Land und Leuten, an Städten und Schlössern erobert werde, solle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.
Bei diesem guten Einverständniß in Hinsicht der aus- wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln alle jene Einrichtungen einer strengen Gemeinschaftlichkeit aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer- gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer- gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte nun schon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward selbst ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Costnitz vereinigte man sich das Kammergericht nach den Worm- ser Beschlüssen wiederherzustellen. Mit der Präsentation der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür- sten: für die übrigen bediente man sich der in Augsburg festgesetzten Kreiseintheilung, so daß sie doch nicht ganz in Vergessenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden solle. Maximilian meinte, man werde am besten thun jeden Bei- sitzer an seine Herrschaft zu verweisen; er selbst wollte Kam- merrichter und Canzlei über sich nehmen. Ohne Zweifel aber hatten die Stände Recht, wenn sie das Vorherrschen der Particularinteressen, das hiedurch befördert worden wäre, vermieden zu sehen wünschten; 2 sie erboten sich, einen
1 Harpprecht II, § 240. § 253.
2 "es sy not, das Cammergerichte als ain versampt Wesen von ainem Wesen unterhalten und derselbtige vnderhaltung nit zerteilt werden." Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.
Reichstag zu Coſtnitz 1507.
Land und Leuten, an Städten und Schlöſſern erobert werde, ſolle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.
Bei dieſem guten Einverſtändniß in Hinſicht der aus- wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln alle jene Einrichtungen einer ſtrengen Gemeinſchaftlichkeit aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer- gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer- gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte nun ſchon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward ſelbſt ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Coſtnitz vereinigte man ſich das Kammergericht nach den Worm- ſer Beſchlüſſen wiederherzuſtellen. Mit der Präſentation der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür- ſten: für die übrigen bediente man ſich der in Augsburg feſtgeſetzten Kreiseintheilung, ſo daß ſie doch nicht ganz in Vergeſſenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden ſolle. Maximilian meinte, man werde am beſten thun jeden Bei- ſitzer an ſeine Herrſchaft zu verweiſen; er ſelbſt wollte Kam- merrichter und Canzlei über ſich nehmen. Ohne Zweifel aber hatten die Stände Recht, wenn ſie das Vorherrſchen der Particularintereſſen, das hiedurch befördert worden wäre, vermieden zu ſehen wünſchten; 2 ſie erboten ſich, einen
1 Harpprecht II, § 240. § 253.
2 „es ſy not, das Cammergerichte als ain verſampt Weſen von ainem Weſen unterhalten und derſelbtige vnderhaltung nit zerteilt werden.“ Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0191"n="173"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Reichstag zu Coſtnitz</hi> 1507.</fw><lb/>
Land und Leuten, an Städten und Schlöſſern erobert werde,<lb/>ſolle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.</p><lb/><p>Bei dieſem guten Einverſtändniß in Hinſicht der aus-<lb/>
wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den<lb/>
innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln<lb/>
alle jene Einrichtungen einer ſtrengen Gemeinſchaftlichkeit<lb/>
aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer-<lb/>
gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war<lb/>
es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer-<lb/>
gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte<lb/>
nun ſchon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward<lb/>ſelbſt ihr Wartegeld entzogen. <noteplace="foot"n="1">Harpprecht <hirendition="#aq">II,</hi> § 240. § 253.</note> Jetzt aber, zu Coſtnitz<lb/>
vereinigte man ſich das Kammergericht nach den Worm-<lb/>ſer Beſchlüſſen wiederherzuſtellen. Mit der Präſentation<lb/>
der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür-<lb/>ſten: für die übrigen bediente man ſich der in Augsburg<lb/>
feſtgeſetzten Kreiseintheilung, ſo daß ſie doch nicht ganz<lb/>
in Vergeſſenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die<lb/>
Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden ſolle.<lb/>
Maximilian meinte, man werde am beſten thun jeden Bei-<lb/>ſitzer an ſeine Herrſchaft zu verweiſen; er ſelbſt wollte Kam-<lb/>
merrichter und Canzlei über ſich nehmen. Ohne Zweifel aber<lb/>
hatten die Stände Recht, wenn ſie das Vorherrſchen der<lb/>
Particularintereſſen, das hiedurch befördert worden wäre,<lb/>
vermieden zu ſehen wünſchten; <noteplace="foot"n="2">„es ſy not, das Cammergerichte als ain verſampt Weſen<lb/>
von ainem Weſen unterhalten und derſelbtige vnderhaltung nit zerteilt<lb/>
werden.“ Protocoll des Reichstages bei Harpprecht <hirendition="#aq">II, p.</hi> 443.</note>ſie erboten ſich, einen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[173/0191]
Reichstag zu Coſtnitz 1507.
Land und Leuten, an Städten und Schlöſſern erobert werde,
ſolle auf ewig bei dem Reiche verbleiben.
Bei dieſem guten Einverſtändniß in Hinſicht der aus-
wärtigen Angelegenheiten kam man nun auch in den
innern einen Schritt weiter. Indem man in Cölln
alle jene Einrichtungen einer ſtrengen Gemeinſchaftlichkeit
aufgab, hatte man doch eine Erneuerung des Kammer-
gerichts für nothwendig gehalten. Noch immer aber war
es dazu nicht gekommen; auch jenes königliche Kammer-
gericht, welches Maximilian auf eigne Hand errichtet, hatte
nun ſchon drei Jahr lang Ferien; den Procuratoren ward
ſelbſt ihr Wartegeld entzogen. 1 Jetzt aber, zu Coſtnitz
vereinigte man ſich das Kammergericht nach den Worm-
ſer Beſchlüſſen wiederherzuſtellen. Mit der Präſentation
der Mitglieder blieb es bei den Vorrechten der Churfür-
ſten: für die übrigen bediente man ſich der in Augsburg
feſtgeſetzten Kreiseintheilung, ſo daß ſie doch nicht ganz
in Vergeſſenheit kam; der Städte ward nicht gedacht. Die
Frage war nun, wie dieß Gericht unterhalten werden ſolle.
Maximilian meinte, man werde am beſten thun jeden Bei-
ſitzer an ſeine Herrſchaft zu verweiſen; er ſelbſt wollte Kam-
merrichter und Canzlei über ſich nehmen. Ohne Zweifel aber
hatten die Stände Recht, wenn ſie das Vorherrſchen der
Particularintereſſen, das hiedurch befördert worden wäre,
vermieden zu ſehen wünſchten; 2 ſie erboten ſich, einen
1 Harpprecht II, § 240. § 253.
2 „es ſy not, das Cammergerichte als ain verſampt Weſen
von ainem Weſen unterhalten und derſelbtige vnderhaltung nit zerteilt
werden.“ Protocoll des Reichstages bei Harpprecht II, p. 443.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/191>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.