teten, und der polnische Adel zu vollkommener Autonomie gelangte. So geschah es nun auch in Rom: eine zahl- reiche, mächtige und reiche Aristokratie umgibt den päpst- lichen Thron; die schon gebildeten Geschlechter beschränken das aufkommende; aus der Selbstbestimmung und durch- greifenden Kühnheit der Monarchie geht die geistliche Ge- walt in die Berathung, Ruhe und Gemächlichkeit einer aristokratischen Verfassung über.
Unter diesen Umständen nahm der Hof eine verän- derte Gestalt an. In jenem unaufhörlichen Zuströmen der Fremden, die daselbst ihr Glück suchten, in dem ewigen Wechsel der Emporkömmlinge trat ein sehr bemerklicher Stillstand ein; es hatte sich eine stehende Population ge- bildet, deren Erneuerung in einem bei weitem geringeren Maaße Statt fand. Werfen wir einen Blick auf die- selbe.
Elemente der römischen Bevölkerung.
Fangen wir von den höchsten Kreisen an, die wir eben berührten.
Da blühten noch jene altberühmten römischen Ge- schlechter: Savelli, Conti, Orsini, Colonna, Gaetani. Die Savelli besaßen noch ihre alte Gerichtsbarkeit der Corte Savella, mit dem Rechte alle Jahr einen Verbrecher von der Todesstrafe zu befreien 1); die Damen des Hauses verließen nach unvordenklichem Herkommen ihren Pallast
1)Discorso del dominio temporale e spirituale del sommo pontefice 1664.
BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
teten, und der polniſche Adel zu vollkommener Autonomie gelangte. So geſchah es nun auch in Rom: eine zahl- reiche, maͤchtige und reiche Ariſtokratie umgibt den paͤpſt- lichen Thron; die ſchon gebildeten Geſchlechter beſchraͤnken das aufkommende; aus der Selbſtbeſtimmung und durch- greifenden Kuͤhnheit der Monarchie geht die geiſtliche Ge- walt in die Berathung, Ruhe und Gemaͤchlichkeit einer ariſtokratiſchen Verfaſſung uͤber.
Unter dieſen Umſtaͤnden nahm der Hof eine veraͤn- derte Geſtalt an. In jenem unaufhoͤrlichen Zuſtroͤmen der Fremden, die daſelbſt ihr Gluͤck ſuchten, in dem ewigen Wechſel der Emporkoͤmmlinge trat ein ſehr bemerklicher Stillſtand ein; es hatte ſich eine ſtehende Population ge- bildet, deren Erneuerung in einem bei weitem geringeren Maaße Statt fand. Werfen wir einen Blick auf die- ſelbe.
Elemente der römiſchen Bevölkerung.
Fangen wir von den hoͤchſten Kreiſen an, die wir eben beruͤhrten.
Da bluͤhten noch jene altberuͤhmten roͤmiſchen Ge- ſchlechter: Savelli, Conti, Orſini, Colonna, Gaetani. Die Savelli beſaßen noch ihre alte Gerichtsbarkeit der Corte Savella, mit dem Rechte alle Jahr einen Verbrecher von der Todesſtrafe zu befreien 1); die Damen des Hauſes verließen nach unvordenklichem Herkommen ihren Pallaſt
1)Discorso del dominio temporale e spirituale del sommo pontefice 1664.
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Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
teten, und der polniſche Adel zu vollkommener Autonomie
gelangte. So geſchah es nun auch in Rom: eine zahl-
reiche, maͤchtige und reiche Ariſtokratie umgibt den paͤpſt-
lichen Thron; die ſchon gebildeten Geſchlechter beſchraͤnken
das aufkommende; aus der Selbſtbeſtimmung und durch-
greifenden Kuͤhnheit der Monarchie geht die geiſtliche Ge-
walt in die Berathung, Ruhe und Gemaͤchlichkeit einer
ariſtokratiſchen Verfaſſung uͤber.
Unter dieſen Umſtaͤnden nahm der Hof eine veraͤn-
derte Geſtalt an. In jenem unaufhoͤrlichen Zuſtroͤmen der
Fremden, die daſelbſt ihr Gluͤck ſuchten, in dem ewigen
Wechſel der Emporkoͤmmlinge trat ein ſehr bemerklicher
Stillſtand ein; es hatte ſich eine ſtehende Population ge-
bildet, deren Erneuerung in einem bei weitem geringeren
Maaße Statt fand. Werfen wir einen Blick auf die-
ſelbe.
Elemente der römiſchen Bevölkerung.
Fangen wir von den hoͤchſten Kreiſen an, die wir
eben beruͤhrten.
Da bluͤhten noch jene altberuͤhmten roͤmiſchen Ge-
ſchlechter: Savelli, Conti, Orſini, Colonna, Gaetani. Die
Savelli beſaßen noch ihre alte Gerichtsbarkeit der Corte
Savella, mit dem Rechte alle Jahr einen Verbrecher von
der Todesſtrafe zu befreien 1); die Damen des Hauſes
verließen nach unvordenklichem Herkommen ihren Pallaſt
1) Discorso del dominio temporale e spirituale del sommo
pontefice 1664.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/72>, abgerufen am 17.02.2025.
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