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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reuchlin.
der vollkommener verständlich machen sollte. Noch höher
aber als alles dieß schlugen die Zeitgenossen sein Stu-
dium des Hebräischen an, dem eben jene sporadischen Be-
mühungen hauptsächlich galten, darin sah er selbst sein ei-
genthümlichstes Verdienst. "Es ist vor mir Keiner ge-
wesen," ruft er mit wohlbegründetem Selbstgefühl einem
seiner Gegner zu, "der sich unterstanden hätte die Regeln
der hebräischen Sprache in ein Buch zu bringen, und sollte
dem Neide sein Herz zerbrechen, dennoch bin ich der Erste.
Exegi monumentum aere perennius." 1 Hiebei hatte er
nun das Meiste jüdischen Rabbinen zu danken, die er al-
lenthalben aufsuchte, von denen er keinen vorüberziehen
ließ, ohne etwas von ihm gelernt zu haben, die ihn aber
nicht allein auf das alte Testament, sondern auch auf ihre
übrigen Sachen, vor allem die Cabbala führten. Reuch-
lin war ein Geist, dem die grammatisch lexicalischen Stu-
dien an und für sich nicht völlig genugthaten. Nach
dem Vorgang seiner jüdischen Lehrer wandte er sich auf
die Mystik des Wortes. In den Namen Gottes in der
Schrift, in ihrer elementaren Zusammensetzung findet er
zugleich das tiefste Geheimniß seines Wesens. Denn "Gott,
der sich des Umgangs mit der heiligen Seele freut, will
sie in sich verwandeln, in ihr wohnen: Gott ist Geist, das
Wort ist ein Hauch, der Mensch athmet, Gott ist das
Wort. Die Namen die er sich selbst gegeben, sind ein
Wiederhall der Ewigkeit: da ist der Abgrund seines geheim-

1 Reuchlini Consilium pro libris Judaeorum non abolen-
dis
bei Hardt Historia Ref. p. 49. Übrigens ein schönes Denkmal
deutscher Prosa.
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Reuchlin.
der vollkommener verſtändlich machen ſollte. Noch höher
aber als alles dieß ſchlugen die Zeitgenoſſen ſein Stu-
dium des Hebräiſchen an, dem eben jene ſporadiſchen Be-
mühungen hauptſächlich galten, darin ſah er ſelbſt ſein ei-
genthümlichſtes Verdienſt. „Es iſt vor mir Keiner ge-
weſen,“ ruft er mit wohlbegründetem Selbſtgefühl einem
ſeiner Gegner zu, „der ſich unterſtanden hätte die Regeln
der hebräiſchen Sprache in ein Buch zu bringen, und ſollte
dem Neide ſein Herz zerbrechen, dennoch bin ich der Erſte.
Exegi monumentum aere perennius.“ 1 Hiebei hatte er
nun das Meiſte jüdiſchen Rabbinen zu danken, die er al-
lenthalben aufſuchte, von denen er keinen vorüberziehen
ließ, ohne etwas von ihm gelernt zu haben, die ihn aber
nicht allein auf das alte Teſtament, ſondern auch auf ihre
übrigen Sachen, vor allem die Cabbala führten. Reuch-
lin war ein Geiſt, dem die grammatiſch lexicaliſchen Stu-
dien an und für ſich nicht völlig genugthaten. Nach
dem Vorgang ſeiner jüdiſchen Lehrer wandte er ſich auf
die Myſtik des Wortes. In den Namen Gottes in der
Schrift, in ihrer elementaren Zuſammenſetzung findet er
zugleich das tiefſte Geheimniß ſeines Weſens. Denn „Gott,
der ſich des Umgangs mit der heiligen Seele freut, will
ſie in ſich verwandeln, in ihr wohnen: Gott iſt Geiſt, das
Wort iſt ein Hauch, der Menſch athmet, Gott iſt das
Wort. Die Namen die er ſich ſelbſt gegeben, ſind ein
Wiederhall der Ewigkeit: da iſt der Abgrund ſeines geheim-

1 Reuchlini Consilium pro libris Judaeorum non abolen-
dis
bei Hardt Historia Ref. p. 49. Uͤbrigens ein ſchoͤnes Denkmal
deutſcher Proſa.
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[275/0293] Reuchlin. der vollkommener verſtändlich machen ſollte. Noch höher aber als alles dieß ſchlugen die Zeitgenoſſen ſein Stu- dium des Hebräiſchen an, dem eben jene ſporadiſchen Be- mühungen hauptſächlich galten, darin ſah er ſelbſt ſein ei- genthümlichſtes Verdienſt. „Es iſt vor mir Keiner ge- weſen,“ ruft er mit wohlbegründetem Selbſtgefühl einem ſeiner Gegner zu, „der ſich unterſtanden hätte die Regeln der hebräiſchen Sprache in ein Buch zu bringen, und ſollte dem Neide ſein Herz zerbrechen, dennoch bin ich der Erſte. Exegi monumentum aere perennius.“ 1 Hiebei hatte er nun das Meiſte jüdiſchen Rabbinen zu danken, die er al- lenthalben aufſuchte, von denen er keinen vorüberziehen ließ, ohne etwas von ihm gelernt zu haben, die ihn aber nicht allein auf das alte Teſtament, ſondern auch auf ihre übrigen Sachen, vor allem die Cabbala führten. Reuch- lin war ein Geiſt, dem die grammatiſch lexicaliſchen Stu- dien an und für ſich nicht völlig genugthaten. Nach dem Vorgang ſeiner jüdiſchen Lehrer wandte er ſich auf die Myſtik des Wortes. In den Namen Gottes in der Schrift, in ihrer elementaren Zuſammenſetzung findet er zugleich das tiefſte Geheimniß ſeines Weſens. Denn „Gott, der ſich des Umgangs mit der heiligen Seele freut, will ſie in ſich verwandeln, in ihr wohnen: Gott iſt Geiſt, das Wort iſt ein Hauch, der Menſch athmet, Gott iſt das Wort. Die Namen die er ſich ſelbſt gegeben, ſind ein Wiederhall der Ewigkeit: da iſt der Abgrund ſeines geheim- 1 Reuchlini Consilium pro libris Judaeorum non abolen- dis bei Hardt Historia Ref. p. 49. Uͤbrigens ein ſchoͤnes Denkmal deutſcher Proſa. 18*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/293>, abgerufen am 23.11.2024.