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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.
der östreichischen Macht zuwider war, die an der Erhebung
Maximilians zum römischen König Anstoß nahm. Zu die-
ser Partei gehörte in Folge der italienischen Verwickelun-
gen auch Papst Innocenz VIII. Er versagte dem Kaiser
Hülfe gegen die Ungern, ja selbst gegen die Türken: dessen
Botschafter hatten ihn, wie Friedrich am Reichstage klagt,
"gar ungeschickt" befunden und nichts mit ihm ausrichten
können: 1 auch über die Besetzung des Stiftes Passau, so
wie über einen neu aufgelegten Zehnten war man in Dif-
ferenz mit dem Papst. Genug die Einwirkungen des rö-
mischen Stuhles hörten einen Augenblick auf. Seit lan-
ger Zeit zum ersten Male finden wir zahlreiche Versamm-
lungen deutscher Fürsten ohne Anwesenheit eines päpstli-
chen Gesandten.

Unter diesen Umständen begann man die Berathungen
mit besserer Aussicht auf nützliche Beschlüsse.

Man brauchte wie sich versteht, nicht von vorn an-
zufangen: man besaß schon alle Elemente eines großen Ge-
meinwesens. Die Reichstage wurden vorlängst als die
Mittelpuncte der Gesetzgebung und allgemeinen Verwaltung
betrachtet; es war ein Landfriede proclamirt; ein kaiserli-
ches Gericht war vorhanden; schon im Kriege gegen die
Hussiten hatte man eine Matrikel zur allgemeinen Reichs-
vertheidigung entworfen. Es kam nur darauf an, diesen
Instituten eine durchgreifende Wirksamkeit zu verschaffen,
an der es ihnen durchaus mangelte.

Darüber hat man nun in den Jahren 1486 bis 89
unaufhörlich Rath gepflogen. Die das deutsche Vaterland

1 Müller Reichstagstheater unter Friedrich III V, 122.

Erſtes Buch.
der öſtreichiſchen Macht zuwider war, die an der Erhebung
Maximilians zum römiſchen König Anſtoß nahm. Zu die-
ſer Partei gehörte in Folge der italieniſchen Verwickelun-
gen auch Papſt Innocenz VIII. Er verſagte dem Kaiſer
Hülfe gegen die Ungern, ja ſelbſt gegen die Türken: deſſen
Botſchafter hatten ihn, wie Friedrich am Reichstage klagt,
„gar ungeſchickt“ befunden und nichts mit ihm ausrichten
können: 1 auch über die Beſetzung des Stiftes Paſſau, ſo
wie über einen neu aufgelegten Zehnten war man in Dif-
ferenz mit dem Papſt. Genug die Einwirkungen des rö-
miſchen Stuhles hörten einen Augenblick auf. Seit lan-
ger Zeit zum erſten Male finden wir zahlreiche Verſamm-
lungen deutſcher Fürſten ohne Anweſenheit eines päpſtli-
chen Geſandten.

Unter dieſen Umſtänden begann man die Berathungen
mit beſſerer Ausſicht auf nützliche Beſchlüſſe.

Man brauchte wie ſich verſteht, nicht von vorn an-
zufangen: man beſaß ſchon alle Elemente eines großen Ge-
meinweſens. Die Reichstage wurden vorlängſt als die
Mittelpuncte der Geſetzgebung und allgemeinen Verwaltung
betrachtet; es war ein Landfriede proclamirt; ein kaiſerli-
ches Gericht war vorhanden; ſchon im Kriege gegen die
Huſſiten hatte man eine Matrikel zur allgemeinen Reichs-
vertheidigung entworfen. Es kam nur darauf an, dieſen
Inſtituten eine durchgreifende Wirkſamkeit zu verſchaffen,
an der es ihnen durchaus mangelte.

Darüber hat man nun in den Jahren 1486 bis 89
unaufhörlich Rath gepflogen. Die das deutſche Vaterland

1 Muͤller Reichstagstheater unter Friedrich III V, 122.
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[86/0104] Erſtes Buch. der öſtreichiſchen Macht zuwider war, die an der Erhebung Maximilians zum römiſchen König Anſtoß nahm. Zu die- ſer Partei gehörte in Folge der italieniſchen Verwickelun- gen auch Papſt Innocenz VIII. Er verſagte dem Kaiſer Hülfe gegen die Ungern, ja ſelbſt gegen die Türken: deſſen Botſchafter hatten ihn, wie Friedrich am Reichstage klagt, „gar ungeſchickt“ befunden und nichts mit ihm ausrichten können: 1 auch über die Beſetzung des Stiftes Paſſau, ſo wie über einen neu aufgelegten Zehnten war man in Dif- ferenz mit dem Papſt. Genug die Einwirkungen des rö- miſchen Stuhles hörten einen Augenblick auf. Seit lan- ger Zeit zum erſten Male finden wir zahlreiche Verſamm- lungen deutſcher Fürſten ohne Anweſenheit eines päpſtli- chen Geſandten. Unter dieſen Umſtänden begann man die Berathungen mit beſſerer Ausſicht auf nützliche Beſchlüſſe. Man brauchte wie ſich verſteht, nicht von vorn an- zufangen: man beſaß ſchon alle Elemente eines großen Ge- meinweſens. Die Reichstage wurden vorlängſt als die Mittelpuncte der Geſetzgebung und allgemeinen Verwaltung betrachtet; es war ein Landfriede proclamirt; ein kaiſerli- ches Gericht war vorhanden; ſchon im Kriege gegen die Huſſiten hatte man eine Matrikel zur allgemeinen Reichs- vertheidigung entworfen. Es kam nur darauf an, dieſen Inſtituten eine durchgreifende Wirkſamkeit zu verſchaffen, an der es ihnen durchaus mangelte. Darüber hat man nun in den Jahren 1486 bis 89 unaufhörlich Rath gepflogen. Die das deutſche Vaterland 1 Muͤller Reichstagstheater unter Friedrich III V, 122.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/104>, abgerufen am 22.11.2024.