Es läßt sich nicht läugnen, daß er damit Gedanken anregte, auf deren Ausführung es eben ankam. Die Ideen welche die Welt in Bewegung setzen sollen, kündigen sich immer erst in einzelnen hervorleuchtenden Geistern an. Im Laufe der Zeiten trat man nun ihrer Ausführung auch von Seiten der Reichsgewalten näher.
Schon 1486 ist ein dahin zielender Entwurf vorgekom- men, den ich jedoch nicht gesehen habe. Dagegen findet sich im Dresdner Archiv ein Rathschlag vom Jahr 1491, in welchem man, nicht mehr zufrieden mit den Entwürfen zum Kammergericht, eine gemeinschaftliche Reichsregierung und Kriegsverfassung, ziemlich übereinstimmend mit den Ideen des Nicolaus von Kus in Antrag bringt. Eine jedes Jahr wiederkehrende Reichsversammlung sollte die wichtigsten Ge- schäfte der allgemeinen Regierung besorgen; eine jeden Au- genblick zum Schlagen fertige Kriegsmacht sollte aufgestellt werden, nach sechs Kreisen, in die das Reich einzutheilen wäre, unter zwölf Hauptleuten.
Mit der Thronbesteigung eines jungen geistreichen Für- sten nun, durch welche an die Stelle jener unüberwindli- chen Apathie des alten Kaisers Beweglichkeit und Neigung zu Neuerungen in der obersten Gewalt zur Herrschaft ka- men, traten auch Umstände ein, welche alle Ideen dieser Art in dem Oberhaupt und den Ständen beleben, erwei- tern mußten.
Maximilian selbst hatte sich so eben über einige sehr per- sönliche Beleidigungen des König Carl von Frankreich zu be- klagen. Dieser Fürst hätte sich in Kraft eines Friedensschlus- ses mit der Tochter Maximilians vermählen sollen: und sie
Erſtes Buch.
Es läßt ſich nicht läugnen, daß er damit Gedanken anregte, auf deren Ausführung es eben ankam. Die Ideen welche die Welt in Bewegung ſetzen ſollen, kündigen ſich immer erſt in einzelnen hervorleuchtenden Geiſtern an. Im Laufe der Zeiten trat man nun ihrer Ausführung auch von Seiten der Reichsgewalten näher.
Schon 1486 iſt ein dahin zielender Entwurf vorgekom- men, den ich jedoch nicht geſehen habe. Dagegen findet ſich im Dresdner Archiv ein Rathſchlag vom Jahr 1491, in welchem man, nicht mehr zufrieden mit den Entwürfen zum Kammergericht, eine gemeinſchaftliche Reichsregierung und Kriegsverfaſſung, ziemlich übereinſtimmend mit den Ideen des Nicolaus von Kus in Antrag bringt. Eine jedes Jahr wiederkehrende Reichsverſammlung ſollte die wichtigſten Ge- ſchäfte der allgemeinen Regierung beſorgen; eine jeden Au- genblick zum Schlagen fertige Kriegsmacht ſollte aufgeſtellt werden, nach ſechs Kreiſen, in die das Reich einzutheilen wäre, unter zwölf Hauptleuten.
Mit der Thronbeſteigung eines jungen geiſtreichen Für- ſten nun, durch welche an die Stelle jener unüberwindli- chen Apathie des alten Kaiſers Beweglichkeit und Neigung zu Neuerungen in der oberſten Gewalt zur Herrſchaft ka- men, traten auch Umſtände ein, welche alle Ideen dieſer Art in dem Oberhaupt und den Ständen beleben, erwei- tern mußten.
Maximilian ſelbſt hatte ſich ſo eben über einige ſehr per- ſönliche Beleidigungen des König Carl von Frankreich zu be- klagen. Dieſer Fürſt hätte ſich in Kraft eines Friedensſchluſ- ſes mit der Tochter Maximilians vermählen ſollen: und ſie
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Erſtes Buch.
Es läßt ſich nicht läugnen, daß er damit Gedanken
anregte, auf deren Ausführung es eben ankam. Die Ideen
welche die Welt in Bewegung ſetzen ſollen, kündigen ſich
immer erſt in einzelnen hervorleuchtenden Geiſtern an. Im
Laufe der Zeiten trat man nun ihrer Ausführung auch von
Seiten der Reichsgewalten näher.
Schon 1486 iſt ein dahin zielender Entwurf vorgekom-
men, den ich jedoch nicht geſehen habe. Dagegen findet ſich
im Dresdner Archiv ein Rathſchlag vom Jahr 1491, in
welchem man, nicht mehr zufrieden mit den Entwürfen zum
Kammergericht, eine gemeinſchaftliche Reichsregierung und
Kriegsverfaſſung, ziemlich übereinſtimmend mit den Ideen
des Nicolaus von Kus in Antrag bringt. Eine jedes Jahr
wiederkehrende Reichsverſammlung ſollte die wichtigſten Ge-
ſchäfte der allgemeinen Regierung beſorgen; eine jeden Au-
genblick zum Schlagen fertige Kriegsmacht ſollte aufgeſtellt
werden, nach ſechs Kreiſen, in die das Reich einzutheilen
wäre, unter zwölf Hauptleuten.
Mit der Thronbeſteigung eines jungen geiſtreichen Für-
ſten nun, durch welche an die Stelle jener unüberwindli-
chen Apathie des alten Kaiſers Beweglichkeit und Neigung
zu Neuerungen in der oberſten Gewalt zur Herrſchaft ka-
men, traten auch Umſtände ein, welche alle Ideen dieſer
Art in dem Oberhaupt und den Ständen beleben, erwei-
tern mußten.
Maximilian ſelbſt hatte ſich ſo eben über einige ſehr per-
ſönliche Beleidigungen des König Carl von Frankreich zu be-
klagen. Dieſer Fürſt hätte ſich in Kraft eines Friedensſchluſ-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/124>, abgerufen am 28.11.2024.
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