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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Fünftes Capitel.
der weltlichen Gewalt herrührten: der emporkommenden
weltlichen Territorialhoheit wohnte das natürliche Bestre-
ben bei, sich der Eingriffe der geistlichen Nachbarn zu er-
wehren. Damit hatte dann die Ansicht Luthers von der
Obrigkeit den genauesten Zusammenhang: er schied dadurch
die beiden Gewalten auf immer. Die Herzoge von Baiern
fanden jedoch, daß das nicht der einzige Weg sey, zu dem
erwünschten Ziele zu gelangen: sie schlugen vielmehr einen
gerade entgegengesetzten ein, der bei weitem kürzer und
sicherer war. Was man anderwärts im Kampfe mit dem
Papst zu erreichen suchte, das wußten sie sich im Einver-
ständniß mit demselben zu verschaffen. Auf der Stelle er-
langten sie einen bedeutenden Antheil an dem Ertrage der
geistlichen Güter, ein von dem päpstlichen Stuhle bestätig-
tes Übergewicht über die sie umgebenden Bischöfe in dem
nunmehr wichtigsten Zweige der geistlichen Gewalt selbst,
wie sich das sehr bald in der Wirksamkeit des baierischen
Religionsrathes aussprach. Dinge, an welche die Anhän-
ger der Neuerung zur Zeit noch nicht denken durften.

Nur war dabei der große Unterschied, daß während
diese die nationale Tendenz, sich von Rom unabhängig
zu machen, verfochten, Baiern dagegen in eine noch viel
engere Unterordnung unter den römischen Hof gerieth, von
dessen Bewilligung die Gerechtsame abhiengen, deren es
sich erfreute.

Auf jeden Fall mußte nun aber eine so entschiedene
Haltung eines mächtigen deutschen Hauses, das Beispiel
einer erneuerten vortheilhaften Verbindung mit Rom auf
alle Nachbarn wirken.


Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
der weltlichen Gewalt herrührten: der emporkommenden
weltlichen Territorialhoheit wohnte das natürliche Beſtre-
ben bei, ſich der Eingriffe der geiſtlichen Nachbarn zu er-
wehren. Damit hatte dann die Anſicht Luthers von der
Obrigkeit den genaueſten Zuſammenhang: er ſchied dadurch
die beiden Gewalten auf immer. Die Herzoge von Baiern
fanden jedoch, daß das nicht der einzige Weg ſey, zu dem
erwünſchten Ziele zu gelangen: ſie ſchlugen vielmehr einen
gerade entgegengeſetzten ein, der bei weitem kürzer und
ſicherer war. Was man anderwärts im Kampfe mit dem
Papſt zu erreichen ſuchte, das wußten ſie ſich im Einver-
ſtändniß mit demſelben zu verſchaffen. Auf der Stelle er-
langten ſie einen bedeutenden Antheil an dem Ertrage der
geiſtlichen Güter, ein von dem päpſtlichen Stuhle beſtätig-
tes Übergewicht über die ſie umgebenden Biſchöfe in dem
nunmehr wichtigſten Zweige der geiſtlichen Gewalt ſelbſt,
wie ſich das ſehr bald in der Wirkſamkeit des baieriſchen
Religionsrathes ausſprach. Dinge, an welche die Anhän-
ger der Neuerung zur Zeit noch nicht denken durften.

Nur war dabei der große Unterſchied, daß während
dieſe die nationale Tendenz, ſich von Rom unabhängig
zu machen, verfochten, Baiern dagegen in eine noch viel
engere Unterordnung unter den römiſchen Hof gerieth, von
deſſen Bewilligung die Gerechtſame abhiengen, deren es
ſich erfreute.

Auf jeden Fall mußte nun aber eine ſo entſchiedene
Haltung eines mächtigen deutſchen Hauſes, das Beiſpiel
einer erneuerten vortheilhaften Verbindung mit Rom auf
alle Nachbarn wirken.


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[156/0166] Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel. der weltlichen Gewalt herrührten: der emporkommenden weltlichen Territorialhoheit wohnte das natürliche Beſtre- ben bei, ſich der Eingriffe der geiſtlichen Nachbarn zu er- wehren. Damit hatte dann die Anſicht Luthers von der Obrigkeit den genaueſten Zuſammenhang: er ſchied dadurch die beiden Gewalten auf immer. Die Herzoge von Baiern fanden jedoch, daß das nicht der einzige Weg ſey, zu dem erwünſchten Ziele zu gelangen: ſie ſchlugen vielmehr einen gerade entgegengeſetzten ein, der bei weitem kürzer und ſicherer war. Was man anderwärts im Kampfe mit dem Papſt zu erreichen ſuchte, das wußten ſie ſich im Einver- ſtändniß mit demſelben zu verſchaffen. Auf der Stelle er- langten ſie einen bedeutenden Antheil an dem Ertrage der geiſtlichen Güter, ein von dem päpſtlichen Stuhle beſtätig- tes Übergewicht über die ſie umgebenden Biſchöfe in dem nunmehr wichtigſten Zweige der geiſtlichen Gewalt ſelbſt, wie ſich das ſehr bald in der Wirkſamkeit des baieriſchen Religionsrathes ausſprach. Dinge, an welche die Anhän- ger der Neuerung zur Zeit noch nicht denken durften. Nur war dabei der große Unterſchied, daß während dieſe die nationale Tendenz, ſich von Rom unabhängig zu machen, verfochten, Baiern dagegen in eine noch viel engere Unterordnung unter den römiſchen Hof gerieth, von deſſen Bewilligung die Gerechtſame abhiengen, deren es ſich erfreute. Auf jeden Fall mußte nun aber eine ſo entſchiedene Haltung eines mächtigen deutſchen Hauſes, das Beiſpiel einer erneuerten vortheilhaften Verbindung mit Rom auf alle Nachbarn wirken.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/166>, abgerufen am 25.11.2024.