ſeine Zuſtimmung gegeben, und fand rath- ſam es darauf ganz zu zerſprengen. Wohl ward ein an- dres Regiment — zu Eßlingen — eingerichtet, das ſich aber daran ſpiegelte was an dem vorigen geſchehen, und weder Autorität genoß, noch Miene machte ſich deren zu verſchaffen, nur der Schatten einer Regierung. Wir be- trachteten, welche Ausſichten für die Religion ſo wie die nationale Einheit ſich an die Verſammlung von Speier knüpften. Von Spanien aus ward ſie verboten, gleich als liege ein Verbrechen darin. Und nicht allein auf Regierungseinrichtungen, Reichs- tagsbeſchlüſſen, ſondern beſonders auf einem vertraulichern Verſtändniß der vorherrſchenden Fürſten hat von jeher die Einheit von Deutſchland beruht. Maximilian hatte in der

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/177>, abgerufen am 26.11.2024.