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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Costnitz 1507.
Land und Leuten, an Städten und Schlössern erobert werde,
solle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.

Bei diesem guten Einverständniß in Hinsicht der aus-
wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den
innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln
alle jene Einrichtungen einer strengen Gemeinschaftlichkeit
aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer-
gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war
es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer-
gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte
nun schon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward
selbst ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Costnitz
vereinigte man sich das Kammergericht nach den Worm-
ser Beschlüssen wiederherzustellen. Mit der Präsentation
der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür-
sten: für die übrigen bediente man sich der in Augsburg
festgesetzten Kreiseintheilung, so daß sie doch nicht ganz
in Vergessenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die
Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden solle.
Maximilian meinte, man werde am besten thun jeden Bei-
sitzer an seine Herrschaft zu verweisen; er selbst wollte Kam-
merrichter und Canzlei über sich nehmen. Ohne Zweifel aber
hatten die Stände Recht, wenn sie das Vorherrschen der
Particularinteressen, das hiedurch befördert worden wäre,
vermieden zu sehen wünschten; 2 sie erboten sich, einen

1 Harpprecht II, § 240. § 253.
2 "es sy not, das Cammergerichte als ain versampt Wesen
von ainem Wesen unterhalten und derselbtige vnderhaltung nit zerteilt
werden." Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.

Reichstag zu Coſtnitz 1507.
Land und Leuten, an Städten und Schlöſſern erobert werde,
ſolle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.

Bei dieſem guten Einverſtändniß in Hinſicht der aus-
wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den
innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln
alle jene Einrichtungen einer ſtrengen Gemeinſchaftlichkeit
aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer-
gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war
es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer-
gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte
nun ſchon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward
ſelbſt ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Coſtnitz
vereinigte man ſich das Kammergericht nach den Worm-
ſer Beſchlüſſen wiederherzuſtellen. Mit der Präſentation
der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür-
ſten: für die übrigen bediente man ſich der in Augsburg
feſtgeſetzten Kreiseintheilung, ſo daß ſie doch nicht ganz
in Vergeſſenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die
Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden ſolle.
Maximilian meinte, man werde am beſten thun jeden Bei-
ſitzer an ſeine Herrſchaft zu verweiſen; er ſelbſt wollte Kam-
merrichter und Canzlei über ſich nehmen. Ohne Zweifel aber
hatten die Stände Recht, wenn ſie das Vorherrſchen der
Particularintereſſen, das hiedurch befördert worden wäre,
vermieden zu ſehen wünſchten; 2 ſie erboten ſich, einen

1 Harpprecht II, § 240. § 253.
2 „es ſy not, das Cammergerichte als ain verſampt Weſen
von ainem Weſen unterhalten und derſelbtige vnderhaltung nit zerteilt
werden.“ Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.
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[173/0191] Reichstag zu Coſtnitz 1507. Land und Leuten, an Städten und Schlöſſern erobert werde, ſolle auf ewig bei dem Reiche verbleiben. Bei dieſem guten Einverſtändniß in Hinſicht der aus- wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln alle jene Einrichtungen einer ſtrengen Gemeinſchaftlichkeit aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer- gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer- gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte nun ſchon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward ſelbſt ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Coſtnitz vereinigte man ſich das Kammergericht nach den Worm- ſer Beſchlüſſen wiederherzuſtellen. Mit der Präſentation der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür- ſten: für die übrigen bediente man ſich der in Augsburg feſtgeſetzten Kreiseintheilung, ſo daß ſie doch nicht ganz in Vergeſſenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden ſolle. Maximilian meinte, man werde am beſten thun jeden Bei- ſitzer an ſeine Herrſchaft zu verweiſen; er ſelbſt wollte Kam- merrichter und Canzlei über ſich nehmen. Ohne Zweifel aber hatten die Stände Recht, wenn ſie das Vorherrſchen der Particularintereſſen, das hiedurch befördert worden wäre, vermieden zu ſehen wünſchten; 2 ſie erboten ſich, einen 1 Harpprecht II, § 240. § 253. 2 „es ſy not, das Cammergerichte als ain verſampt Weſen von ainem Weſen unterhalten und derſelbtige vnderhaltung nit zerteilt werden.“ Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/191>, abgerufen am 24.11.2024.