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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.

Ideen, die einen sehr lebendigen Gemeingeist verrathen.
Denn keineswegs der König allein wäre hiedurch beschränkt
worden. Die allgemein vaterländischen Interessen hätten
eine Repräsentation empfangen bei welcher keine Absonde-
rung hätte bestehn können. Wie sehr läuft schon der Ge-
danke einer allgemeinen Reichsauflage, durch die Pfarrer
zu sammeln und von diesen den Bischöfen zu überantwor-
ten, der Entwickelung der Territorialhoheit entgegen. Wer
von allen wäre so mächtig gewesen, sich einer Reichsge-
walt zu widersetzen, wie diese hätte werden müssen!

Zunächst aber wäre doch die Gewalt des Königs,
zwar nicht die welche er in den gewöhnlichen Verwirrun-
gen ausübte, aber die welche er für bessere Zeiten in An-
spruch nahm, beschränkt worden.

Es kam nun darauf an, was er zu diesem Entwurfe
sagen würde. Lange ließ er auf seine Antwort warten.
Die Belehnungen die er ertheilte, die ritterlichen Festlich-
keiten die von ihm oder für ihn veranstaltet wurden, die
mancherlei Sessionsirrungen deutscher Fürsten die er beizu-
legen hatte, beschäftigten ihn vollauf. Erst am 22sten Juny
trat er mit seiner Antwort hervor, die er für eine Verbes-
serung des Entwurfes ausgab. Betrachtete man sie aber
näher, so hob sie denselben vollständig auf. Er hatte an-
fangs gesagt, er wolle den Entwurf annehmen vorbehalten
seine oberherrlichen Rechte, jetzt zeigte sich, daß er diese
in jedem Artikel verletzt glaubte. Ich will ein Beispiel

gemeldten Rathes aller Gelübd und Aide -- damit sie uns oder
inen (denen von welchen sie gesetzt worden) verbunden oder verstrickt
wären, genntzlich ledig seyn. --
Erſtes Buch.

Ideen, die einen ſehr lebendigen Gemeingeiſt verrathen.
Denn keineswegs der König allein wäre hiedurch beſchränkt
worden. Die allgemein vaterländiſchen Intereſſen hätten
eine Repräſentation empfangen bei welcher keine Abſonde-
rung hätte beſtehn können. Wie ſehr läuft ſchon der Ge-
danke einer allgemeinen Reichsauflage, durch die Pfarrer
zu ſammeln und von dieſen den Biſchöfen zu überantwor-
ten, der Entwickelung der Territorialhoheit entgegen. Wer
von allen wäre ſo mächtig geweſen, ſich einer Reichsge-
walt zu widerſetzen, wie dieſe hätte werden müſſen!

Zunächſt aber wäre doch die Gewalt des Königs,
zwar nicht die welche er in den gewöhnlichen Verwirrun-
gen ausübte, aber die welche er für beſſere Zeiten in An-
ſpruch nahm, beſchränkt worden.

Es kam nun darauf an, was er zu dieſem Entwurfe
ſagen würde. Lange ließ er auf ſeine Antwort warten.
Die Belehnungen die er ertheilte, die ritterlichen Feſtlich-
keiten die von ihm oder für ihn veranſtaltet wurden, die
mancherlei Seſſionsirrungen deutſcher Fürſten die er beizu-
legen hatte, beſchäftigten ihn vollauf. Erſt am 22ſten Juny
trat er mit ſeiner Antwort hervor, die er für eine Verbeſ-
ſerung des Entwurfes ausgab. Betrachtete man ſie aber
näher, ſo hob ſie denſelben vollſtändig auf. Er hatte an-
fangs geſagt, er wolle den Entwurf annehmen vorbehalten
ſeine oberherrlichen Rechte, jetzt zeigte ſich, daß er dieſe
in jedem Artikel verletzt glaubte. Ich will ein Beiſpiel

gemeldten Rathes aller Geluͤbd und Aide — damit ſie uns oder
inen (denen von welchen ſie geſetzt worden) verbunden oder verſtrickt
waͤren, genntzlich ledig ſeyn. —
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[110/0128] Erſtes Buch. Ideen, die einen ſehr lebendigen Gemeingeiſt verrathen. Denn keineswegs der König allein wäre hiedurch beſchränkt worden. Die allgemein vaterländiſchen Intereſſen hätten eine Repräſentation empfangen bei welcher keine Abſonde- rung hätte beſtehn können. Wie ſehr läuft ſchon der Ge- danke einer allgemeinen Reichsauflage, durch die Pfarrer zu ſammeln und von dieſen den Biſchöfen zu überantwor- ten, der Entwickelung der Territorialhoheit entgegen. Wer von allen wäre ſo mächtig geweſen, ſich einer Reichsge- walt zu widerſetzen, wie dieſe hätte werden müſſen! Zunächſt aber wäre doch die Gewalt des Königs, zwar nicht die welche er in den gewöhnlichen Verwirrun- gen ausübte, aber die welche er für beſſere Zeiten in An- ſpruch nahm, beſchränkt worden. Es kam nun darauf an, was er zu dieſem Entwurfe ſagen würde. Lange ließ er auf ſeine Antwort warten. Die Belehnungen die er ertheilte, die ritterlichen Feſtlich- keiten die von ihm oder für ihn veranſtaltet wurden, die mancherlei Seſſionsirrungen deutſcher Fürſten die er beizu- legen hatte, beſchäftigten ihn vollauf. Erſt am 22ſten Juny trat er mit ſeiner Antwort hervor, die er für eine Verbeſ- ſerung des Entwurfes ausgab. Betrachtete man ſie aber näher, ſo hob ſie denſelben vollſtändig auf. Er hatte an- fangs geſagt, er wolle den Entwurf annehmen vorbehalten ſeine oberherrlichen Rechte, jetzt zeigte ſich, daß er dieſe in jedem Artikel verletzt glaubte. Ich will ein Beiſpiel 2 2 gemeldten Rathes aller Geluͤbd und Aide — damit ſie uns oder inen (denen von welchen ſie geſetzt worden) verbunden oder verſtrickt waͤren, genntzlich ledig ſeyn. —

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/128>, abgerufen am 22.11.2024.