Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichstag zu Augsburg 1500.
weltliche Fürsten immer in gewissen Kreisen zusammenzufassen.
Man richtete deren sechs ein, die man anfangs wohl auch
Provinzen deutscher Nation nannte, Franken Baiern Schwa-
ben Oberrhein Westphalen und Niedersachsen, die indeß
noch nicht mit diesem Namen benannt, sondern nur durch
die einzelnen darin angesessenen Stände bezeichnet wurden. 1
Die Interessen, deren Sonderung ohnehin keinen Sinn ge-
habt hätte, wurden hiedurch näher vereinigt: auch Grafen
und Prälaten, auch die Städte wurden zu diesen Kreisen
gerechnet. Außerdem sollte nun aber auch immer ein geist-
licher und ein weltlicher Fürst, ein Graf und ein Prälat
persönlich zugegen seyn. Von Östreich und den Nieder-
landen sollten zwei Abgeordnete erscheinen. Der Städte
hatte man anfangs nicht besonders gedacht; wie man sie
denn auch der ursprünglichen Absicht zum Trotz später doch
nicht zu dem Kammergericht gezogen hatte. Allein sie fan-
den daß das ihnen höchst nachtheilig und um so unbilli-
ger sey, da das Aufbringen der Besoldungen ihnen am
meisten zur Last fallen werde; sie setzten durch, daß ihnen
zugestanden wurde, immer zwei Mitglieder in den Reichs-
rath zu senden: diejenigen wurden sogleich benannt, denen
abwechselnd dieß Vorrecht zustehen sollte; es waren Cölln
und Strasburg von den rheinischen, Augsburg und Ulm
von den schwäbischen, Nürnberg und Frankfurt von den
fränkischen, Lübeck und Goßlar von den sächsischen; -- denn
das ist das alte Reichsprinzip, daß jedes Recht sich so-
gleich in einer bestimmten Gestalt an eine bestimmte Stelle

1 Ordnung des Regiments zu Augsburg aufgericht, in den
Sammlungen der Reichsabschiede.

Reichstag zu Augsburg 1500.
weltliche Fürſten immer in gewiſſen Kreiſen zuſammenzufaſſen.
Man richtete deren ſechs ein, die man anfangs wohl auch
Provinzen deutſcher Nation nannte, Franken Baiern Schwa-
ben Oberrhein Weſtphalen und Niederſachſen, die indeß
noch nicht mit dieſem Namen benannt, ſondern nur durch
die einzelnen darin angeſeſſenen Stände bezeichnet wurden. 1
Die Intereſſen, deren Sonderung ohnehin keinen Sinn ge-
habt hätte, wurden hiedurch näher vereinigt: auch Grafen
und Prälaten, auch die Städte wurden zu dieſen Kreiſen
gerechnet. Außerdem ſollte nun aber auch immer ein geiſt-
licher und ein weltlicher Fürſt, ein Graf und ein Prälat
perſönlich zugegen ſeyn. Von Öſtreich und den Nieder-
landen ſollten zwei Abgeordnete erſcheinen. Der Städte
hatte man anfangs nicht beſonders gedacht; wie man ſie
denn auch der urſprünglichen Abſicht zum Trotz ſpäter doch
nicht zu dem Kammergericht gezogen hatte. Allein ſie fan-
den daß das ihnen höchſt nachtheilig und um ſo unbilli-
ger ſey, da das Aufbringen der Beſoldungen ihnen am
meiſten zur Laſt fallen werde; ſie ſetzten durch, daß ihnen
zugeſtanden wurde, immer zwei Mitglieder in den Reichs-
rath zu ſenden: diejenigen wurden ſogleich benannt, denen
abwechſelnd dieß Vorrecht zuſtehen ſollte; es waren Cölln
und Strasburg von den rheiniſchen, Augsburg und Ulm
von den ſchwäbiſchen, Nürnberg und Frankfurt von den
fränkiſchen, Lübeck und Goßlar von den ſächſiſchen; — denn
das iſt das alte Reichsprinzip, daß jedes Recht ſich ſo-
gleich in einer beſtimmten Geſtalt an eine beſtimmte Stelle

1 Ordnung des Regiments zu Augsburg aufgericht, in den
Sammlungen der Reichsabſchiede.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag zu Augsburg</hi> 1500.</fw><lb/>
weltliche Für&#x017F;ten immer in gewi&#x017F;&#x017F;en Krei&#x017F;en zu&#x017F;ammenzufa&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Man richtete deren &#x017F;echs ein, die man anfangs wohl auch<lb/>
Provinzen deut&#x017F;cher Nation nannte, Franken Baiern Schwa-<lb/>
ben Oberrhein We&#x017F;tphalen und Nieder&#x017F;ach&#x017F;en, die indeß<lb/>
noch nicht mit die&#x017F;em Namen benannt, &#x017F;ondern nur durch<lb/>
die einzelnen darin ange&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen Stände bezeichnet wurden. <note place="foot" n="1">Ordnung des Regiments zu Augsburg aufgericht, in den<lb/>
Sammlungen der Reichsab&#x017F;chiede.</note><lb/>
Die Intere&#x017F;&#x017F;en, deren Sonderung ohnehin keinen Sinn ge-<lb/>
habt hätte, wurden hiedurch näher vereinigt: auch Grafen<lb/>
und Prälaten, auch die Städte wurden zu die&#x017F;en Krei&#x017F;en<lb/>
gerechnet. Außerdem &#x017F;ollte nun aber auch immer ein gei&#x017F;t-<lb/>
licher und ein weltlicher Für&#x017F;t, ein Graf und ein Prälat<lb/>
per&#x017F;önlich zugegen &#x017F;eyn. Von Ö&#x017F;treich und den Nieder-<lb/>
landen &#x017F;ollten zwei Abgeordnete er&#x017F;cheinen. Der Städte<lb/>
hatte man anfangs nicht be&#x017F;onders gedacht; wie man &#x017F;ie<lb/>
denn auch der ur&#x017F;prünglichen Ab&#x017F;icht zum Trotz &#x017F;päter doch<lb/>
nicht zu dem Kammergericht gezogen hatte. Allein &#x017F;ie fan-<lb/>
den daß das ihnen höch&#x017F;t nachtheilig und um &#x017F;o unbilli-<lb/>
ger &#x017F;ey, da das Aufbringen der Be&#x017F;oldungen ihnen am<lb/>
mei&#x017F;ten zur La&#x017F;t fallen werde; &#x017F;ie &#x017F;etzten durch, daß ihnen<lb/>
zuge&#x017F;tanden wurde, immer zwei Mitglieder in den Reichs-<lb/>
rath zu &#x017F;enden: diejenigen wurden &#x017F;ogleich benannt, denen<lb/>
abwech&#x017F;elnd dieß Vorrecht zu&#x017F;tehen &#x017F;ollte; es waren Cölln<lb/>
und Strasburg von den rheini&#x017F;chen, Augsburg und Ulm<lb/>
von den &#x017F;chwäbi&#x017F;chen, Nürnberg und Frankfurt von den<lb/>
fränki&#x017F;chen, Lübeck und Goßlar von den &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen; &#x2014; denn<lb/>
das i&#x017F;t das alte Reichsprinzip, daß jedes Recht &#x017F;ich &#x017F;o-<lb/>
gleich in einer be&#x017F;timmten Ge&#x017F;talt an eine be&#x017F;timmte Stelle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0161] Reichstag zu Augsburg 1500. weltliche Fürſten immer in gewiſſen Kreiſen zuſammenzufaſſen. Man richtete deren ſechs ein, die man anfangs wohl auch Provinzen deutſcher Nation nannte, Franken Baiern Schwa- ben Oberrhein Weſtphalen und Niederſachſen, die indeß noch nicht mit dieſem Namen benannt, ſondern nur durch die einzelnen darin angeſeſſenen Stände bezeichnet wurden. 1 Die Intereſſen, deren Sonderung ohnehin keinen Sinn ge- habt hätte, wurden hiedurch näher vereinigt: auch Grafen und Prälaten, auch die Städte wurden zu dieſen Kreiſen gerechnet. Außerdem ſollte nun aber auch immer ein geiſt- licher und ein weltlicher Fürſt, ein Graf und ein Prälat perſönlich zugegen ſeyn. Von Öſtreich und den Nieder- landen ſollten zwei Abgeordnete erſcheinen. Der Städte hatte man anfangs nicht beſonders gedacht; wie man ſie denn auch der urſprünglichen Abſicht zum Trotz ſpäter doch nicht zu dem Kammergericht gezogen hatte. Allein ſie fan- den daß das ihnen höchſt nachtheilig und um ſo unbilli- ger ſey, da das Aufbringen der Beſoldungen ihnen am meiſten zur Laſt fallen werde; ſie ſetzten durch, daß ihnen zugeſtanden wurde, immer zwei Mitglieder in den Reichs- rath zu ſenden: diejenigen wurden ſogleich benannt, denen abwechſelnd dieß Vorrecht zuſtehen ſollte; es waren Cölln und Strasburg von den rheiniſchen, Augsburg und Ulm von den ſchwäbiſchen, Nürnberg und Frankfurt von den fränkiſchen, Lübeck und Goßlar von den ſächſiſchen; — denn das iſt das alte Reichsprinzip, daß jedes Recht ſich ſo- gleich in einer beſtimmten Geſtalt an eine beſtimmte Stelle 1 Ordnung des Regiments zu Augsburg aufgericht, in den Sammlungen der Reichsabſchiede.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/161
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/161>, abgerufen am 25.11.2024.