den Sachen des Reiches seine Aufmerksamkeit und Theil- nahme zu widmen bewogen.
Der Landfrieden ward mit neuen strengen Clauseln namentlich gegen die Verbündeten der Landfriedensbrecher vermehrt. Dem Kammerrichter ward das Recht ertheilt in besonders gefährlichen Fällen nach eignem Gutdünken Fürsten des Reiches zusammenzurufen, um sich ihrer Hülfe zu bedienen. Ein alter Vorschlag des Kammergerichts, das Repräsentationsrecht bei dem Erbe einzuführen, ward trotz des Widerspruchs, daß ein Drittel der Nation sich nach den dawider streitenden Satzungen des Sachsenspie- gels halte, endlich durchgesetzt. 1 Es ward auf eine Cri- minalordnung Bedacht genommen; besonders deshalb, weil man so häufig ohne vollkommen begründetes Recht To- desstrafen verhänge. Um den Verwirrungen des Münz- wesens Einhalt zu thun, ward der Beschluß gefaßt, alle Gulden in Schnitt und Gehalt den Gulden der rheini- schen Churfürsten gleichmäßig auszuprägen. Genug die- ser Reichstag zu Freiburg, der sich so stürmisch angelas- sen, ward allmählig der vielseitig thätigste, der noch vor- gekommen war.
Da war nur noch die Frage, wie die Stände die allgemein europäischen Angelegenheiten ansehen würden.
1 Ein die übrigen ergänzendes sehr wichtiges Protocoll bei Harpprecht II p. 341. In den Berliner Acten findet sich das Docu- ment, das Müller II, 442 mittheilt, unter dem Titel: Ein Leute- rung des Kammergerichts; jedoch mit einigen Zusätzen, z. B. "auf den Artikel der Succession der Töchter und Enkel halb, ist dieser Ar- tikel aufgeschoben worden bis auf kön. Majestät Zukunft." Die An- wesenheit des Königs selbst war nöthig um die Sache zu Ende zu bringen.
Erſtes Buch.
den Sachen des Reiches ſeine Aufmerkſamkeit und Theil- nahme zu widmen bewogen.
Der Landfrieden ward mit neuen ſtrengen Clauſeln namentlich gegen die Verbündeten der Landfriedensbrecher vermehrt. Dem Kammerrichter ward das Recht ertheilt in beſonders gefährlichen Fällen nach eignem Gutdünken Fürſten des Reiches zuſammenzurufen, um ſich ihrer Hülfe zu bedienen. Ein alter Vorſchlag des Kammergerichts, das Repräſentationsrecht bei dem Erbe einzuführen, ward trotz des Widerſpruchs, daß ein Drittel der Nation ſich nach den dawider ſtreitenden Satzungen des Sachſenſpie- gels halte, endlich durchgeſetzt. 1 Es ward auf eine Cri- minalordnung Bedacht genommen; beſonders deshalb, weil man ſo häufig ohne vollkommen begründetes Recht To- desſtrafen verhänge. Um den Verwirrungen des Münz- weſens Einhalt zu thun, ward der Beſchluß gefaßt, alle Gulden in Schnitt und Gehalt den Gulden der rheini- ſchen Churfürſten gleichmäßig auszuprägen. Genug die- ſer Reichstag zu Freiburg, der ſich ſo ſtürmiſch angelaſ- ſen, ward allmählig der vielſeitig thätigſte, der noch vor- gekommen war.
Da war nur noch die Frage, wie die Stände die allgemein europäiſchen Angelegenheiten anſehen würden.
1 Ein die uͤbrigen ergaͤnzendes ſehr wichtiges Protocoll bei Harpprecht II p. 341. In den Berliner Acten findet ſich das Docu- ment, das Muͤller II, 442 mittheilt, unter dem Titel: Ein Leute- rung des Kammergerichts; jedoch mit einigen Zuſaͤtzen, z. B. „auf den Artikel der Succeſſion der Toͤchter und Enkel halb, iſt dieſer Ar- tikel aufgeſchoben worden bis auf koͤn. Majeſtaͤt Zukunft.“ Die An- weſenheit des Koͤnigs ſelbſt war noͤthig um die Sache zu Ende zu bringen.
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Erſtes Buch.
den Sachen des Reiches ſeine Aufmerkſamkeit und Theil-
nahme zu widmen bewogen.
Der Landfrieden ward mit neuen ſtrengen Clauſeln
namentlich gegen die Verbündeten der Landfriedensbrecher
vermehrt. Dem Kammerrichter ward das Recht ertheilt
in beſonders gefährlichen Fällen nach eignem Gutdünken
Fürſten des Reiches zuſammenzurufen, um ſich ihrer Hülfe
zu bedienen. Ein alter Vorſchlag des Kammergerichts,
das Repräſentationsrecht bei dem Erbe einzuführen, ward
trotz des Widerſpruchs, daß ein Drittel der Nation ſich
nach den dawider ſtreitenden Satzungen des Sachſenſpie-
gels halte, endlich durchgeſetzt. 1 Es ward auf eine Cri-
minalordnung Bedacht genommen; beſonders deshalb, weil
man ſo häufig ohne vollkommen begründetes Recht To-
desſtrafen verhänge. Um den Verwirrungen des Münz-
weſens Einhalt zu thun, ward der Beſchluß gefaßt, alle
Gulden in Schnitt und Gehalt den Gulden der rheini-
ſchen Churfürſten gleichmäßig auszuprägen. Genug die-
ſer Reichstag zu Freiburg, der ſich ſo ſtürmiſch angelaſ-
ſen, ward allmählig der vielſeitig thätigſte, der noch vor-
gekommen war.
Da war nur noch die Frage, wie die Stände die
allgemein europäiſchen Angelegenheiten anſehen würden.
1 Ein die uͤbrigen ergaͤnzendes ſehr wichtiges Protocoll bei
Harpprecht II p. 341. In den Berliner Acten findet ſich das Docu-
ment, das Muͤller II, 442 mittheilt, unter dem Titel: Ein Leute-
rung des Kammergerichts; jedoch mit einigen Zuſaͤtzen, z. B. „auf
den Artikel der Succeſſion der Toͤchter und Enkel halb, iſt dieſer Ar-
tikel aufgeſchoben worden bis auf koͤn. Majeſtaͤt Zukunft.“ Die An-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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