Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Hutten. auf Reichsfreiheit Anspruch machte; als man ernstlicherdavon sprach ihn einzukleiden, gieng er davon; und suchte sein Glück wie jener in den Bahnen der aufkommenden Literatur. 1 Was hat er da nicht alles bestehen müssen: Pest und Schiffbruch: Verjagung eines Lehrers, dem er dann folgt: Beraubung durch die welche ihn eben unter- stützt: eine abscheuliche Krankheit die er sich im zwanzig- sten Jahre zugezogen: die Mißachtung in welche Mangel und ein schlechter Aufzug besonders in der Fremde zu brin- gen pflegen: seine Familie that nicht, als ob er ihr ange- höre: sein Vater betrachtete ihn mit einer gewissen Ironie. Aber immer behielt er den Muth oben, den Geist unbe- nommen und frei: alle seinen Feinden bot er Trotz: sich zu wehren, literarisch zu schlagen, ward ihm Natur. Zu- weilen waren es mehr persönliche Angelegenheiten, die er auf dem Felde der Literatur ausfocht; z. B. die Mißhand- lung die er von seinen Greifswalder Gastfreunden erfuhr: er rief alle seine Genossen von den Poetenschulen zur Theil- nahme an dieser Unbill auf, die gleichsam allen begegnet sey; 2 -- oder er hatte die Forderung zu widerlegen, die schon ihm, schon damals entgegentrat, daß man etwas seyn, ein Amt bekleiden, einen Titel haben müsse; -- oder jene unverantwortliche Gewaltthat des Herzogs von Wirtenberg an einem seiner Vettern regte ihn zu stürmischer Anklage auf. Allein noch lebendiger inspirirte ihn seine kriegerische Muse in den allgemeinen, vaterländischen Dingen. Das 1 Mohnike: Ulrich Huttens Jugendleben p. XLIII. Hutten war 1488 geboren; 1499 kam er auf das Kloster, 1504 entwich er. 2 Querelarum lib. II, eleg. X. "nostros, communia vul- nera, casus." Ranke d. Gesch. I. 27
Hutten. auf Reichsfreiheit Anſpruch machte; als man ernſtlicherdavon ſprach ihn einzukleiden, gieng er davon; und ſuchte ſein Glück wie jener in den Bahnen der aufkommenden Literatur. 1 Was hat er da nicht alles beſtehen müſſen: Peſt und Schiffbruch: Verjagung eines Lehrers, dem er dann folgt: Beraubung durch die welche ihn eben unter- ſtützt: eine abſcheuliche Krankheit die er ſich im zwanzig- ſten Jahre zugezogen: die Mißachtung in welche Mangel und ein ſchlechter Aufzug beſonders in der Fremde zu brin- gen pflegen: ſeine Familie that nicht, als ob er ihr ange- höre: ſein Vater betrachtete ihn mit einer gewiſſen Ironie. Aber immer behielt er den Muth oben, den Geiſt unbe- nommen und frei: alle ſeinen Feinden bot er Trotz: ſich zu wehren, literariſch zu ſchlagen, ward ihm Natur. Zu- weilen waren es mehr perſönliche Angelegenheiten, die er auf dem Felde der Literatur ausfocht; z. B. die Mißhand- lung die er von ſeinen Greifswalder Gaſtfreunden erfuhr: er rief alle ſeine Genoſſen von den Poetenſchulen zur Theil- nahme an dieſer Unbill auf, die gleichſam allen begegnet ſey; 2 — oder er hatte die Forderung zu widerlegen, die ſchon ihm, ſchon damals entgegentrat, daß man etwas ſeyn, ein Amt bekleiden, einen Titel haben müſſe; — oder jene unverantwortliche Gewaltthat des Herzogs von Wirtenberg an einem ſeiner Vettern regte ihn zu ſtürmiſcher Anklage auf. Allein noch lebendiger inſpirirte ihn ſeine kriegeriſche Muſe in den allgemeinen, vaterländiſchen Dingen. Das 1 Mohnike: Ulrich Huttens Jugendleben p. XLIII. Hutten war 1488 geboren; 1499 kam er auf das Kloſter, 1504 entwich er. 2 Querelarum lib. II, eleg. X. „nostros, communia vul- nera, casus.“ Ranke d. Geſch. I. 27
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Hutten.
auf Reichsfreiheit Anſpruch machte; als man ernſtlicher
davon ſprach ihn einzukleiden, gieng er davon; und ſuchte
ſein Glück wie jener in den Bahnen der aufkommenden
Literatur. 1 Was hat er da nicht alles beſtehen müſſen:
Peſt und Schiffbruch: Verjagung eines Lehrers, dem er
dann folgt: Beraubung durch die welche ihn eben unter-
ſtützt: eine abſcheuliche Krankheit die er ſich im zwanzig-
ſten Jahre zugezogen: die Mißachtung in welche Mangel
und ein ſchlechter Aufzug beſonders in der Fremde zu brin-
gen pflegen: ſeine Familie that nicht, als ob er ihr ange-
höre: ſein Vater betrachtete ihn mit einer gewiſſen Ironie.
Aber immer behielt er den Muth oben, den Geiſt unbe-
nommen und frei: alle ſeinen Feinden bot er Trotz: ſich
zu wehren, literariſch zu ſchlagen, ward ihm Natur. Zu-
weilen waren es mehr perſönliche Angelegenheiten, die er
auf dem Felde der Literatur ausfocht; z. B. die Mißhand-
lung die er von ſeinen Greifswalder Gaſtfreunden erfuhr:
er rief alle ſeine Genoſſen von den Poetenſchulen zur Theil-
nahme an dieſer Unbill auf, die gleichſam allen begegnet
ſey; 2 — oder er hatte die Forderung zu widerlegen, die
ſchon ihm, ſchon damals entgegentrat, daß man etwas ſeyn,
ein Amt bekleiden, einen Titel haben müſſe; — oder jene
unverantwortliche Gewaltthat des Herzogs von Wirtenberg
an einem ſeiner Vettern regte ihn zu ſtürmiſcher Anklage
auf. Allein noch lebendiger inſpirirte ihn ſeine kriegeriſche
Muſe in den allgemeinen, vaterländiſchen Dingen. Das
1 Mohnike: Ulrich Huttens Jugendleben p. XLIII. Hutten
war 1488 geboren; 1499 kam er auf das Kloſter, 1504 entwich er.
2 Querelarum lib. II, eleg. X. „nostros, communia vul-
nera, casus.“
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