Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichstag zu Costnitz 1507.
jung, um auf sie Rücksicht zu nehmen. Um so freudiger konn-
ten sie sich an ihren König anschließen. Die jungen Fürsten
hofften in seinem Dienst neue große Lehen zu erwerben.

Am 27sten April 1507 1 eröffnete Maximilian den
Reichstag zu Costnitz, gleich in der Nähe von Italien.
Niemals war auch er selbst von der Würde seiner Stel-
lung überzeugter gewesen, als in diesem Augenblick. Mit
einer Art von Scham erklärte er, er wolle kein kleiner
Reiter mehr seyn, aller geringen Händel wolle er sich ent-
schlagen und sich nur die großen angelegen seyn lassen.
Er gab zu erkennen, daß er nicht bloß den Durchzug zu
erzwingen, sondern einen entscheidenden Kampf um die
Herrschaft von Italien zu beginnen gedenke. Deutschland
sey so mächtig daß es sich nichts bieten lassen dürfe: es
habe unzählbare Fußvölker und wenigstens 60000 reisige
Pferde: man müsse sich des Kaiserthums endlich einmal
auf immer versichern. Auf das große Geschütz werde es
ankommen, dort auf der Tiberbrücke werde die rechte Rit-
terschaft sich ausweisen. Er führte das alles mit leben-
diger vertrauensvoller Beredsamkeit aus. "Ich wollte,"
schrieb Eitelwolf von Stein dem Churfürsten von Bran-
denburg, "Ew. Gnaden hätten ihm zugehört."

Die Stände erwiederten, sie seyen entschlossen, nach
ihrem Vermögen zur Erlangung der kaiserlichen Krone bei-
zutragen. 2


1 Dienstag nach Marci. Schreiben von Eitelwolf von Stein
an den Churfürsten von Brandenburg 6 April 1507 im Berl. A. Die
bisherigen Angaben sind unrichtig.
2 Antwort der Stände Frankf. AA. Tom. 23. sie syen uf

Reichstag zu Coſtnitz 1507.
jung, um auf ſie Rückſicht zu nehmen. Um ſo freudiger konn-
ten ſie ſich an ihren König anſchließen. Die jungen Fürſten
hofften in ſeinem Dienſt neue große Lehen zu erwerben.

Am 27ſten April 1507 1 eröffnete Maximilian den
Reichstag zu Coſtnitz, gleich in der Nähe von Italien.
Niemals war auch er ſelbſt von der Würde ſeiner Stel-
lung überzeugter geweſen, als in dieſem Augenblick. Mit
einer Art von Scham erklärte er, er wolle kein kleiner
Reiter mehr ſeyn, aller geringen Händel wolle er ſich ent-
ſchlagen und ſich nur die großen angelegen ſeyn laſſen.
Er gab zu erkennen, daß er nicht bloß den Durchzug zu
erzwingen, ſondern einen entſcheidenden Kampf um die
Herrſchaft von Italien zu beginnen gedenke. Deutſchland
ſey ſo mächtig daß es ſich nichts bieten laſſen dürfe: es
habe unzählbare Fußvölker und wenigſtens 60000 reiſige
Pferde: man müſſe ſich des Kaiſerthums endlich einmal
auf immer verſichern. Auf das große Geſchütz werde es
ankommen, dort auf der Tiberbrücke werde die rechte Rit-
terſchaft ſich ausweiſen. Er führte das alles mit leben-
diger vertrauensvoller Beredſamkeit aus. „Ich wollte,“
ſchrieb Eitelwolf von Stein dem Churfürſten von Bran-
denburg, „Ew. Gnaden hätten ihm zugehört.“

Die Stände erwiederten, ſie ſeyen entſchloſſen, nach
ihrem Vermögen zur Erlangung der kaiſerlichen Krone bei-
zutragen. 2


1 Dienſtag nach Marci. Schreiben von Eitelwolf von Stein
an den Churfuͤrſten von Brandenburg 6 April 1507 im Berl. A. Die
bisherigen Angaben ſind unrichtig.
2 Antwort der Staͤnde Frankf. AA. Tom. 23. ſie ſyen uf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0189" n="171"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag zu Co&#x017F;tnitz</hi> 1507.</fw><lb/>
jung, um auf &#x017F;ie Rück&#x017F;icht zu nehmen. Um &#x017F;o freudiger konn-<lb/>
ten &#x017F;ie &#x017F;ich an ihren König an&#x017F;chließen. Die jungen Für&#x017F;ten<lb/>
hofften in &#x017F;einem Dien&#x017F;t neue große Lehen zu erwerben.</p><lb/>
          <p>Am 27&#x017F;ten April 1507 <note place="foot" n="1">Dien&#x017F;tag nach Marci. Schreiben von Eitelwolf von Stein<lb/>
an den Churfu&#x0364;r&#x017F;ten von Brandenburg 6 April 1507 im Berl. A. Die<lb/>
bisherigen Angaben &#x017F;ind unrichtig.</note> eröffnete Maximilian den<lb/>
Reichstag zu Co&#x017F;tnitz, gleich in der Nähe von Italien.<lb/>
Niemals war auch er &#x017F;elb&#x017F;t von der Würde &#x017F;einer Stel-<lb/>
lung überzeugter gewe&#x017F;en, als in die&#x017F;em Augenblick. Mit<lb/>
einer Art von Scham erklärte er, er wolle kein kleiner<lb/>
Reiter mehr &#x017F;eyn, aller geringen Händel wolle er &#x017F;ich ent-<lb/>
&#x017F;chlagen und &#x017F;ich nur die großen angelegen &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Er gab zu erkennen, daß er nicht bloß den Durchzug zu<lb/>
erzwingen, &#x017F;ondern einen ent&#x017F;cheidenden Kampf um die<lb/>
Herr&#x017F;chaft von Italien zu beginnen gedenke. Deut&#x017F;chland<lb/>
&#x017F;ey &#x017F;o mächtig daß es &#x017F;ich nichts bieten la&#x017F;&#x017F;en dürfe: es<lb/>
habe unzählbare Fußvölker und wenig&#x017F;tens 60000 rei&#x017F;ige<lb/>
Pferde: man mü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich des Kai&#x017F;erthums endlich einmal<lb/>
auf immer ver&#x017F;ichern. Auf das große Ge&#x017F;chütz werde es<lb/>
ankommen, dort auf der Tiberbrücke werde die rechte Rit-<lb/>
ter&#x017F;chaft &#x017F;ich auswei&#x017F;en. Er führte das alles mit leben-<lb/>
diger vertrauensvoller Bered&#x017F;amkeit aus. &#x201E;Ich wollte,&#x201C;<lb/>
&#x017F;chrieb Eitelwolf von Stein dem Churfür&#x017F;ten von Bran-<lb/>
denburg, &#x201E;Ew. Gnaden hätten ihm zugehört.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Die Stände erwiederten, &#x017F;ie &#x017F;eyen ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, nach<lb/>
ihrem Vermögen zur Erlangung der kai&#x017F;erlichen Krone bei-<lb/>
zutragen. <note xml:id="seg2pn_15_1" next="#seg2pn_15_2" place="foot" n="2">Antwort der Sta&#x0364;nde Frankf. AA. <hi rendition="#aq">Tom.</hi> 23. &#x017F;ie &#x017F;yen uf</note></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0189] Reichstag zu Coſtnitz 1507. jung, um auf ſie Rückſicht zu nehmen. Um ſo freudiger konn- ten ſie ſich an ihren König anſchließen. Die jungen Fürſten hofften in ſeinem Dienſt neue große Lehen zu erwerben. Am 27ſten April 1507 1 eröffnete Maximilian den Reichstag zu Coſtnitz, gleich in der Nähe von Italien. Niemals war auch er ſelbſt von der Würde ſeiner Stel- lung überzeugter geweſen, als in dieſem Augenblick. Mit einer Art von Scham erklärte er, er wolle kein kleiner Reiter mehr ſeyn, aller geringen Händel wolle er ſich ent- ſchlagen und ſich nur die großen angelegen ſeyn laſſen. Er gab zu erkennen, daß er nicht bloß den Durchzug zu erzwingen, ſondern einen entſcheidenden Kampf um die Herrſchaft von Italien zu beginnen gedenke. Deutſchland ſey ſo mächtig daß es ſich nichts bieten laſſen dürfe: es habe unzählbare Fußvölker und wenigſtens 60000 reiſige Pferde: man müſſe ſich des Kaiſerthums endlich einmal auf immer verſichern. Auf das große Geſchütz werde es ankommen, dort auf der Tiberbrücke werde die rechte Rit- terſchaft ſich ausweiſen. Er führte das alles mit leben- diger vertrauensvoller Beredſamkeit aus. „Ich wollte,“ ſchrieb Eitelwolf von Stein dem Churfürſten von Bran- denburg, „Ew. Gnaden hätten ihm zugehört.“ Die Stände erwiederten, ſie ſeyen entſchloſſen, nach ihrem Vermögen zur Erlangung der kaiſerlichen Krone bei- zutragen. 2 1 Dienſtag nach Marci. Schreiben von Eitelwolf von Stein an den Churfuͤrſten von Brandenburg 6 April 1507 im Berl. A. Die bisherigen Angaben ſind unrichtig. 2 Antwort der Staͤnde Frankf. AA. Tom. 23. ſie ſyen uf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/189
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/189>, abgerufen am 22.11.2024.