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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh.

Und noch unabhängiger erhielten sich diesem gesamm-
ten Herrenstande, der für sie nur ein einziger war, gegen-
über, die auf einem ganz andern Prinzip beruhenden und
unter unaufhörlicher Anfeindung emporgekommenen Städte.
Es ist ein sonderbarer Anblick, diese alte Feindseligkeit noch
immer alle deutschen Provinzen umfassen, aber sich in jeder
auf eine andere Weise gestalten zu sehen. In Preußen bil-
dete sich aus der Opposition der Städte der große Bund
des Landes gegen die Herrschaft, welche hier der Orden
in Händen hatte. An den wendischen Küsten war dann der
Mittelpunct der Hanse, vor der die Macht der scandinavi-
schen Könige, wie viel mehr der umwohnenden deutschen
Fürsten in Schatten trat und niedergehalten wurde. Aber
der Herzog von Pommern selbst erschrak als er einst Hein-
rich dem Ältern von Braunschweig zu Hülfe kam, und hier
inne wurde, von wie mächtigen enge vereinten Städten sein
Freund allenthalben umgeben, gefesselt war. An dem Rhein
finden wir ein unaufhörliches Ringen um die municipale
Unabhängigkeit, welche die Hauptstädte in den Stiftern in
Anspruch nehmen und die Churfürsten ihnen nicht gestat-
ten wollen. In Franken setzte sich Nürnberg der empor-
steigenden Macht von Brandenburg nicht minder gewaltig
um sich greifend entgegen. Dann folgte in Schwaben und
an der obern Donau der eigentliche Schauplatz reichsstäd-
tischer Kämpfe und Bündnisse, wider Ritter, Herrn, Prälaten
und Fürsten, die einander hier noch am nächsten standen.
In den obern Landen hatte sich die wider Östreich ge-

von uns, des undersaiss he ist, siner missig gain und ime queine schirm,
zulegunge oder handhabunge widder den anderen von uns doin."
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Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh.

Und noch unabhängiger erhielten ſich dieſem geſamm-
ten Herrenſtande, der für ſie nur ein einziger war, gegen-
über, die auf einem ganz andern Prinzip beruhenden und
unter unaufhörlicher Anfeindung emporgekommenen Städte.
Es iſt ein ſonderbarer Anblick, dieſe alte Feindſeligkeit noch
immer alle deutſchen Provinzen umfaſſen, aber ſich in jeder
auf eine andere Weiſe geſtalten zu ſehen. In Preußen bil-
dete ſich aus der Oppoſition der Städte der große Bund
des Landes gegen die Herrſchaft, welche hier der Orden
in Händen hatte. An den wendiſchen Küſten war dann der
Mittelpunct der Hanſe, vor der die Macht der ſcandinavi-
ſchen Könige, wie viel mehr der umwohnenden deutſchen
Fürſten in Schatten trat und niedergehalten wurde. Aber
der Herzog von Pommern ſelbſt erſchrak als er einſt Hein-
rich dem Ältern von Braunſchweig zu Hülfe kam, und hier
inne wurde, von wie mächtigen enge vereinten Städten ſein
Freund allenthalben umgeben, gefeſſelt war. An dem Rhein
finden wir ein unaufhörliches Ringen um die municipale
Unabhängigkeit, welche die Hauptſtädte in den Stiftern in
Anſpruch nehmen und die Churfürſten ihnen nicht geſtat-
ten wollen. In Franken ſetzte ſich Nürnberg der empor-
ſteigenden Macht von Brandenburg nicht minder gewaltig
um ſich greifend entgegen. Dann folgte in Schwaben und
an der obern Donau der eigentliche Schauplatz reichsſtäd-
tiſcher Kämpfe und Bündniſſe, wider Ritter, Herrn, Prälaten
und Fürſten, die einander hier noch am nächſten ſtanden.
In den obern Landen hatte ſich die wider Öſtreich ge-

von uns, des underſaiſſ he iſt, ſiner miſſig gain und ime queine ſchirm,
zulegunge oder handhabunge widder den anderen von uns doin.“
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[67/0085] Lage der Dinge um die Mitte des 15 Jahrh. Und noch unabhängiger erhielten ſich dieſem geſamm- ten Herrenſtande, der für ſie nur ein einziger war, gegen- über, die auf einem ganz andern Prinzip beruhenden und unter unaufhörlicher Anfeindung emporgekommenen Städte. Es iſt ein ſonderbarer Anblick, dieſe alte Feindſeligkeit noch immer alle deutſchen Provinzen umfaſſen, aber ſich in jeder auf eine andere Weiſe geſtalten zu ſehen. In Preußen bil- dete ſich aus der Oppoſition der Städte der große Bund des Landes gegen die Herrſchaft, welche hier der Orden in Händen hatte. An den wendiſchen Küſten war dann der Mittelpunct der Hanſe, vor der die Macht der ſcandinavi- ſchen Könige, wie viel mehr der umwohnenden deutſchen Fürſten in Schatten trat und niedergehalten wurde. Aber der Herzog von Pommern ſelbſt erſchrak als er einſt Hein- rich dem Ältern von Braunſchweig zu Hülfe kam, und hier inne wurde, von wie mächtigen enge vereinten Städten ſein Freund allenthalben umgeben, gefeſſelt war. An dem Rhein finden wir ein unaufhörliches Ringen um die municipale Unabhängigkeit, welche die Hauptſtädte in den Stiftern in Anſpruch nehmen und die Churfürſten ihnen nicht geſtat- ten wollen. In Franken ſetzte ſich Nürnberg der empor- ſteigenden Macht von Brandenburg nicht minder gewaltig um ſich greifend entgegen. Dann folgte in Schwaben und an der obern Donau der eigentliche Schauplatz reichsſtäd- tiſcher Kämpfe und Bündniſſe, wider Ritter, Herrn, Prälaten und Fürſten, die einander hier noch am nächſten ſtanden. In den obern Landen hatte ſich die wider Öſtreich ge- 1 1 von uns, des underſaiſſ he iſt, ſiner miſſig gain und ime queine ſchirm, zulegunge oder handhabunge widder den anderen von uns doin.“ 5*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/85>, abgerufen am 24.11.2024.