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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Viertes Capitel.
Adel erinnert, so lebhaft wird darin das Verfahren des
päpstlichen Stuhles überhaupt, vor allem aber die Ver-
waltung Papst Leos X getadelt. 1 Es ist darin von
nichts als von den überschwenglichen boshaften Erfindun-
gen, schalkhaften Betrügereien die am römischen Hofe in
Schwang gekommen, die Rede: die Praxis desselben wird
gradezu der Simonie angeklagt. Wenn Luther nichts an-
ders gethan als die Mißbräuche des Hofes angegriffen
hatte, so konnte er von den Ständen des Reiches nim-
mermehr verlassen werden: die Gesinnung die er in dieser
Hinsicht ausgesprochen, war vielmehr die allgemeine, den
Ständen selber eigen. Wahrscheinlich hätte ihr auch der
Kaiser nicht widerstehn können. Sein Beichtvater hatte
ihm die Züchtigung des Himmels angekündigt, wenn er
die Kirche nicht reformire.

Man könnte sich fast zu dem Wunsche versucht fühlen,
daß Luther fürs Erste hiebei stehn geblieben seyn möchte. Es
würde die Nation in ihrer Einheit befestigt, zu einem Be-
wußtseyn derselben erst vollkommen geführt haben, wenn
sie einen gemeinschaftlichen Kampf wider die weltliche Herr-
schaft von Rom unter seiner Anführung bestanden hätte.
Jedoch die Antwort ist: die Kraft dieses Geistes würde

1 Die Schrift ist aus dem alten Druck bei Walch XV, p.
2058 wiederholt. Die Copie in den Fr. AA. die mit dem Druck
übereinstimmt, zeigt deutlicher, daß die Schrift aus 3 Theilen be-
steht, dem ersten bis E IIII, worauf eine Zwischenrede folgt; dem
zweiten mit einer neuen Überschrift besonders über die Anmaaßun-
gen der geistlichen Gerichtshöfe bis G III; dem dritten, der beson-
ders die Beschwerden der Geistlichen selbst, der Ordinarien gegen den
römischen Stuhl enthält, welcher am Montag nach Jubilate, am
22sten April, eben als Luther zugegen war, eingereicht wurde.

Zweites Buch. Viertes Capitel.
Adel erinnert, ſo lebhaft wird darin das Verfahren des
päpſtlichen Stuhles überhaupt, vor allem aber die Ver-
waltung Papſt Leos X getadelt. 1 Es iſt darin von
nichts als von den überſchwenglichen boshaften Erfindun-
gen, ſchalkhaften Betrügereien die am römiſchen Hofe in
Schwang gekommen, die Rede: die Praxis deſſelben wird
gradezu der Simonie angeklagt. Wenn Luther nichts an-
ders gethan als die Mißbräuche des Hofes angegriffen
hatte, ſo konnte er von den Ständen des Reiches nim-
mermehr verlaſſen werden: die Geſinnung die er in dieſer
Hinſicht ausgeſprochen, war vielmehr die allgemeine, den
Ständen ſelber eigen. Wahrſcheinlich hätte ihr auch der
Kaiſer nicht widerſtehn können. Sein Beichtvater hatte
ihm die Züchtigung des Himmels angekündigt, wenn er
die Kirche nicht reformire.

Man könnte ſich faſt zu dem Wunſche verſucht fühlen,
daß Luther fürs Erſte hiebei ſtehn geblieben ſeyn möchte. Es
würde die Nation in ihrer Einheit befeſtigt, zu einem Be-
wußtſeyn derſelben erſt vollkommen geführt haben, wenn
ſie einen gemeinſchaftlichen Kampf wider die weltliche Herr-
ſchaft von Rom unter ſeiner Anführung beſtanden hätte.
Jedoch die Antwort iſt: die Kraft dieſes Geiſtes würde

1 Die Schrift iſt aus dem alten Druck bei Walch XV, p.
2058 wiederholt. Die Copie in den Fr. AA. die mit dem Druck
uͤbereinſtimmt, zeigt deutlicher, daß die Schrift aus 3 Theilen be-
ſteht, dem erſten bis E IIII, worauf eine Zwiſchenrede folgt; dem
zweiten mit einer neuen Uͤberſchrift beſonders uͤber die Anmaaßun-
gen der geiſtlichen Gerichtshoͤfe bis G III; dem dritten, der beſon-
ders die Beſchwerden der Geiſtlichen ſelbſt, der Ordinarien gegen den
roͤmiſchen Stuhl enthaͤlt, welcher am Montag nach Jubilate, am
22ſten April, eben als Luther zugegen war, eingereicht wurde.
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[478/0496] Zweites Buch. Viertes Capitel. Adel erinnert, ſo lebhaft wird darin das Verfahren des päpſtlichen Stuhles überhaupt, vor allem aber die Ver- waltung Papſt Leos X getadelt. 1 Es iſt darin von nichts als von den überſchwenglichen boshaften Erfindun- gen, ſchalkhaften Betrügereien die am römiſchen Hofe in Schwang gekommen, die Rede: die Praxis deſſelben wird gradezu der Simonie angeklagt. Wenn Luther nichts an- ders gethan als die Mißbräuche des Hofes angegriffen hatte, ſo konnte er von den Ständen des Reiches nim- mermehr verlaſſen werden: die Geſinnung die er in dieſer Hinſicht ausgeſprochen, war vielmehr die allgemeine, den Ständen ſelber eigen. Wahrſcheinlich hätte ihr auch der Kaiſer nicht widerſtehn können. Sein Beichtvater hatte ihm die Züchtigung des Himmels angekündigt, wenn er die Kirche nicht reformire. Man könnte ſich faſt zu dem Wunſche verſucht fühlen, daß Luther fürs Erſte hiebei ſtehn geblieben ſeyn möchte. Es würde die Nation in ihrer Einheit befeſtigt, zu einem Be- wußtſeyn derſelben erſt vollkommen geführt haben, wenn ſie einen gemeinſchaftlichen Kampf wider die weltliche Herr- ſchaft von Rom unter ſeiner Anführung beſtanden hätte. Jedoch die Antwort iſt: die Kraft dieſes Geiſtes würde 1 Die Schrift iſt aus dem alten Druck bei Walch XV, p. 2058 wiederholt. Die Copie in den Fr. AA. die mit dem Druck uͤbereinſtimmt, zeigt deutlicher, daß die Schrift aus 3 Theilen be- ſteht, dem erſten bis E IIII, worauf eine Zwiſchenrede folgt; dem zweiten mit einer neuen Uͤberſchrift beſonders uͤber die Anmaaßun- gen der geiſtlichen Gerichtshoͤfe bis G III; dem dritten, der beſon- ders die Beſchwerden der Geiſtlichen ſelbſt, der Ordinarien gegen den roͤmiſchen Stuhl enthaͤlt, welcher am Montag nach Jubilate, am 22ſten April, eben als Luther zugegen war, eingereicht wurde.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/496>, abgerufen am 22.11.2024.