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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Fortgang der theologischen Opposition.
sen Überzeugung wieder zu finden, gerieth er, und man
kann es ihm glauben, unter quälenden inneren Bedräng-
nissen, auf die Meinung, daß der Papst jener Antichrist
sey, den die Welt erwarte. 1 Eine allerdings beinahe my-
thische Vorstellung, welche den historischen Gesichtspunct,
den man vielleicht hätte fassen können, wieder verhüllt, die
aber doch zuletzt keinen weitern Inhalt hat, als daß die
Lehre verderbt sey, und in ihrer Reinheit wiederhergestellt
werden müsse.

In einem parallelen, aber sehr eigenthümlichen Fort-
schritt der Meinung war indeß Melanchthon begriffen, der
an der Leipziger Disputation den Antheil eines Rathge-
bers und Gehülfen genommen: und sich nun den theolo-
gischen Studien mit dem stillen Feuer widmete das ihm
eigen war, mit dem Enthusiasmus den ein glückliches und
sicheres Daherschreiten auf einer neuen Bahn hervorruft.
Die Grundsätze auf denen die protestantische Theologie be-
ruht, rühren wenigstens nicht minder von ihm her als

1 An Spalatin 23sten Februar (nicht 24) 1520 nr. 204.
"Ego sic angor ut prope non dubitem Papam esse proprie An-
tichristum."
Die Vorstellung ist aus den alten chiliastischen Ideen
hervorgegangen die man im Occidente festhielt, (vgl die Stelle des
Commodian: venturi sunt sub Antichristo qui vincunt, bei Gie-
seler Kirchengesch. I, 281) und war besonders in Deutschland sehr
beliebt. Einer der ältesten deutschen Drucke, der erste dessen Panzer in
den Annalen d. ä. d. Lit. gedenkt, ist das Buch vom Entkrist, oder auch:
"Büchlin von des Endte Christs Leben vnd Regierung durch ver-
hengniß Gottes, wie er die Welt tuth verkeren mit seyner falschen
Lere vnd Rat des Teufels, auch wie darnach die zween Propheten
Enoch vnd Helyas die Christenheit wieder bekeren mit predigen den
Christen Glauben." 1516 ward dieß Buch zu Erfurt wiedergedruckt.
Man sieht, wie es kommt, daß Luther von seinen Anhängern zu-
weilen Elias genannt wird.

Fortgang der theologiſchen Oppoſition.
ſen Überzeugung wieder zu finden, gerieth er, und man
kann es ihm glauben, unter quälenden inneren Bedräng-
niſſen, auf die Meinung, daß der Papſt jener Antichriſt
ſey, den die Welt erwarte. 1 Eine allerdings beinahe my-
thiſche Vorſtellung, welche den hiſtoriſchen Geſichtspunct,
den man vielleicht hätte faſſen können, wieder verhüllt, die
aber doch zuletzt keinen weitern Inhalt hat, als daß die
Lehre verderbt ſey, und in ihrer Reinheit wiederhergeſtellt
werden müſſe.

In einem parallelen, aber ſehr eigenthümlichen Fort-
ſchritt der Meinung war indeß Melanchthon begriffen, der
an der Leipziger Disputation den Antheil eines Rathge-
bers und Gehülfen genommen: und ſich nun den theolo-
giſchen Studien mit dem ſtillen Feuer widmete das ihm
eigen war, mit dem Enthuſiasmus den ein glückliches und
ſicheres Daherſchreiten auf einer neuen Bahn hervorruft.
Die Grundſätze auf denen die proteſtantiſche Theologie be-
ruht, rühren wenigſtens nicht minder von ihm her als

1 An Spalatin 23ſten Februar (nicht 24) 1520 nr. 204.
„Ego sic angor ut prope non dubitem Papam esse proprie An-
tichristum.“
Die Vorſtellung iſt aus den alten chiliaſtiſchen Ideen
hervorgegangen die man im Occidente feſthielt, (vgl die Stelle des
Commodian: venturi sunt sub Antichristo qui vincunt, bei Gie-
ſeler Kirchengeſch. I, 281) und war beſonders in Deutſchland ſehr
beliebt. Einer der älteſten deutſchen Drucke, der erſte deſſen Panzer in
den Annalen d. aͤ. d. Lit. gedenkt, iſt das Buch vom Entkriſt, oder auch:
„Buͤchlin von des Endte Chriſts Leben vnd Regierung durch ver-
hengniß Gottes, wie er die Welt tuth verkeren mit ſeyner falſchen
Lere vnd Rat des Teufels, auch wie darnach die zween Propheten
Enoch vnd Helyas die Chriſtenheit wieder bekeren mit predigen den
Chriſten Glauben.“ 1516 ward dieß Buch zu Erfurt wiedergedruckt.
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weilen Elias genannt wird.
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[411/0429] Fortgang der theologiſchen Oppoſition. ſen Überzeugung wieder zu finden, gerieth er, und man kann es ihm glauben, unter quälenden inneren Bedräng- niſſen, auf die Meinung, daß der Papſt jener Antichriſt ſey, den die Welt erwarte. 1 Eine allerdings beinahe my- thiſche Vorſtellung, welche den hiſtoriſchen Geſichtspunct, den man vielleicht hätte faſſen können, wieder verhüllt, die aber doch zuletzt keinen weitern Inhalt hat, als daß die Lehre verderbt ſey, und in ihrer Reinheit wiederhergeſtellt werden müſſe. In einem parallelen, aber ſehr eigenthümlichen Fort- ſchritt der Meinung war indeß Melanchthon begriffen, der an der Leipziger Disputation den Antheil eines Rathge- bers und Gehülfen genommen: und ſich nun den theolo- giſchen Studien mit dem ſtillen Feuer widmete das ihm eigen war, mit dem Enthuſiasmus den ein glückliches und ſicheres Daherſchreiten auf einer neuen Bahn hervorruft. Die Grundſätze auf denen die proteſtantiſche Theologie be- ruht, rühren wenigſtens nicht minder von ihm her als 1 An Spalatin 23ſten Februar (nicht 24) 1520 nr. 204. „Ego sic angor ut prope non dubitem Papam esse proprie An- tichristum.“ Die Vorſtellung iſt aus den alten chiliaſtiſchen Ideen hervorgegangen die man im Occidente feſthielt, (vgl die Stelle des Commodian: venturi sunt sub Antichristo qui vincunt, bei Gie- ſeler Kirchengeſch. I, 281) und war beſonders in Deutſchland ſehr beliebt. Einer der älteſten deutſchen Drucke, der erſte deſſen Panzer in den Annalen d. aͤ. d. Lit. gedenkt, iſt das Buch vom Entkriſt, oder auch: „Buͤchlin von des Endte Chriſts Leben vnd Regierung durch ver- hengniß Gottes, wie er die Welt tuth verkeren mit ſeyner falſchen Lere vnd Rat des Teufels, auch wie darnach die zween Propheten Enoch vnd Helyas die Chriſtenheit wieder bekeren mit predigen den Chriſten Glauben.“ 1516 ward dieß Buch zu Erfurt wiedergedruckt. Man ſieht, wie es kommt, daß Luther von ſeinen Anhaͤngern zu- weilen Elias genannt wird.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/429>, abgerufen am 25.11.2024.