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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Viertes Capitel.
Sprache hielt. 1 Von Sickingen selbst haben wir einen
Brief, worin er sich gegen die Bilder ausspricht, welche
mehr für schöne Gemächer als für die Kirchen geeignet
seyen, und wider die Anrufung der Heiligen eifert; einem
seiner Prediger, Joh. Schwebel, richtete er die Hochzeit
aus. Unter seinen Freunden finden wir einen, Hartmuth
von Kronenberg, den man als den ersten im Style einer
spätern Zeit frommen vollkommen überzeugten Lutheraner
betrachten kann. 2

Durch die Verbindung mit diesen mächtigen Elemen-
ten bekamen nun die Unternehmungen Sickingens eine un-
gemeine Wichtigkeit. Ein großer Theil der Ritterschaft in
dem ganzen Reiche war für ihn, und regte sich um ihn
zu unterstützen. Auch die Unterstützung Luthers, dem er frü-
her oft seinen Schutz angeboten, nahm er in Anspruch.
In der That, es wäre kein schlechter Bund gewesen, wenn
der Mönch, den die Nation wie einen Propheten verehrte,
seinen Wohnsitz bei dem gewaltigen Rittersmann genom-
men und ihn mit der Macht seines Wortes unterstützt
hätte. Aber Luther hatte den großen Sinn, sich von allen
politischen Verbindungen fern zu halten, keine Gewalt ver-
suchen, einzig der Macht der Lehre vertrauen zu wollen.
Von Sachsen bekam Sickingen überhaupt nur Abmahnun-
gen. Wie sehr er dennoch auf diese nationale Hinneigung
zählte, beweist fein Manifest an die Unterthanen von Trier,

1 Oecolampadii Epistola ad Hedionem bei Gerdesius Histo-
ria Evangelii: Tom. I, Monumenta p.
166.
2 Schreiben Kronenbergs an die vier Bettelorden 25 Juni
1522; an die Einwohner von Kronenberg: bei Münch Sickingen II,
p.
145. 153.

Drittes Buch. Viertes Capitel.
Sprache hielt. 1 Von Sickingen ſelbſt haben wir einen
Brief, worin er ſich gegen die Bilder ausſpricht, welche
mehr für ſchöne Gemächer als für die Kirchen geeignet
ſeyen, und wider die Anrufung der Heiligen eifert; einem
ſeiner Prediger, Joh. Schwebel, richtete er die Hochzeit
aus. Unter ſeinen Freunden finden wir einen, Hartmuth
von Kronenberg, den man als den erſten im Style einer
ſpätern Zeit frommen vollkommen überzeugten Lutheraner
betrachten kann. 2

Durch die Verbindung mit dieſen mächtigen Elemen-
ten bekamen nun die Unternehmungen Sickingens eine un-
gemeine Wichtigkeit. Ein großer Theil der Ritterſchaft in
dem ganzen Reiche war für ihn, und regte ſich um ihn
zu unterſtützen. Auch die Unterſtützung Luthers, dem er frü-
her oft ſeinen Schutz angeboten, nahm er in Anſpruch.
In der That, es wäre kein ſchlechter Bund geweſen, wenn
der Mönch, den die Nation wie einen Propheten verehrte,
ſeinen Wohnſitz bei dem gewaltigen Rittersmann genom-
men und ihn mit der Macht ſeines Wortes unterſtützt
hätte. Aber Luther hatte den großen Sinn, ſich von allen
politiſchen Verbindungen fern zu halten, keine Gewalt ver-
ſuchen, einzig der Macht der Lehre vertrauen zu wollen.
Von Sachſen bekam Sickingen überhaupt nur Abmahnun-
gen. Wie ſehr er dennoch auf dieſe nationale Hinneigung
zählte, beweiſt fein Manifeſt an die Unterthanen von Trier,

1 Oecolampadii Epistola ad Hedionem bei Gerdeſius Histo-
ria Evangelii: Tom. I, Monumenta p.
166.
2 Schreiben Kronenbergs an die vier Bettelorden 25 Juni
1522; an die Einwohner von Kronenberg: bei Muͤnch Sickingen II,
p.
145. 153.
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[106/0116] Drittes Buch. Viertes Capitel. Sprache hielt. 1 Von Sickingen ſelbſt haben wir einen Brief, worin er ſich gegen die Bilder ausſpricht, welche mehr für ſchöne Gemächer als für die Kirchen geeignet ſeyen, und wider die Anrufung der Heiligen eifert; einem ſeiner Prediger, Joh. Schwebel, richtete er die Hochzeit aus. Unter ſeinen Freunden finden wir einen, Hartmuth von Kronenberg, den man als den erſten im Style einer ſpätern Zeit frommen vollkommen überzeugten Lutheraner betrachten kann. 2 Durch die Verbindung mit dieſen mächtigen Elemen- ten bekamen nun die Unternehmungen Sickingens eine un- gemeine Wichtigkeit. Ein großer Theil der Ritterſchaft in dem ganzen Reiche war für ihn, und regte ſich um ihn zu unterſtützen. Auch die Unterſtützung Luthers, dem er frü- her oft ſeinen Schutz angeboten, nahm er in Anſpruch. In der That, es wäre kein ſchlechter Bund geweſen, wenn der Mönch, den die Nation wie einen Propheten verehrte, ſeinen Wohnſitz bei dem gewaltigen Rittersmann genom- men und ihn mit der Macht ſeines Wortes unterſtützt hätte. Aber Luther hatte den großen Sinn, ſich von allen politiſchen Verbindungen fern zu halten, keine Gewalt ver- ſuchen, einzig der Macht der Lehre vertrauen zu wollen. Von Sachſen bekam Sickingen überhaupt nur Abmahnun- gen. Wie ſehr er dennoch auf dieſe nationale Hinneigung zählte, beweiſt fein Manifeſt an die Unterthanen von Trier, 1 Oecolampadii Epistola ad Hedionem bei Gerdeſius Histo- ria Evangelii: Tom. I, Monumenta p. 166. 2 Schreiben Kronenbergs an die vier Bettelorden 25 Juni 1522; an die Einwohner von Kronenberg: bei Muͤnch Sickingen II, p. 145. 153.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/116>, abgerufen am 27.11.2024.