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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.

Allein er hatte sich da in eine Unternehmung gewagt,
welche ihn für seine allgemeinen und seine deutschen Verhält-
nisse in die bedrängendsten Verwickelungen bringen sollte.

Unter den Schweizern regte sich, trotz aller Verträge,
besonders durch Luzern aufrecht erhalten die französische
Faction doch wieder, ihre Truppen zögerten zu erscheinen.
Da nun auch die deutschen Mannschaften, und zwar haupt-
sächlich darum, weil man zwei Drittel des Fußvolks aus
den Schweizern nehmen wollen, nur sehr schwach waren, so
geschah, daß die Venezianer den Kräften des Reiches gegen-
über doch gar bald in Vortheil kamen. Sie begnügten sich
nicht, die Deutschen von ihrem Gebiet zu entfernen: sie über-
fielen den römischen Kaiser in seiner eignen Landschaft,
da wo er am wenigsten auf einen Angriff gefaßt war: Görz,
Wippach, Triest, 47 mehr oder minder feste Orte nahmen
sie in Einem Augenblicke weg.

In Deutschland war man erstaunt und bestürzt. Nach
Bewilligungen die so bedeutend geschienen, nachdem ein
Jeder noch einmal Anstrengungen für das Reich gemacht,
nach so großen Erwartungen erlebte man nichts als Schimpf
und Schande. Mochte der Kaiser auch sagen, daß man
ihm die Anschläge nicht vollständig geleistet, so maß man
ihm auch darin einige Schuld bei. Dem Herzog von Lü-
neburg z. B. war die Berechnung seines Anschlages niemals
zugekommen. Aber überdieß! Anzufangen, ohne seiner Sache
einigermaaßen sicher zu seyn: sein Glück auf den Aus-
schlag einer schweizerischen Tagsatzung zu wagen! Von dem

liegt ein Schreiben von dem nemlichen Datum bei. Auch er hat die
beste Hoffnung.
Erſtes Buch.

Allein er hatte ſich da in eine Unternehmung gewagt,
welche ihn für ſeine allgemeinen und ſeine deutſchen Verhält-
niſſe in die bedrängendſten Verwickelungen bringen ſollte.

Unter den Schweizern regte ſich, trotz aller Verträge,
beſonders durch Luzern aufrecht erhalten die franzöſiſche
Faction doch wieder, ihre Truppen zögerten zu erſcheinen.
Da nun auch die deutſchen Mannſchaften, und zwar haupt-
ſächlich darum, weil man zwei Drittel des Fußvolks aus
den Schweizern nehmen wollen, nur ſehr ſchwach waren, ſo
geſchah, daß die Venezianer den Kräften des Reiches gegen-
über doch gar bald in Vortheil kamen. Sie begnügten ſich
nicht, die Deutſchen von ihrem Gebiet zu entfernen: ſie über-
fielen den römiſchen Kaiſer in ſeiner eignen Landſchaft,
da wo er am wenigſten auf einen Angriff gefaßt war: Görz,
Wippach, Trieſt, 47 mehr oder minder feſte Orte nahmen
ſie in Einem Augenblicke weg.

In Deutſchland war man erſtaunt und beſtürzt. Nach
Bewilligungen die ſo bedeutend geſchienen, nachdem ein
Jeder noch einmal Anſtrengungen für das Reich gemacht,
nach ſo großen Erwartungen erlebte man nichts als Schimpf
und Schande. Mochte der Kaiſer auch ſagen, daß man
ihm die Anſchläge nicht vollſtändig geleiſtet, ſo maß man
ihm auch darin einige Schuld bei. Dem Herzog von Lü-
neburg z. B. war die Berechnung ſeines Anſchlages niemals
zugekommen. Aber überdieß! Anzufangen, ohne ſeiner Sache
einigermaaßen ſicher zu ſeyn: ſein Glück auf den Aus-
ſchlag einer ſchweizeriſchen Tagſatzung zu wagen! Von dem

liegt ein Schreiben von dem nemlichen Datum bei. Auch er hat die
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[180/0198] Erſtes Buch. Allein er hatte ſich da in eine Unternehmung gewagt, welche ihn für ſeine allgemeinen und ſeine deutſchen Verhält- niſſe in die bedrängendſten Verwickelungen bringen ſollte. Unter den Schweizern regte ſich, trotz aller Verträge, beſonders durch Luzern aufrecht erhalten die franzöſiſche Faction doch wieder, ihre Truppen zögerten zu erſcheinen. Da nun auch die deutſchen Mannſchaften, und zwar haupt- ſächlich darum, weil man zwei Drittel des Fußvolks aus den Schweizern nehmen wollen, nur ſehr ſchwach waren, ſo geſchah, daß die Venezianer den Kräften des Reiches gegen- über doch gar bald in Vortheil kamen. Sie begnügten ſich nicht, die Deutſchen von ihrem Gebiet zu entfernen: ſie über- fielen den römiſchen Kaiſer in ſeiner eignen Landſchaft, da wo er am wenigſten auf einen Angriff gefaßt war: Görz, Wippach, Trieſt, 47 mehr oder minder feſte Orte nahmen ſie in Einem Augenblicke weg. In Deutſchland war man erſtaunt und beſtürzt. Nach Bewilligungen die ſo bedeutend geſchienen, nachdem ein Jeder noch einmal Anſtrengungen für das Reich gemacht, nach ſo großen Erwartungen erlebte man nichts als Schimpf und Schande. Mochte der Kaiſer auch ſagen, daß man ihm die Anſchläge nicht vollſtändig geleiſtet, ſo maß man ihm auch darin einige Schuld bei. Dem Herzog von Lü- neburg z. B. war die Berechnung ſeines Anſchlages niemals zugekommen. Aber überdieß! Anzufangen, ohne ſeiner Sache einigermaaßen ſicher zu ſeyn: ſein Glück auf den Aus- ſchlag einer ſchweizeriſchen Tagſatzung zu wagen! Von dem 3 3 liegt ein Schreiben von dem nemlichen Datum bei. Auch er hat die beſte Hoffnung.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/198>, abgerufen am 22.11.2024.