Eine noch entschiednere Gestalt in demselben Sinne nahmen in diesem Augenblick die Verhältnisse von Ober- deutschland an. Wirtenberg gieng ganz in östreichische Hände über.
Die Veranlassung dazu war, daß Herzog Ulrich in plötzlichem Überfall im August die bündische Regierung zer- sprengt, sein Land wieder in Besitz genommen, und nur durch erneute Anstrengungen des Bundes hatte vertrieben werden können. 1 Dem Bund fiel jetzt seine eigne Er- oberung beschwerlich: die alten Kriegskosten, deren Erstat- tung man dringend wünschte, wurden sogar durch neue vermehrt. Mit Freuden giengen die Mitglieder auf den Vorschlag des Kaisers ein, das Land sammt den Kindern des Herzogs "ihm in Bewahr zuzustellen," wogegen er die Forderungen der Stände zu erledigen versprach. 2 Im Fe- bruar 1520 übernahmen die kaiserlichen Commissarien die Verwaltung des Landes: indem sie den Tübinger Vertrag be- stätigten, den Ulrich bei seiner Rückkehr unbesonnen genug gewesen war zu widerrufen, gewannen sie auch eine nicht unbedeutende Partei im Lande.
Ein Regierungsanfang, der doch sehr gewaltsam aus- sah. Denn unerhört war und blieb es, wie die Schwei- zer es ausdrückten, "daß ein Fürst des heil. Reiches aus durchlauchtigem Hause über alles Rechtserbieten, seines Für- stenthums väterlichen Erbes und Eigens so gewaltiglich beraubt seyn sollte." Aber diese Commissarien betrachteten
1 Stumphart Chronica gwaltiger Verjagung Herzog Ulrichs bei Sattler Herzoge II, Beilagen p. 43.
2 Gwalt K. Carls V auf seine Commissarien ibid. p. 79.
Zweites Buch. Zweites Capitel.
Eine noch entſchiednere Geſtalt in demſelben Sinne nahmen in dieſem Augenblick die Verhältniſſe von Ober- deutſchland an. Wirtenberg gieng ganz in öſtreichiſche Hände über.
Die Veranlaſſung dazu war, daß Herzog Ulrich in plötzlichem Überfall im Auguſt die bündiſche Regierung zer- ſprengt, ſein Land wieder in Beſitz genommen, und nur durch erneute Anſtrengungen des Bundes hatte vertrieben werden können. 1 Dem Bund fiel jetzt ſeine eigne Er- oberung beſchwerlich: die alten Kriegskoſten, deren Erſtat- tung man dringend wünſchte, wurden ſogar durch neue vermehrt. Mit Freuden giengen die Mitglieder auf den Vorſchlag des Kaiſers ein, das Land ſammt den Kindern des Herzogs „ihm in Bewahr zuzuſtellen,“ wogegen er die Forderungen der Stände zu erledigen verſprach. 2 Im Fe- bruar 1520 übernahmen die kaiſerlichen Commiſſarien die Verwaltung des Landes: indem ſie den Tübinger Vertrag be- ſtätigten, den Ulrich bei ſeiner Rückkehr unbeſonnen genug geweſen war zu widerrufen, gewannen ſie auch eine nicht unbedeutende Partei im Lande.
Ein Regierungsanfang, der doch ſehr gewaltſam aus- ſah. Denn unerhört war und blieb es, wie die Schwei- zer es ausdrückten, „daß ein Fürſt des heil. Reiches aus durchlauchtigem Hauſe über alles Rechtserbieten, ſeines Für- ſtenthums väterlichen Erbes und Eigens ſo gewaltiglich beraubt ſeyn ſollte.“ Aber dieſe Commiſſarien betrachteten
1 Stumphart Chronica gwaltiger Verjagung Herzog Ulrichs bei Sattler Herzoge II, Beilagen p. 43.
2 Gwalt K. Carls V auf ſeine Commiſſarien ibid. p. 79.
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Zweites Buch. Zweites Capitel.
Eine noch entſchiednere Geſtalt in demſelben Sinne
nahmen in dieſem Augenblick die Verhältniſſe von Ober-
deutſchland an. Wirtenberg gieng ganz in öſtreichiſche
Hände über.
Die Veranlaſſung dazu war, daß Herzog Ulrich in
plötzlichem Überfall im Auguſt die bündiſche Regierung zer-
ſprengt, ſein Land wieder in Beſitz genommen, und nur
durch erneute Anſtrengungen des Bundes hatte vertrieben
werden können. 1 Dem Bund fiel jetzt ſeine eigne Er-
oberung beſchwerlich: die alten Kriegskoſten, deren Erſtat-
tung man dringend wünſchte, wurden ſogar durch neue
vermehrt. Mit Freuden giengen die Mitglieder auf den
Vorſchlag des Kaiſers ein, das Land ſammt den Kindern
des Herzogs „ihm in Bewahr zuzuſtellen,“ wogegen er die
Forderungen der Stände zu erledigen verſprach. 2 Im Fe-
bruar 1520 übernahmen die kaiſerlichen Commiſſarien die
Verwaltung des Landes: indem ſie den Tübinger Vertrag be-
ſtätigten, den Ulrich bei ſeiner Rückkehr unbeſonnen genug
geweſen war zu widerrufen, gewannen ſie auch eine nicht
unbedeutende Partei im Lande.
Ein Regierungsanfang, der doch ſehr gewaltſam aus-
ſah. Denn unerhört war und blieb es, wie die Schwei-
zer es ausdrückten, „daß ein Fürſt des heil. Reiches aus
durchlauchtigem Hauſe über alles Rechtserbieten, ſeines Für-
ſtenthums väterlichen Erbes und Eigens ſo gewaltiglich
beraubt ſeyn ſollte.“ Aber dieſe Commiſſarien betrachteten
1 Stumphart Chronica gwaltiger Verjagung Herzog Ulrichs
bei Sattler Herzoge II, Beilagen p. 43.
2 Gwalt K. Carls V auf ſeine Commiſſarien ibid. p. 79.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/398>, abgerufen am 25.11.2024.
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