Es scheint man hatte in Rom keinen Zweifel an dem vollen Succeß dieser Maaßregeln. Zwei rüstigen Vor- kämpfern, deren eigenes Interesse es war, Aleander und Johann Eck selbst übertrug man die Ausführung dersel- ben. In Deutschland bedurfte es keines königlichen Pla- cets: die Commissarien hatten völlig freie Hand.
Wie glorreich fühlte sich Eck, als er nun mit dem neuen Titel eines päpstlichen Protonotarius und Nuntius in Deutschland erschien! Er eilte sogleich auf die Schau- plätze des Kampfes: noch im September ließ er die Bulle in Meißen, Merseburg, Brandenburg anschlagen. Indes- sen gieng Aleander den Rhein hinunter, um sie auch hier in Vollziehung zu setzen.
Man sagt wohl, und es ist ganz wahr, daß sie da- mit nicht eben überall die beste Aufnahme gefunden, allein die Waffe die sie führten war doch noch immer sehr furcht- bar. Eck hatte die unerhörte Erlaubniß erhalten, bei der Publication der Bulle einige Anhänger Luthers nach seinem Belieben namentlich anzugeben: er hatte sie, wie man den- ken kann, nicht unbenutzt gelassen. Unter andern hatte er Adelmann von Adelmannsfelden genannt, seinen Mitcano- nicus in Eichstädt, mit dem er einst bei Tische über die Frage des Tages fast handgemein geworden war: in Folge der Bulle begann jetzt der Bischof von Augsburg den Pro- ceß gegen Adelmann zu instruiren, und dieser mußte sich durch Eid und Gelübde von der lutherischen Ketzerei rei-
thentisch Bull. Cocq. III, 111, p. 487. Mich wundert, daß Rainal- dus, der sie mittheilt, sie aus dem Cochläus nahm. Er ist hier überhaupt ungebührlich dürftig. Etwas besser ist Pallavicini. Einige Notizen finden sich noch im Parnassus Boicus III, p. 205.
Zweites Buch. Drittes Capitel.
Es ſcheint man hatte in Rom keinen Zweifel an dem vollen Succeß dieſer Maaßregeln. Zwei rüſtigen Vor- kämpfern, deren eigenes Intereſſe es war, Aleander und Johann Eck ſelbſt übertrug man die Ausführung derſel- ben. In Deutſchland bedurfte es keines königlichen Pla- cets: die Commiſſarien hatten völlig freie Hand.
Wie glorreich fühlte ſich Eck, als er nun mit dem neuen Titel eines päpſtlichen Protonotarius und Nuntius in Deutſchland erſchien! Er eilte ſogleich auf die Schau- plätze des Kampfes: noch im September ließ er die Bulle in Meißen, Merſeburg, Brandenburg anſchlagen. Indeſ- ſen gieng Aleander den Rhein hinunter, um ſie auch hier in Vollziehung zu ſetzen.
Man ſagt wohl, und es iſt ganz wahr, daß ſie da- mit nicht eben überall die beſte Aufnahme gefunden, allein die Waffe die ſie führten war doch noch immer ſehr furcht- bar. Eck hatte die unerhörte Erlaubniß erhalten, bei der Publication der Bulle einige Anhänger Luthers nach ſeinem Belieben namentlich anzugeben: er hatte ſie, wie man den- ken kann, nicht unbenutzt gelaſſen. Unter andern hatte er Adelmann von Adelmannsfelden genannt, ſeinen Mitcano- nicus in Eichſtädt, mit dem er einſt bei Tiſche über die Frage des Tages faſt handgemein geworden war: in Folge der Bulle begann jetzt der Biſchof von Augsburg den Pro- ceß gegen Adelmann zu inſtruiren, und dieſer mußte ſich durch Eid und Gelübde von der lutheriſchen Ketzerei rei-
thentiſch Bull. Cocq. III, 111, p. 487. Mich wundert, daß Rainal- dus, der ſie mittheilt, ſie aus dem Cochlaͤus nahm. Er iſt hier uͤberhaupt ungebuͤhrlich duͤrftig. Etwas beſſer iſt Pallavicini. Einige Notizen finden ſich noch im Parnaſſus Boicus III, p. 205.
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Zweites Buch. Drittes Capitel.
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dem vollen Succeß dieſer Maaßregeln. Zwei rüſtigen Vor-
kämpfern, deren eigenes Intereſſe es war, Aleander und
Johann Eck ſelbſt übertrug man die Ausführung derſel-
ben. In Deutſchland bedurfte es keines königlichen Pla-
cets: die Commiſſarien hatten völlig freie Hand.
Wie glorreich fühlte ſich Eck, als er nun mit dem
neuen Titel eines päpſtlichen Protonotarius und Nuntius
in Deutſchland erſchien! Er eilte ſogleich auf die Schau-
plätze des Kampfes: noch im September ließ er die Bulle
in Meißen, Merſeburg, Brandenburg anſchlagen. Indeſ-
ſen gieng Aleander den Rhein hinunter, um ſie auch hier
in Vollziehung zu ſetzen.
Man ſagt wohl, und es iſt ganz wahr, daß ſie da-
mit nicht eben überall die beſte Aufnahme gefunden, allein
die Waffe die ſie führten war doch noch immer ſehr furcht-
bar. Eck hatte die unerhörte Erlaubniß erhalten, bei der
Publication der Bulle einige Anhänger Luthers nach ſeinem
Belieben namentlich anzugeben: er hatte ſie, wie man den-
ken kann, nicht unbenutzt gelaſſen. Unter andern hatte er
Adelmann von Adelmannsfelden genannt, ſeinen Mitcano-
nicus in Eichſtädt, mit dem er einſt bei Tiſche über die
Frage des Tages faſt handgemein geworden war: in Folge
der Bulle begann jetzt der Biſchof von Augsburg den Pro-
ceß gegen Adelmann zu inſtruiren, und dieſer mußte ſich
durch Eid und Gelübde von der lutheriſchen Ketzerei rei-
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1 thentiſch Bull. Cocq. III, 111, p. 487. Mich wundert, daß Rainal-
dus, der ſie mittheilt, ſie aus dem Cochlaͤus nahm. Er iſt hier
uͤberhaupt ungebuͤhrlich duͤrftig. Etwas beſſer iſt Pallavicini. Einige
Notizen finden ſich noch im Parnaſſus Boicus III, p. 205.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/448>, abgerufen am 25.11.2024.
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