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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag von 1521. Regiment.
ten und Lasten des Reiches herbeizuziehen eine der vornehm-
sten Absichten der Stände war, wollte sich Carl zu voll-
kommen freier Verwaltung vorbehalten: in der Begrenzung
der Kreise wie er sie vorschlug vermißte man sogar das
Herzogthum Wirtenberg.

Hierüber kam es nun zu einer sehr lebhaften Entgeg-
nung. Jene Äußerung über Maximilian fanden die Stände
"mehr denn hoch beschwerlich;" hätte sich nur dieser Kai-
ser nicht durch falsche Freunde bewegen lassen, davon zu-
rückzutreten: es würde ihm und dem h. Reich löblich nütz-
lich und prächtig und allen Widersachern erschrecklich ge-
wesen seyn. Und unerschütterlich hielten sie dieß Mal
an ihrem Entwurfe fest. Der Kaiser konnte nichts, als
einige Milderung in den Nebendingen erlangen.

Am verdrießlichsten war ihm, daß man von einem
Reichsregiment sprach, das auch sogar während seiner An-
wesenheit fungiren sollte. Er hielt das für eine Art von
Vormundschaft, für einen Makel seiner Ehre. Hierin nun
gab man ihm nach: man bewilligte ihm den Titel den
er forderte: Kaiserlicher Majestät Regiment im Reich: man
sagte ihm zu, daß es fürs Erste nur für die Zeit seiner
Abwesenheit bestimmt werden sollte. Man konnte dieß um
so leichter, da sich diese Zeit nicht bestimmen ließ und der
Kaiser bei seiner Zurückkunft über die Fortdauer der Ein-
richtung nach der Lage der Dinge zu entscheiden versprach.

Auch in einigen andern Puncten wurde dem Kaiser
das Eine und das Andre eingeräumt. Die Zusammen-
setzung des Regimentes, auf die das Meiste ankam, sollte
zwar durchaus nach dem Vorbild des alten geschehen; jedoch

Reichstag von 1521. Regiment.
ten und Laſten des Reiches herbeizuziehen eine der vornehm-
ſten Abſichten der Stände war, wollte ſich Carl zu voll-
kommen freier Verwaltung vorbehalten: in der Begrenzung
der Kreiſe wie er ſie vorſchlug vermißte man ſogar das
Herzogthum Wirtenberg.

Hierüber kam es nun zu einer ſehr lebhaften Entgeg-
nung. Jene Äußerung über Maximilian fanden die Stände
„mehr denn hoch beſchwerlich;“ hätte ſich nur dieſer Kai-
ſer nicht durch falſche Freunde bewegen laſſen, davon zu-
rückzutreten: es würde ihm und dem h. Reich löblich nütz-
lich und prächtig und allen Widerſachern erſchrecklich ge-
weſen ſeyn. Und unerſchütterlich hielten ſie dieß Mal
an ihrem Entwurfe feſt. Der Kaiſer konnte nichts, als
einige Milderung in den Nebendingen erlangen.

Am verdrießlichſten war ihm, daß man von einem
Reichsregiment ſprach, das auch ſogar während ſeiner An-
weſenheit fungiren ſollte. Er hielt das für eine Art von
Vormundſchaft, für einen Makel ſeiner Ehre. Hierin nun
gab man ihm nach: man bewilligte ihm den Titel den
er forderte: Kaiſerlicher Majeſtät Regiment im Reich: man
ſagte ihm zu, daß es fürs Erſte nur für die Zeit ſeiner
Abweſenheit beſtimmt werden ſollte. Man konnte dieß um
ſo leichter, da ſich dieſe Zeit nicht beſtimmen ließ und der
Kaiſer bei ſeiner Zurückkunft über die Fortdauer der Ein-
richtung nach der Lage der Dinge zu entſcheiden verſprach.

Auch in einigen andern Puncten wurde dem Kaiſer
das Eine und das Andre eingeräumt. Die Zuſammen-
ſetzung des Regimentes, auf die das Meiſte ankam, ſollte
zwar durchaus nach dem Vorbild des alten geſchehen; jedoch

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[457/0475] Reichstag von 1521. Regiment. ten und Laſten des Reiches herbeizuziehen eine der vornehm- ſten Abſichten der Stände war, wollte ſich Carl zu voll- kommen freier Verwaltung vorbehalten: in der Begrenzung der Kreiſe wie er ſie vorſchlug vermißte man ſogar das Herzogthum Wirtenberg. Hierüber kam es nun zu einer ſehr lebhaften Entgeg- nung. Jene Äußerung über Maximilian fanden die Stände „mehr denn hoch beſchwerlich;“ hätte ſich nur dieſer Kai- ſer nicht durch falſche Freunde bewegen laſſen, davon zu- rückzutreten: es würde ihm und dem h. Reich löblich nütz- lich und prächtig und allen Widerſachern erſchrecklich ge- weſen ſeyn. Und unerſchütterlich hielten ſie dieß Mal an ihrem Entwurfe feſt. Der Kaiſer konnte nichts, als einige Milderung in den Nebendingen erlangen. Am verdrießlichſten war ihm, daß man von einem Reichsregiment ſprach, das auch ſogar während ſeiner An- weſenheit fungiren ſollte. Er hielt das für eine Art von Vormundſchaft, für einen Makel ſeiner Ehre. Hierin nun gab man ihm nach: man bewilligte ihm den Titel den er forderte: Kaiſerlicher Majeſtät Regiment im Reich: man ſagte ihm zu, daß es fürs Erſte nur für die Zeit ſeiner Abweſenheit beſtimmt werden ſollte. Man konnte dieß um ſo leichter, da ſich dieſe Zeit nicht beſtimmen ließ und der Kaiſer bei ſeiner Zurückkunft über die Fortdauer der Ein- richtung nach der Lage der Dinge zu entſcheiden verſprach. Auch in einigen andern Puncten wurde dem Kaiſer das Eine und das Andre eingeräumt. Die Zuſammen- ſetzung des Regimentes, auf die das Meiſte ankam, ſollte zwar durchaus nach dem Vorbild des alten geſchehen; jedoch

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/475>, abgerufen am 22.11.2024.