Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Erstes Buch. von der zunehmenden Fürstenmacht eingeengt. In Schwa-ben consolidirten sich die Verbindungen der Reichsritter- schaft unter dem Schirme des Bundes; auch in Franken hatte man ähnliche Bestrebungen: zuweilen versammelten sich die sechs Orte der fränkischen Ritterschaft, z. B. 1511, 1515, hauptsächlich um ihre Streitsachen den fürstlichen Hofgerichten zu entreißen; aber ihre Erfolge waren nicht nachhaltig; hier und am Rhein blieb doch alles sehr tu- multuarisch. Noch immer sehen wir die kriegerischen Rei- tersmänner, mit Pickelhaube und Krebs geharnischt, die gespannte Armbrust vor sich her -- denn noch führten die Reiter kein Feuergewehr -- die wohlbekannten Raine durch das Feld entlang reiten, die Haltstätten wahrnehmen, in den Wäldern Tag und Nacht lauern, bis der Feind den sie suchen erscheint, oder der Waarenzug der Stadt, mit der sie in Streit liegen, die Straße daher kommt; nach einem in der Regel leichten Sieg, da ihr Angriff uner- wartet geschieht, kehren sie dann von Gefangenen umgeben, mit Beute beladen zurück in die engen Behausungen ihrer Burgen, wo sie nicht eine Stunde weit reiten können ohne hinwiederum des Feindes gewärtig zu seyn, wo sie sich nicht ohne Harnisch auf die Jagd zu gehn getrauen; unaufhörlich kommen und gehn die Knappen, die heimli- lichen Freunde und Spießgesellen, bringen Hülfgesuche, oder Warnungen, und erhalten eine ewige Unruhe: die Nacht über hört man die Wölfe im nahen Forste heulen. Wäh- rend das Reich in Trier über eine Executionsordnung rath- schlagte, griffen Berlichingen und Selbitz jenen Nürnber- ger Zug, der von der Leipziger Messe kam im Bambergi- Erſtes Buch. von der zunehmenden Fürſtenmacht eingeengt. In Schwa-ben conſolidirten ſich die Verbindungen der Reichsritter- ſchaft unter dem Schirme des Bundes; auch in Franken hatte man ähnliche Beſtrebungen: zuweilen verſammelten ſich die ſechs Orte der fränkiſchen Ritterſchaft, z. B. 1511, 1515, hauptſächlich um ihre Streitſachen den fürſtlichen Hofgerichten zu entreißen; aber ihre Erfolge waren nicht nachhaltig; hier und am Rhein blieb doch alles ſehr tu- multuariſch. Noch immer ſehen wir die kriegeriſchen Rei- tersmänner, mit Pickelhaube und Krebs geharniſcht, die geſpannte Armbruſt vor ſich her — denn noch führten die Reiter kein Feuergewehr — die wohlbekannten Raine durch das Feld entlang reiten, die Haltſtätten wahrnehmen, in den Wäldern Tag und Nacht lauern, bis der Feind den ſie ſuchen erſcheint, oder der Waarenzug der Stadt, mit der ſie in Streit liegen, die Straße daher kommt; nach einem in der Regel leichten Sieg, da ihr Angriff uner- wartet geſchieht, kehren ſie dann von Gefangenen umgeben, mit Beute beladen zurück in die engen Behauſungen ihrer Burgen, wo ſie nicht eine Stunde weit reiten können ohne hinwiederum des Feindes gewärtig zu ſeyn, wo ſie ſich nicht ohne Harniſch auf die Jagd zu gehn getrauen; unaufhörlich kommen und gehn die Knappen, die heimli- lichen Freunde und Spießgeſellen, bringen Hülfgeſuche, oder Warnungen, und erhalten eine ewige Unruhe: die Nacht über hört man die Wölfe im nahen Forſte heulen. Wäh- rend das Reich in Trier über eine Executionsordnung rath- ſchlagte, griffen Berlichingen und Selbitz jenen Nürnber- ger Zug, der von der Leipziger Meſſe kam im Bambergi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0224" n="206"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>.</fw><lb/> von der zunehmenden Fürſtenmacht eingeengt. In Schwa-<lb/> ben conſolidirten ſich die Verbindungen der Reichsritter-<lb/> ſchaft unter dem Schirme des Bundes; auch in Franken<lb/> hatte man ähnliche Beſtrebungen: zuweilen verſammelten<lb/> ſich die ſechs Orte der fränkiſchen Ritterſchaft, z. B. 1511,<lb/> 1515, hauptſächlich um ihre Streitſachen den fürſtlichen<lb/> Hofgerichten zu entreißen; aber ihre Erfolge waren nicht<lb/> nachhaltig; hier und am Rhein blieb doch alles ſehr tu-<lb/> multuariſch. 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Erſtes Buch.
von der zunehmenden Fürſtenmacht eingeengt. In Schwa-
ben conſolidirten ſich die Verbindungen der Reichsritter-
ſchaft unter dem Schirme des Bundes; auch in Franken
hatte man ähnliche Beſtrebungen: zuweilen verſammelten
ſich die ſechs Orte der fränkiſchen Ritterſchaft, z. B. 1511,
1515, hauptſächlich um ihre Streitſachen den fürſtlichen
Hofgerichten zu entreißen; aber ihre Erfolge waren nicht
nachhaltig; hier und am Rhein blieb doch alles ſehr tu-
multuariſch. Noch immer ſehen wir die kriegeriſchen Rei-
tersmänner, mit Pickelhaube und Krebs geharniſcht, die
geſpannte Armbruſt vor ſich her — denn noch führten die
Reiter kein Feuergewehr — die wohlbekannten Raine durch
das Feld entlang reiten, die Haltſtätten wahrnehmen, in
den Wäldern Tag und Nacht lauern, bis der Feind den
ſie ſuchen erſcheint, oder der Waarenzug der Stadt, mit
der ſie in Streit liegen, die Straße daher kommt; nach
einem in der Regel leichten Sieg, da ihr Angriff uner-
wartet geſchieht, kehren ſie dann von Gefangenen umgeben,
mit Beute beladen zurück in die engen Behauſungen ihrer
Burgen, wo ſie nicht eine Stunde weit reiten können
ohne hinwiederum des Feindes gewärtig zu ſeyn, wo ſie
ſich nicht ohne Harniſch auf die Jagd zu gehn getrauen;
unaufhörlich kommen und gehn die Knappen, die heimli-
lichen Freunde und Spießgeſellen, bringen Hülfgeſuche, oder
Warnungen, und erhalten eine ewige Unruhe: die Nacht
über hört man die Wölfe im nahen Forſte heulen. Wäh-
rend das Reich in Trier über eine Executionsordnung rath-
ſchlagte, griffen Berlichingen und Selbitz jenen Nürnber-
ger Zug, der von der Leipziger Meſſe kam im Bambergi-
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