in Parabeln mit uns zu sprechen, wie Christus mit den Jüngern." Sie baten ihn, seine Anträge vor die Reichs- versammlung zu bringen, die darüber berathen werde. 1
Sonderbare Vereinigung dieses Königs mit dieser Ver- sammlung! Maximilian lebt vor allem im Interesse seines Hauses, in Anschauung der großen europäischen Verhält- nisse, im Gefühl, daß er die höchste Würde der Christen- heit trägt, die jedoch eben gefährdet ist; er ist ehrgeizig, kriegslustig, geldbedürftig. Die Versammlung hat dagegen die innern Verhältnisse im Auge; sie möchte vor allen Dingen Ordnung und Recht im Reiche machen; sie ist bedächtig, friedfertig, sparsam. Sie will den König be- schränken und festhalten: er will sie entflammen und fort- reißen.
Es gehörte die ganze Klugheit, Mäßigung und Über- legenheit dazu, welche der Erzbischof von Mainz besaß, um es nicht zu einem Bruch kommen zu lassen.
Den König gewann er damit, daß er ihm die Aus- sicht auf den Ertrag des gemeinen Pfennigs zeigte. Er setzte durch daß die Versammlung dem König unverzüg- liche Zahlung der einst zu Worms zugesagten Summe ver- sprach, vorausgesetzt daß er durch Vorgang und Beihülfe zur vollständigern Einbringung der Auflage behülflich sey. Es kam hierüber zu ausführlichen Erörterungen. Ein Je- der mußte angeben, wie weit er mit dem gemeinen Pfennig
1 Das Brandenburger Protocoll, das auch für den Reichstag von Freiburg unsre vornehmste Quelle ist, fügt hinzu: der König habe geredet "mit viel wunderlichen Worten und Gebehrden, ganz dunkel und unverständlich."
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Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 98.
in Parabeln mit uns zu ſprechen, wie Chriſtus mit den Jüngern.“ Sie baten ihn, ſeine Anträge vor die Reichs- verſammlung zu bringen, die darüber berathen werde. 1
Sonderbare Vereinigung dieſes Königs mit dieſer Ver- ſammlung! Maximilian lebt vor allem im Intereſſe ſeines Hauſes, in Anſchauung der großen europäiſchen Verhält- niſſe, im Gefühl, daß er die höchſte Würde der Chriſten- heit trägt, die jedoch eben gefährdet iſt; er iſt ehrgeizig, kriegsluſtig, geldbedürftig. Die Verſammlung hat dagegen die innern Verhältniſſe im Auge; ſie möchte vor allen Dingen Ordnung und Recht im Reiche machen; ſie iſt bedächtig, friedfertig, ſparſam. Sie will den König be- ſchränken und feſthalten: er will ſie entflammen und fort- reißen.
Es gehörte die ganze Klugheit, Mäßigung und Über- legenheit dazu, welche der Erzbiſchof von Mainz beſaß, um es nicht zu einem Bruch kommen zu laſſen.
Den König gewann er damit, daß er ihm die Aus- ſicht auf den Ertrag des gemeinen Pfennigs zeigte. Er ſetzte durch daß die Verſammlung dem König unverzüg- liche Zahlung der einſt zu Worms zugeſagten Summe ver- ſprach, vorausgeſetzt daß er durch Vorgang und Beihülfe zur vollſtändigern Einbringung der Auflage behülflich ſey. Es kam hierüber zu ausführlichen Erörterungen. Ein Je- der mußte angeben, wie weit er mit dem gemeinen Pfennig
1 Das Brandenburger Protocoll, das auch fuͤr den Reichstag von Freiburg unſre vornehmſte Quelle iſt, fuͤgt hinzu: der Koͤnig habe geredet „mit viel wunderlichen Worten und Gebehrden, ganz dunkel und unverſtaͤndlich.“
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Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 98.
in Parabeln mit uns zu ſprechen, wie Chriſtus mit den
Jüngern.“ Sie baten ihn, ſeine Anträge vor die Reichs-
verſammlung zu bringen, die darüber berathen werde. 1
Sonderbare Vereinigung dieſes Königs mit dieſer Ver-
ſammlung! Maximilian lebt vor allem im Intereſſe ſeines
Hauſes, in Anſchauung der großen europäiſchen Verhält-
niſſe, im Gefühl, daß er die höchſte Würde der Chriſten-
heit trägt, die jedoch eben gefährdet iſt; er iſt ehrgeizig,
kriegsluſtig, geldbedürftig. Die Verſammlung hat dagegen
die innern Verhältniſſe im Auge; ſie möchte vor allen
Dingen Ordnung und Recht im Reiche machen; ſie iſt
bedächtig, friedfertig, ſparſam. Sie will den König be-
ſchränken und feſthalten: er will ſie entflammen und fort-
reißen.
Es gehörte die ganze Klugheit, Mäßigung und Über-
legenheit dazu, welche der Erzbiſchof von Mainz beſaß, um
es nicht zu einem Bruch kommen zu laſſen.
Den König gewann er damit, daß er ihm die Aus-
ſicht auf den Ertrag des gemeinen Pfennigs zeigte. Er
ſetzte durch daß die Verſammlung dem König unverzüg-
liche Zahlung der einſt zu Worms zugeſagten Summe ver-
ſprach, vorausgeſetzt daß er durch Vorgang und Beihülfe
zur vollſtändigern Einbringung der Auflage behülflich ſey.
Es kam hierüber zu ausführlichen Erörterungen. Ein Je-
der mußte angeben, wie weit er mit dem gemeinen Pfennig
1 Das Brandenburger Protocoll, das auch fuͤr den Reichstag
von Freiburg unſre vornehmſte Quelle iſt, fuͤgt hinzu: der Koͤnig
habe geredet „mit viel wunderlichen Worten und Gebehrden, ganz
dunkel und unverſtaͤndlich.“
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/149>, abgerufen am 16.02.2025.
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