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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Reichstag von 1524.

Es zeigte sich aufs neue, daß die mächtigen Stände,
welche das Reich ausmachten, von Einem Mittelpunct aus
nicht zu regieren waren.

Friedrich der Weise von Sachsen fühlte die ganze Be-
deutung dieses Beschlusses. Die Idee einer ständischen Re-
gierung, für welche er alle seine Lebtage gearbeitet, sah er
am Ende seiner Tage scheitern. Er sagte: einen solchen
Reichstag habe er noch nicht erlebt: 1 er verließ ihn am
24sten Februar: er ist nie wieder auf einem erschienen.

Noch weigerte sich zwar Erzherzog Ferdinand in den
Beschluß zu willigen: er hat sogar die Städte noch ein-
mal persönlich für das Regiment zu gewinnen gesucht; al-
lein nach einiger Zeit bemerkt der sächsische Gesandte, seine
Räthe seyen über diese Sache nicht mehr derselben Mei-
nungen: es scheint als habe Hannart, statt Salamanca
zu stürzen, ihn vielmehr auf seine Seite gezogen: die Zu-
schrift wenigstens, durch welche der Kaiser den Churfürsten
von Sachsen aufforderte, zur Entfernung Salamancas mit-
zuwirken, lieferte er demselben nicht aus: endlich wirkte
das auch auf Ferdinand: "nachdem er neun Wochen fest-
gehalten," schreibt der sächsische Gesandte am 1sten März,
"ist er jähling abgefallen." Er gab zu, daß nicht ein
einziges Mitglied des alten Regimentes in das neue auf-
genommen werden dürfe. 2


1 Wenigstens entschuldigte ihn der Dompropst von Wien gegen
Campeggi, der nach dem Grunde seiner Abwesenheit fragte, mit diesen
Worten. Schreiben von Wolfstal 14 März. Weimar. Arch. Die Ita-
liener meinten, er sey gegangen, eben weil der Legat gekommen, "assai
sdegnato"
wie der Venezianer Ziani sich ausdrückt, Disp. 29 Martio.
Derselbe bemerkt daß Nürnberg schon völlig vom Katholicismus abge-
fallen: Di qui e totalmente scancellata la sincera fede.
2 Nach einem Schreiben Wolf von Wolfstals sagte Ferdinand
Reichstag von 1524.

Es zeigte ſich aufs neue, daß die mächtigen Stände,
welche das Reich ausmachten, von Einem Mittelpunct aus
nicht zu regieren waren.

Friedrich der Weiſe von Sachſen fühlte die ganze Be-
deutung dieſes Beſchluſſes. Die Idee einer ſtändiſchen Re-
gierung, für welche er alle ſeine Lebtage gearbeitet, ſah er
am Ende ſeiner Tage ſcheitern. Er ſagte: einen ſolchen
Reichstag habe er noch nicht erlebt: 1 er verließ ihn am
24ſten Februar: er iſt nie wieder auf einem erſchienen.

Noch weigerte ſich zwar Erzherzog Ferdinand in den
Beſchluß zu willigen: er hat ſogar die Städte noch ein-
mal perſönlich für das Regiment zu gewinnen geſucht; al-
lein nach einiger Zeit bemerkt der ſächſiſche Geſandte, ſeine
Räthe ſeyen über dieſe Sache nicht mehr derſelben Mei-
nungen: es ſcheint als habe Hannart, ſtatt Salamanca
zu ſtürzen, ihn vielmehr auf ſeine Seite gezogen: die Zu-
ſchrift wenigſtens, durch welche der Kaiſer den Churfürſten
von Sachſen aufforderte, zur Entfernung Salamancas mit-
zuwirken, lieferte er demſelben nicht aus: endlich wirkte
das auch auf Ferdinand: „nachdem er neun Wochen feſt-
gehalten,“ ſchreibt der ſächſiſche Geſandte am 1ſten März,
„iſt er jähling abgefallen.“ Er gab zu, daß nicht ein
einziges Mitglied des alten Regimentes in das neue auf-
genommen werden dürfe. 2


1 Wenigſtens entſchuldigte ihn der Dompropſt von Wien gegen
Campeggi, der nach dem Grunde ſeiner Abweſenheit fragte, mit dieſen
Worten. Schreiben von Wolfſtal 14 Maͤrz. Weimar. Arch. Die Ita-
liener meinten, er ſey gegangen, eben weil der Legat gekommen, „assai
sdegnato“
wie der Venezianer Ziani ſich ausdruͤckt, Disp. 29 Martio.
Derſelbe bemerkt daß Nuͤrnberg ſchon voͤllig vom Katholicismus abge-
fallen: Di qui è totalmente scancellata la sincera fede.
2 Nach einem Schreiben Wolf von Wolfſtals ſagte Ferdinand
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[137/0147] Reichstag von 1524. Es zeigte ſich aufs neue, daß die mächtigen Stände, welche das Reich ausmachten, von Einem Mittelpunct aus nicht zu regieren waren. Friedrich der Weiſe von Sachſen fühlte die ganze Be- deutung dieſes Beſchluſſes. Die Idee einer ſtändiſchen Re- gierung, für welche er alle ſeine Lebtage gearbeitet, ſah er am Ende ſeiner Tage ſcheitern. Er ſagte: einen ſolchen Reichstag habe er noch nicht erlebt: 1 er verließ ihn am 24ſten Februar: er iſt nie wieder auf einem erſchienen. Noch weigerte ſich zwar Erzherzog Ferdinand in den Beſchluß zu willigen: er hat ſogar die Städte noch ein- mal perſönlich für das Regiment zu gewinnen geſucht; al- lein nach einiger Zeit bemerkt der ſächſiſche Geſandte, ſeine Räthe ſeyen über dieſe Sache nicht mehr derſelben Mei- nungen: es ſcheint als habe Hannart, ſtatt Salamanca zu ſtürzen, ihn vielmehr auf ſeine Seite gezogen: die Zu- ſchrift wenigſtens, durch welche der Kaiſer den Churfürſten von Sachſen aufforderte, zur Entfernung Salamancas mit- zuwirken, lieferte er demſelben nicht aus: endlich wirkte das auch auf Ferdinand: „nachdem er neun Wochen feſt- gehalten,“ ſchreibt der ſächſiſche Geſandte am 1ſten März, „iſt er jähling abgefallen.“ Er gab zu, daß nicht ein einziges Mitglied des alten Regimentes in das neue auf- genommen werden dürfe. 2 1 Wenigſtens entſchuldigte ihn der Dompropſt von Wien gegen Campeggi, der nach dem Grunde ſeiner Abweſenheit fragte, mit dieſen Worten. Schreiben von Wolfſtal 14 Maͤrz. Weimar. Arch. Die Ita- liener meinten, er ſey gegangen, eben weil der Legat gekommen, „assai sdegnato“ wie der Venezianer Ziani ſich ausdruͤckt, Disp. 29 Martio. Derſelbe bemerkt daß Nuͤrnberg ſchon voͤllig vom Katholicismus abge- fallen: Di qui è totalmente scancellata la sincera fede. 2 Nach einem Schreiben Wolf von Wolfſtals ſagte Ferdinand

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/147>, abgerufen am 23.11.2024.