Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Drittes Capitel. ward ein Holzstoß zusammengetragen: ein Magister derUniversität steckte ihn an; in dem vollen Gefühl der Recht- gläubigkeit seines Abfalls trat hierauf der gewaltige Augu- stiner in seiner Kutte ans Feuer: er hatte die Bulle und die Decretalen der Päpste in Händen: "weil du den Hei- ligen des Herrn betrübt hast," rief er aus, "so verzehre dich das ewige Feuer," und warf sie in die Flamme. Nie ist eine Empörung entschlossener angekündigt worden. "Hoch vonnöthen wäre es," sagte Luther des andern Tages, "daß der Papst d. i. der römische Stuhl sammt allen seinen Leh- ren und Greueln verbrannt würde." Nothwendig wendete sich nun die Aufmerksamkeit p. 58 u. 59 betrugen die Inscriptionen im Jahr 1512 208; 1513
151; 1514 213; 1515 218; 1516 162; 1517 232; im J. 1518 stieg die Zahl der Inscribirten schon auf 273, im J. 1519 auf 458, im Jahr 1520 auf 578. Zweites Buch. Drittes Capitel. ward ein Holzſtoß zuſammengetragen: ein Magiſter derUniverſität ſteckte ihn an; in dem vollen Gefühl der Recht- gläubigkeit ſeines Abfalls trat hierauf der gewaltige Augu- ſtiner in ſeiner Kutte ans Feuer: er hatte die Bulle und die Decretalen der Päpſte in Händen: „weil du den Hei- ligen des Herrn betrübt haſt,“ rief er aus, „ſo verzehre dich das ewige Feuer,“ und warf ſie in die Flamme. Nie iſt eine Empörung entſchloſſener angekündigt worden. „Hoch vonnöthen wäre es,“ ſagte Luther des andern Tages, „daß der Papſt d. i. der römiſche Stuhl ſammt allen ſeinen Leh- ren und Greueln verbrannt würde.“ Nothwendig wendete ſich nun die Aufmerkſamkeit p. 58 u. 59 betrugen die Inſcriptionen im Jahr 1512 208; 1513
151; 1514 213; 1515 218; 1516 162; 1517 232; im J. 1518 ſtieg die Zahl der Inſcribirten ſchon auf 273, im J. 1519 auf 458, im Jahr 1520 auf 578. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0460" n="442"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/> ward ein Holzſtoß zuſammengetragen: ein Magiſter der<lb/> Univerſität ſteckte ihn an; in dem vollen Gefühl der Recht-<lb/> gläubigkeit ſeines Abfalls trat hierauf der gewaltige Augu-<lb/> ſtiner in ſeiner Kutte ans Feuer: er hatte die Bulle und<lb/> die Decretalen der Päpſte in Händen: „weil du den Hei-<lb/> ligen des Herrn betrübt haſt,“ rief er aus, „ſo verzehre<lb/> dich das ewige Feuer,“ und warf ſie in die Flamme. Nie<lb/> iſt eine Empörung entſchloſſener angekündigt worden. „Hoch<lb/> vonnöthen wäre es,“ ſagte Luther des andern Tages, „daß<lb/> der Papſt d. i. der römiſche Stuhl ſammt allen ſeinen Leh-<lb/> ren und Greueln verbrannt würde.“</p><lb/> <p>Nothwendig wendete ſich nun die Aufmerkſamkeit<lb/> der geſammten Nation auf dieſen Widerſtand. Was Lu-<lb/> thern zuerſt die allgemeinere Theilnahme der denkenden<lb/> und ernſtgeſinnten Zeitgenoſſen verſchafft hatte, waren<lb/> ſeine theologiſchen Schriften geweſen. Durch die Vereini-<lb/> gung von Tiefſinn und geſundem Menſchenverſtand der<lb/> in ihnen hervorleuchtete, den hohen Ernſt den ſie athme-<lb/> ten, ihren tröſtlichen und erhebenden Inhalt hatten ſie eine<lb/> allgemeine hinreißende Wirkung hervorgebracht. „Das<lb/> weiß ich,“ ſagte Lazarus Spengler in jener Troſtſchrift<lb/> die man ihm zum Verbrechen machte, „daß mir mein Le-<lb/> benlang keine Lehre oder Predigt ſo ſtark in meine Ver-<lb/> nunft gegangen iſt. — Viel treffliche und hochgelehrte Per-<lb/> ſonen geiſtlichen und weltlichen Standes ſind Gott dank-<lb/><note xml:id="seg2pn_38_2" prev="#seg2pn_38_1" place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">p.</hi> 58 u. 59 betrugen die Inſcriptionen im Jahr 1512 208; 1513<lb/> 151; 1514 213; 1515 218; 1516 162; 1517 232; im J. 1518 ſtieg<lb/> die Zahl der Inſcribirten ſchon auf 273, im J. 1519 auf 458, im<lb/> Jahr 1520 auf 578.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [442/0460]
Zweites Buch. Drittes Capitel.
ward ein Holzſtoß zuſammengetragen: ein Magiſter der
Univerſität ſteckte ihn an; in dem vollen Gefühl der Recht-
gläubigkeit ſeines Abfalls trat hierauf der gewaltige Augu-
ſtiner in ſeiner Kutte ans Feuer: er hatte die Bulle und
die Decretalen der Päpſte in Händen: „weil du den Hei-
ligen des Herrn betrübt haſt,“ rief er aus, „ſo verzehre
dich das ewige Feuer,“ und warf ſie in die Flamme. Nie
iſt eine Empörung entſchloſſener angekündigt worden. „Hoch
vonnöthen wäre es,“ ſagte Luther des andern Tages, „daß
der Papſt d. i. der römiſche Stuhl ſammt allen ſeinen Leh-
ren und Greueln verbrannt würde.“
Nothwendig wendete ſich nun die Aufmerkſamkeit
der geſammten Nation auf dieſen Widerſtand. Was Lu-
thern zuerſt die allgemeinere Theilnahme der denkenden
und ernſtgeſinnten Zeitgenoſſen verſchafft hatte, waren
ſeine theologiſchen Schriften geweſen. Durch die Vereini-
gung von Tiefſinn und geſundem Menſchenverſtand der
in ihnen hervorleuchtete, den hohen Ernſt den ſie athme-
ten, ihren tröſtlichen und erhebenden Inhalt hatten ſie eine
allgemeine hinreißende Wirkung hervorgebracht. „Das
weiß ich,“ ſagte Lazarus Spengler in jener Troſtſchrift
die man ihm zum Verbrechen machte, „daß mir mein Le-
benlang keine Lehre oder Predigt ſo ſtark in meine Ver-
nunft gegangen iſt. — Viel treffliche und hochgelehrte Per-
ſonen geiſtlichen und weltlichen Standes ſind Gott dank-
1
1 p. 58 u. 59 betrugen die Inſcriptionen im Jahr 1512 208; 1513
151; 1514 213; 1515 218; 1516 162; 1517 232; im J. 1518 ſtieg
die Zahl der Inſcribirten ſchon auf 273, im J. 1519 auf 458, im
Jahr 1520 auf 578.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |