Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Bulle gegen Luther. vermögen. 1 Die Beweise die er für seine Meinung vor-bringt, sind nun freilich höchst seltsam; auch lag an ihrer Durchführung nicht so viel: schon genug, daß sie von ei- nem so hoch gestellten Mann von dem päpstlichen Pallast aus geäußert wurde; unverzüglich kam deutsche Dienst- beflissenheit den römischen Anmaaßungen mit etwas besse- rer Begründung entgegen. Im Februar 1520 brachte auch Eck eine Schrift über den Primat zu Stande, in der er Luthers Behauptung, "daß derselbe nicht von göttlichem Rechte sey," stattlich und klar zu widerlegen und dabei viele andre seltene und lesenswürdige Dinge vorzutragen verspricht, welche er mit großer Mühe zusammengebracht, zum Theil aus Handschriften, die er mit äußerster Wach- samkeit verglichen habe: "Merk auf Leser," sagt er, "und du sollst sehen, daß ich mein Wort halte." 2 Auch ist sein Werk gar nicht ohne Gelehrsamkeit und Talent, eine Rüstkammer der mannichfaltigsten Argumente. Aber man sieht dabei recht, welche wissenschaftliche Bedeutung diesem Streite auch noch außer den theologischen Beziehungen bei- wohnte, in wie tiefem Dunkel alle wahrhafte und critische Geschichte noch begraben lag. Eck hat kein Arg dabei, daß sich Petrus ganzer 25 Jahre in Rom aufgehalten 1 Papa est imperatore major dignitate plus quam aurum plumbo. (371) -- -- Potest eligere imperatorem per se ipsum im- mediate -- -- -- -- ex quo sequitur quod etiam possit eligere electores imperatoris et mutare ex causa: ejus etiam est electum confirmare, -- et dignum depositione deponere. (372) -- -- Nec imperator cum omnibus legibus et omnibus christianis possent contra ejus voluntatem quicquam statuere. 2 De primatu Petri. In Eckii Opp. contra Lutherum.
Tom. I, f. III. Bulle gegen Luther. vermögen. 1 Die Beweiſe die er für ſeine Meinung vor-bringt, ſind nun freilich höchſt ſeltſam; auch lag an ihrer Durchführung nicht ſo viel: ſchon genug, daß ſie von ei- nem ſo hoch geſtellten Mann von dem päpſtlichen Pallaſt aus geäußert wurde; unverzüglich kam deutſche Dienſt- befliſſenheit den römiſchen Anmaaßungen mit etwas beſſe- rer Begründung entgegen. Im Februar 1520 brachte auch Eck eine Schrift über den Primat zu Stande, in der er Luthers Behauptung, „daß derſelbe nicht von göttlichem Rechte ſey,“ ſtattlich und klar zu widerlegen und dabei viele andre ſeltene und leſenswürdige Dinge vorzutragen verſpricht, welche er mit großer Mühe zuſammengebracht, zum Theil aus Handſchriften, die er mit äußerſter Wach- ſamkeit verglichen habe: „Merk auf Leſer,“ ſagt er, „und du ſollſt ſehen, daß ich mein Wort halte.“ 2 Auch iſt ſein Werk gar nicht ohne Gelehrſamkeit und Talent, eine Rüſtkammer der mannichfaltigſten Argumente. Aber man ſieht dabei recht, welche wiſſenſchaftliche Bedeutung dieſem Streite auch noch außer den theologiſchen Beziehungen bei- wohnte, in wie tiefem Dunkel alle wahrhafte und critiſche Geſchichte noch begraben lag. Eck hat kein Arg dabei, daß ſich Petrus ganzer 25 Jahre in Rom aufgehalten 1 Papa est imperatore major dignitate plus quam aurum plumbo. (371) — — Potest eligere imperatorem per se ipsum im- mediate — — — — ex quo sequitur quod etiam possit eligere electores imperatoris et mutare ex causa: ejus etiam est electum confirmare, — et dignum depositione deponere. (372) — — Nec imperator cum omnibus legibus et omnibus christianis possent contra ejus voluntatem quicquam statuere. 2 De primatu Petri. In Eckii Opp. contra Lutherum.
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Bulle gegen Luther.
vermögen. 1 Die Beweiſe die er für ſeine Meinung vor-
bringt, ſind nun freilich höchſt ſeltſam; auch lag an ihrer
Durchführung nicht ſo viel: ſchon genug, daß ſie von ei-
nem ſo hoch geſtellten Mann von dem päpſtlichen Pallaſt
aus geäußert wurde; unverzüglich kam deutſche Dienſt-
befliſſenheit den römiſchen Anmaaßungen mit etwas beſſe-
rer Begründung entgegen. Im Februar 1520 brachte auch
Eck eine Schrift über den Primat zu Stande, in der er
Luthers Behauptung, „daß derſelbe nicht von göttlichem
Rechte ſey,“ ſtattlich und klar zu widerlegen und dabei
viele andre ſeltene und leſenswürdige Dinge vorzutragen
verſpricht, welche er mit großer Mühe zuſammengebracht,
zum Theil aus Handſchriften, die er mit äußerſter Wach-
ſamkeit verglichen habe: „Merk auf Leſer,“ ſagt er, „und
du ſollſt ſehen, daß ich mein Wort halte.“ 2 Auch iſt
ſein Werk gar nicht ohne Gelehrſamkeit und Talent, eine
Rüſtkammer der mannichfaltigſten Argumente. Aber man
ſieht dabei recht, welche wiſſenſchaftliche Bedeutung dieſem
Streite auch noch außer den theologiſchen Beziehungen bei-
wohnte, in wie tiefem Dunkel alle wahrhafte und critiſche
Geſchichte noch begraben lag. Eck hat kein Arg dabei,
daß ſich Petrus ganzer 25 Jahre in Rom aufgehalten
1 Papa est imperatore major dignitate plus quam aurum
plumbo. (371) — — Potest eligere imperatorem per se ipsum im-
mediate — — — — ex quo sequitur quod etiam possit eligere
electores imperatoris et mutare ex causa: ejus etiam est electum
confirmare, — et dignum depositione deponere. (372) — — Nec
imperator cum omnibus legibus et omnibus christianis possent
contra ejus voluntatem quicquam statuere.
2 De primatu Petri. In Eckii Opp. contra Lutherum.
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