von seinem Vorgänger sehr verschieden: besonders entschlossen und feurig in allen geistlichen Angelegenheiten. In dem Cardinalcolle- gium bemerkt er wenig ausgezeichnete Leute, keine starke Faction, auch keine Aussicht, daß sich unter Benedict eine solche bilde, da schon die Eifersucht zwischen Coscia und Fini es nicht dahin kommen lasse. Eine Faction der Kronen gibt es, aber sie hat auch keine rechte Fe- stigkeit. Einen großen Eindruck hatte es an dem Hofe gemacht, daß der Herzog von Savoyen doch zuletzt seine Absichten erreichte. Ca- pello schließt daraus, daß man hier mit der Zeit alles erlangen könne. Er fordert nur Ruhe: der Eifer den man für seine Sache habe, müsse nie in Klagen ausbrechen.
Capello geht nun näher auf die eigentlich venezianischen Interes- sen ein. Zuerst stellt er aufs neue vor, daß sich Venedig eines fe- stern Ansehens zu Rom bemächtigen müsse. Er gibt nochmals an, wie man den Papst zu behandeln habe. Man müsse ihn immer mit geistlichen Zuvorkommenheiten zu gewinnen und unvermerkt geneigt zu machen suchen. Sodann tritt er auch den weltlichen Verhältnissen, besonders des Handels, näher. Es zeigt sich, daß der römische Staat im Anfang des 18ten Jahrhunderts sehr ernstlich auf commercielle und industrielle Verbesserungen gedacht hatte.
Die Dulcignoten und Ragusaner trieben einen Handel in An- cona, der den Venezianern nicht sehr willkommen war. Besonders führten sie viel Wachs ein, das man sonst von Venedig bezog, und das man jetzt auch in dem Kirchenstaate zu bearbeiten anfing.
Innocenz XII. hatte S. Michiel a Ripa zu bauen angefangen: Clemens XI. hatte es erweitert; jetzt war es durch Woll- und Sei- denarbeiten bedeutend: "dalla figura d'un' ospitale, dove per ca- rita alimentavano molti giovani, fu convertita con amplificatione di sito e con grandissima giunta di fabriche in una casa di com- mercio, nella quale a presente si travagliano le manifatture di lana e di seta." Man wetteiferte bereits mit dem französischen Tuche, und führte über Ancona nach der Türkei und nach Spanien aus. Ich will doch diese ganze Stelle wörtlich mittheilen. In que- sto sontuoso edificio vi si e introdotto la fabrica degl' arazzi con egual perfettione di quelli che si travagliano in Fiandra et in Francia: e vi e fondato un lanificio, nel quale vi entra la lana et escono i panni perfetionati di tutto punto. La fabrica di seta dipendente da questo luogo s'esercita in piu contrade di Roma, e quelle della lana sono in tanti generi divise, con idea d'addattarle all' uso del paese per haverne con un spaccio facile il pronto ritratto. Si fabricano in S. Michele tutti li panni per le militie, li scoti per servitio de' monasterj, le tele di tutti i generi per il vestiario delle ciurme, e li panni sono divisi in varii generi che restano distribuiti per una data quantita, con obligo alli mercanti di farne l'esito. Di recente si e dato anco mano alla fabrica di panni colorati ad uso di Francia, che pas- sano in Ancona e Sinigaglia per concambio alle mercantie che vengono di Turchia. In somma, la casa di S. Michele e una delle piu vaste idee che possa esser compita da un principe grande, e sarebbe sicuramente l'emporio di tutta l'Italia, se non
Relatione 1728.
von ſeinem Vorgaͤnger ſehr verſchieden: beſonders entſchloſſen und feurig in allen geiſtlichen Angelegenheiten. In dem Cardinalcolle- gium bemerkt er wenig ausgezeichnete Leute, keine ſtarke Faction, auch keine Ausſicht, daß ſich unter Benedict eine ſolche bilde, da ſchon die Eiferſucht zwiſchen Coscia und Fini es nicht dahin kommen laſſe. Eine Faction der Kronen gibt es, aber ſie hat auch keine rechte Fe- ſtigkeit. Einen großen Eindruck hatte es an dem Hofe gemacht, daß der Herzog von Savoyen doch zuletzt ſeine Abſichten erreichte. Ca- pello ſchließt daraus, daß man hier mit der Zeit alles erlangen koͤnne. Er fordert nur Ruhe: der Eifer den man fuͤr ſeine Sache habe, muͤſſe nie in Klagen ausbrechen.
Capello geht nun naͤher auf die eigentlich venezianiſchen Intereſ- ſen ein. Zuerſt ſtellt er aufs neue vor, daß ſich Venedig eines fe- ſtern Anſehens zu Rom bemaͤchtigen muͤſſe. Er gibt nochmals an, wie man den Papſt zu behandeln habe. Man muͤſſe ihn immer mit geiſtlichen Zuvorkommenheiten zu gewinnen und unvermerkt geneigt zu machen ſuchen. Sodann tritt er auch den weltlichen Verhaͤltniſſen, beſonders des Handels, naͤher. Es zeigt ſich, daß der roͤmiſche Staat im Anfang des 18ten Jahrhunderts ſehr ernſtlich auf commercielle und induſtrielle Verbeſſerungen gedacht hatte.
Die Dulcignoten und Raguſaner trieben einen Handel in An- cona, der den Venezianern nicht ſehr willkommen war. Beſonders fuͤhrten ſie viel Wachs ein, das man ſonſt von Venedig bezog, und das man jetzt auch in dem Kirchenſtaate zu bearbeiten anfing.
Innocenz XII. hatte S. Michiel a Ripa zu bauen angefangen: Clemens XI. hatte es erweitert; jetzt war es durch Woll- und Sei- denarbeiten bedeutend: „dalla figura d’un’ ospitale, dove per ca- rità alimentavano molti giovani, fu convertita con amplificatione di sito e con grandissima giunta di fabriche in una casa di com- mercio, nella quale a presente si travagliano le manifatture di lana e di seta.“ Man wetteiferte bereits mit dem franzoͤſiſchen Tuche, und fuͤhrte uͤber Ancona nach der Tuͤrkei und nach Spanien aus. Ich will doch dieſe ganze Stelle woͤrtlich mittheilen. In que- sto sontuoso edificio vi si è introdotto la fabrica degl’ arazzi con egual perfettione di quelli che si travagliano in Fiandra et in Francia: e vi è fondato un lanificio, nel quale vi entra la lana et escono i panni perfetionati di tutto punto. La fabrica di seta dipendente da questo luogo s’esercita in più contrade di Roma, e quelle della lana sono in tanti generi divise, con idea d’addattarle all’ uso del paese per haverne con un spaccio facile il pronto ritratto. Si fabricano in S. Michele tutti li panni per le militie, li scoti per servitio de’ monasterj, le tele di tutti i generi per il vestiario delle ciurme, e li panni sono divisi in varii generi che restano distribuiti per una data quantità, con obligo alli mercanti di farne l’esito. Di recente si è dato anco mano alla fabrica di panni colorati ad uso di Francia, che pas- sano in Ancona e Sinigaglia per concambio alle mercantie che vengono di Turchia. In somma, la casa di S. Michele è una delle più vaste idee che possa esser compita da un principe grande, e sarebbe sicuramente l’emporio di tutta l’Italia, se non
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gium bemerkt er wenig ausgezeichnete Leute, keine ſtarke Faction,
auch keine Ausſicht, daß ſich unter Benedict eine ſolche bilde, da ſchon
die Eiferſucht zwiſchen Coscia und Fini es nicht dahin kommen laſſe.
Eine Faction der Kronen gibt es, aber ſie hat auch keine rechte Fe-
ſtigkeit. Einen großen Eindruck hatte es an dem Hofe gemacht, daß
der Herzog von Savoyen doch zuletzt ſeine Abſichten erreichte. Ca-
pello ſchließt daraus, daß man hier mit der Zeit alles erlangen koͤnne.
Er fordert nur Ruhe: der Eifer den man fuͤr ſeine Sache habe,
muͤſſe nie in Klagen ausbrechen.
Capello geht nun naͤher auf die eigentlich venezianiſchen Intereſ-
ſen ein. Zuerſt ſtellt er aufs neue vor, daß ſich Venedig eines fe-
ſtern Anſehens zu Rom bemaͤchtigen muͤſſe. Er gibt nochmals an,
wie man den Papſt zu behandeln habe. Man muͤſſe ihn immer mit
geiſtlichen Zuvorkommenheiten zu gewinnen und unvermerkt geneigt zu
machen ſuchen. Sodann tritt er auch den weltlichen Verhaͤltniſſen,
beſonders des Handels, naͤher. Es zeigt ſich, daß der roͤmiſche Staat
im Anfang des 18ten Jahrhunderts ſehr ernſtlich auf commercielle und
induſtrielle Verbeſſerungen gedacht hatte.
Die Dulcignoten und Raguſaner trieben einen Handel in An-
cona, der den Venezianern nicht ſehr willkommen war. Beſonders
fuͤhrten ſie viel Wachs ein, das man ſonſt von Venedig bezog, und
das man jetzt auch in dem Kirchenſtaate zu bearbeiten anfing.
Innocenz XII. hatte S. Michiel a Ripa zu bauen angefangen:
Clemens XI. hatte es erweitert; jetzt war es durch Woll- und Sei-
denarbeiten bedeutend: „dalla figura d’un’ ospitale, dove per ca-
rità alimentavano molti giovani, fu convertita con amplificatione
di sito e con grandissima giunta di fabriche in una casa di com-
mercio, nella quale a presente si travagliano le manifatture di
lana e di seta.“ Man wetteiferte bereits mit dem franzoͤſiſchen
Tuche, und fuͤhrte uͤber Ancona nach der Tuͤrkei und nach Spanien
aus. Ich will doch dieſe ganze Stelle woͤrtlich mittheilen. In que-
sto sontuoso edificio vi si è introdotto la fabrica degl’ arazzi
con egual perfettione di quelli che si travagliano in Fiandra et
in Francia: e vi è fondato un lanificio, nel quale vi entra la
lana et escono i panni perfetionati di tutto punto. La fabrica
di seta dipendente da questo luogo s’esercita in più contrade di
Roma, e quelle della lana sono in tanti generi divise, con idea
d’addattarle all’ uso del paese per haverne con un spaccio facile
il pronto ritratto. Si fabricano in S. Michele tutti li panni per
le militie, li scoti per servitio de’ monasterj, le tele di tutti i
generi per il vestiario delle ciurme, e li panni sono divisi in
varii generi che restano distribuiti per una data quantità, con
obligo alli mercanti di farne l’esito. Di recente si è dato anco
mano alla fabrica di panni colorati ad uso di Francia, che pas-
sano in Ancona e Sinigaglia per concambio alle mercantie che
vengono di Turchia. In somma, la casa di S. Michele è una
delle più vaste idee che possa esser compita da un principe
grande, e sarebbe sicuramente l’emporio di tutta l’Italia, se non
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/515>, abgerufen am 07.07.2024.
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