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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Grundlegung einer neuen Verfassung.
drei Collegien, das churfürstliche, das fürstliche und das
städtische; jeder Theil begab sich in sein besonderes Zim-
mer: die Antwort ward zuerst von dem churfürstlichen
Collegium entworfen und dann den beiden andern zur An-
nahme vorgelegt. Das ist denn später die Regel geblieben.

Es wäre auch in Deutschland möglich gewesen, wie
es in andern Ländern geschah, daß die Communen, die sich
auch bei uns als Leute des Kaisers, vorzugsweise als dessen
Unterthanen betrachteten, um ihn her sich zusammengeschlos-
sen, und im Gegensatz mit den höhern Ständen einen dritten
Stand, ein Unterhaus gebildet hätten. Noch Sigismund
vereinigte gern seine Klagen über die Fürstenmacht mit den
ihrigen, erinnerte sie daß das Reich nichts weiter habe
als sie, indem alles andre an die Fürsten gekommen, liebte
es mit ihnen besonders zu unterhandeln, lud sie wohl ein,
zu ihm zu kommen, ihm ihre Beschwerden vorzutragen. 1
Aber diese Sympathien zu entwickeln, eine feste Vereini-
gung in bestimmten Formen zu Stande zu bringen, dazu
war die kaiserliche Gewalt bei weitem zu schwach: sie
konnte den Städten den Schutz nicht gewähren, der in
ihnen ein freies Anschließen an das Reichsoberhaupt her-
vorgerufen und gerechtfertigt haben würde. Überhaupt nah-
men die deutschen Stände eine von andern sehr verschiedene
Gestalt an. Anderwärts pflegten geistliche und weltliche
Große in verschiedne Versammlungen auseinanderzutreten:

1 Vgl. Rede Sigmunds an die Rathsfreunde zu Frankfurt.
Abgedruckt bei Aschbach Geschichte Kaiser Sigmunds I, 453. Er
sagt da, er werde mit den Städten reden, "was ir Brest (Gebre-
chen) sy."

Grundlegung einer neuen Verfaſſung.
drei Collegien, das churfürſtliche, das fürſtliche und das
ſtädtiſche; jeder Theil begab ſich in ſein beſonderes Zim-
mer: die Antwort ward zuerſt von dem churfürſtlichen
Collegium entworfen und dann den beiden andern zur An-
nahme vorgelegt. Das iſt denn ſpäter die Regel geblieben.

Es wäre auch in Deutſchland möglich geweſen, wie
es in andern Ländern geſchah, daß die Communen, die ſich
auch bei uns als Leute des Kaiſers, vorzugsweiſe als deſſen
Unterthanen betrachteten, um ihn her ſich zuſammengeſchloſ-
ſen, und im Gegenſatz mit den höhern Ständen einen dritten
Stand, ein Unterhaus gebildet hätten. Noch Sigismund
vereinigte gern ſeine Klagen über die Fürſtenmacht mit den
ihrigen, erinnerte ſie daß das Reich nichts weiter habe
als ſie, indem alles andre an die Fürſten gekommen, liebte
es mit ihnen beſonders zu unterhandeln, lud ſie wohl ein,
zu ihm zu kommen, ihm ihre Beſchwerden vorzutragen. 1
Aber dieſe Sympathien zu entwickeln, eine feſte Vereini-
gung in beſtimmten Formen zu Stande zu bringen, dazu
war die kaiſerliche Gewalt bei weitem zu ſchwach: ſie
konnte den Städten den Schutz nicht gewähren, der in
ihnen ein freies Anſchließen an das Reichsoberhaupt her-
vorgerufen und gerechtfertigt haben würde. Überhaupt nah-
men die deutſchen Stände eine von andern ſehr verſchiedene
Geſtalt an. Anderwärts pflegten geiſtliche und weltliche
Große in verſchiedne Verſammlungen auseinanderzutreten:

1 Vgl. Rede Sigmunds an die Rathsfreunde zu Frankfurt.
Abgedruckt bei Aſchbach Geſchichte Kaiſer Sigmunds I, 453. Er
ſagt da, er werde mit den Staͤdten reden, „was ir Breſt (Gebre-
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[91/0109] Grundlegung einer neuen Verfaſſung. drei Collegien, das churfürſtliche, das fürſtliche und das ſtädtiſche; jeder Theil begab ſich in ſein beſonderes Zim- mer: die Antwort ward zuerſt von dem churfürſtlichen Collegium entworfen und dann den beiden andern zur An- nahme vorgelegt. Das iſt denn ſpäter die Regel geblieben. Es wäre auch in Deutſchland möglich geweſen, wie es in andern Ländern geſchah, daß die Communen, die ſich auch bei uns als Leute des Kaiſers, vorzugsweiſe als deſſen Unterthanen betrachteten, um ihn her ſich zuſammengeſchloſ- ſen, und im Gegenſatz mit den höhern Ständen einen dritten Stand, ein Unterhaus gebildet hätten. Noch Sigismund vereinigte gern ſeine Klagen über die Fürſtenmacht mit den ihrigen, erinnerte ſie daß das Reich nichts weiter habe als ſie, indem alles andre an die Fürſten gekommen, liebte es mit ihnen beſonders zu unterhandeln, lud ſie wohl ein, zu ihm zu kommen, ihm ihre Beſchwerden vorzutragen. 1 Aber dieſe Sympathien zu entwickeln, eine feſte Vereini- gung in beſtimmten Formen zu Stande zu bringen, dazu war die kaiſerliche Gewalt bei weitem zu ſchwach: ſie konnte den Städten den Schutz nicht gewähren, der in ihnen ein freies Anſchließen an das Reichsoberhaupt her- vorgerufen und gerechtfertigt haben würde. Überhaupt nah- men die deutſchen Stände eine von andern ſehr verſchiedene Geſtalt an. Anderwärts pflegten geiſtliche und weltliche Große in verſchiedne Verſammlungen auseinanderzutreten: 1 Vgl. Rede Sigmunds an die Rathsfreunde zu Frankfurt. Abgedruckt bei Aſchbach Geſchichte Kaiſer Sigmunds I, 453. Er ſagt da, er werde mit den Staͤdten reden, „was ir Breſt (Gebre- chen) ſy.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/109>, abgerufen am 24.11.2024.