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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Carolingische Zeiten.
tige Schonung in der Mitte der kriegerfüllten zerstörungs-
begierigen Welt, wo ein eiserner Wille den Kräften die
sich sonst anfeinden und unter einander aufreiben würden,
Ruhe gebietet und die Keime einer gebildeten Zukunft pflegt
und beschützt; so ist es auch auf allen Seiten umwallt mit
unüberwindlichen Marken.

Nicht immer aber konnte es eine so gewaltige, gebie-
tende Persönlichkeit geben, und für die Entwickelung der
Welt, die Carl der Große gegründet, kam nun alles dar-
auf an, wie die Elemente aus denen sie zusammengesetzt
war, sich gegen einander verhalten, sich verschmelzen oder
abstoßen, sich vertragen oder bekämpfen würden. Denn
nur aus der freien Bewegung der inneren Triebe wird das
Leben geboren.

Da konnte es aber wohl nicht anders seyn, als daß
der Clerus zuerst seine Kräfte fühlte. Er bildete eine auch
von dem Kaiser unabhängig geschlossene Genossenschaft, ent-
sprungen und ausgebildet in den romanischen Nationen,
ihr eigenthümlichstes Product in dem letzten Jahrhundert,
nunmehr auch über die germanischen ausgebreitet, wo er
durch das Mittel einer gemeinschaftlichen Sprache, immer
neue Proselyten machte, immer festeren Boden gewann.

Schon unter Carl dem Großen finden wir das geist-
liche Element sich mächtig regen. Es ist eins der merk-
würdigsten unter seinen Capitularien, 1 worin er seine Ver-
wunderung ausdrückt, daß seine geistlichen und seine welt-

1 Capitulare interrogationis de iis quae Karolus M. pro
communi omnium utilitate interroganda constituit Aquisgrani 811.
Monum. Germaniae histor. ed. Pertz III, p.
106.

Carolingiſche Zeiten.
tige Schonung in der Mitte der kriegerfüllten zerſtörungs-
begierigen Welt, wo ein eiſerner Wille den Kräften die
ſich ſonſt anfeinden und unter einander aufreiben würden,
Ruhe gebietet und die Keime einer gebildeten Zukunft pflegt
und beſchützt; ſo iſt es auch auf allen Seiten umwallt mit
unüberwindlichen Marken.

Nicht immer aber konnte es eine ſo gewaltige, gebie-
tende Perſönlichkeit geben, und für die Entwickelung der
Welt, die Carl der Große gegründet, kam nun alles dar-
auf an, wie die Elemente aus denen ſie zuſammengeſetzt
war, ſich gegen einander verhalten, ſich verſchmelzen oder
abſtoßen, ſich vertragen oder bekämpfen würden. Denn
nur aus der freien Bewegung der inneren Triebe wird das
Leben geboren.

Da konnte es aber wohl nicht anders ſeyn, als daß
der Clerus zuerſt ſeine Kräfte fühlte. Er bildete eine auch
von dem Kaiſer unabhängig geſchloſſene Genoſſenſchaft, ent-
ſprungen und ausgebildet in den romaniſchen Nationen,
ihr eigenthümlichſtes Product in dem letzten Jahrhundert,
nunmehr auch über die germaniſchen ausgebreitet, wo er
durch das Mittel einer gemeinſchaftlichen Sprache, immer
neue Proſelyten machte, immer feſteren Boden gewann.

Schon unter Carl dem Großen finden wir das geiſt-
liche Element ſich mächtig regen. Es iſt eins der merk-
würdigſten unter ſeinen Capitularien, 1 worin er ſeine Ver-
wunderung ausdrückt, daß ſeine geiſtlichen und ſeine welt-

1 Capitulare interrogationis de iis quae Karolus M. pro
communi omnium utilitate interroganda constituit Aquisgrani 811.
Monum. Germaniae histor. ed. Pertz III, p.
106.
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[9/0027] Carolingiſche Zeiten. tige Schonung in der Mitte der kriegerfüllten zerſtörungs- begierigen Welt, wo ein eiſerner Wille den Kräften die ſich ſonſt anfeinden und unter einander aufreiben würden, Ruhe gebietet und die Keime einer gebildeten Zukunft pflegt und beſchützt; ſo iſt es auch auf allen Seiten umwallt mit unüberwindlichen Marken. Nicht immer aber konnte es eine ſo gewaltige, gebie- tende Perſönlichkeit geben, und für die Entwickelung der Welt, die Carl der Große gegründet, kam nun alles dar- auf an, wie die Elemente aus denen ſie zuſammengeſetzt war, ſich gegen einander verhalten, ſich verſchmelzen oder abſtoßen, ſich vertragen oder bekämpfen würden. Denn nur aus der freien Bewegung der inneren Triebe wird das Leben geboren. Da konnte es aber wohl nicht anders ſeyn, als daß der Clerus zuerſt ſeine Kräfte fühlte. Er bildete eine auch von dem Kaiſer unabhängig geſchloſſene Genoſſenſchaft, ent- ſprungen und ausgebildet in den romaniſchen Nationen, ihr eigenthümlichſtes Product in dem letzten Jahrhundert, nunmehr auch über die germaniſchen ausgebreitet, wo er durch das Mittel einer gemeinſchaftlichen Sprache, immer neue Proſelyten machte, immer feſteren Boden gewann. Schon unter Carl dem Großen finden wir das geiſt- liche Element ſich mächtig regen. Es iſt eins der merk- würdigſten unter ſeinen Capitularien, 1 worin er ſeine Ver- wunderung ausdrückt, daß ſeine geiſtlichen und ſeine welt- 1 Capitulare interrogationis de iis quae Karolus M. pro communi omnium utilitate interroganda constituit Aquisgrani 811. Monum. Germaniae histor. ed. Pertz III, p. 106.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/27>, abgerufen am 24.11.2024.