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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Relatione di Roma 1656.
wenig Verständniß, desto mehr von kirchlichen, und nicht ganz un-
beugsam stelle er sich an"; -- auch seine Angehörigen; -- es ist
nicht nöthig dieß zu wiederholen: nur zu bald nahmen die Dinge
eine andere Entwickelung als man erwartet hatte.

"Troppo per tempo parmi", sagt gleich unser Pesaro, "che
il mondo canonizzi questi sentimenti del papa, e che per farne
piu accertato giudizio faccia di mestiere osservarsi quanto con
il tratto del tempo si sia per mostrarsi costante nel resistere
alle mantellate dell' affetto."
-- Schon damals machte man dem
Papste von allen Seiten so viel Vorstellungen, daß seine Stand-
haftigkeit erschüttert werden zu müssen schien.

Der Zweck dieser Gesandtschaft war jedoch nicht allein Glück
zu wünschen, sondern noch viel mehr, den römischen Hof um Unter-
stützung für den Krieg von Candia zu bitten.

Die Gesandten entwickeln, welche Anstrengungen Venedig ge-
macht habe um dem Feinde widerstehn, vor allem um nur zunächst
die Kriegskosten bestreiten zu können: Anleihen mit starken Zinsen,
lebenslänglichen oder immerwährenden: -- Verkauf allodialer und feu-
daler Güter: -- Mittheilung der Würden des Staates, die bisher
in einem engen Kreise festgehalten worden, ja der venezianischen No-
bilität überhaupt, die doch um so schätzbarer sey, je weniger sie ge-
mein gemacht werde, an eine größere Anzahl. Jetzt aber seyen sie ganz
erschöpft: von den übrigen Potentaten der Christenheit lasse sich
nichts hoffen, da es allzu viel innere Feindseligkeiten zwischen den-
selben gebe: ihre einzige Zuflucht sey der römische Stuhl.

Der Papst hörte sie nicht ohne Zeichen von Theilnahme an: er
antwortete ihnen mit einer glänzenden Lobeserhebung der Republik,
die sich nicht allein mit dem Eisen, sondern auch mit dem Golde der
Wildheit der Barbaren entgegensetze: was aber die Hauptsache an-
belangt, so erklärte er ihnen, daß er sich außer Stande sehe etwas
für sie zu thun. Die päpstliche Casse sey so erschöpft, daß er nicht
einmal wisse, wie er der Stadt zu Brot verhelfen solle.

Die Gesandten ergaben sich nicht: sie stellten vor, daß die Ge-
fahr es wohl rechtfertige, wenn man den alten Schatz Sixtus V.
dieß Mal angreife: -- "prima che l'urgenza degli accidenti che
possono sopravenire, maggiormente stringa e per sostentamento
della religione e per sicurezza del proprio dominio ecclesiastico";

besonders machte die Betrachtung auf den Papst Eindruck, daß es
die Kühnheit des Feindes vermehren werde, wenn er sehe, daß
auch ein neuer Papst die Hülfe versage, deren man so sehr bedürfe.
Alexander sah wohl ein, daß etwas geschehen müsse: er machte den
Vorschlag einer Einziehung geistlicher Güter.

Wie merkwürdig ist es, daß der römische Hof zuerst mit Maaß-
regeln dieser Art hervortrat. Schon Innocenz X. hatte den Vene-
zianern die Aufhebung zweier Orden, der Canonici di S. Spirito
und der Cruciferi angetragen: er hatte die Absicht, aus ihren Gü-
tern weltliche Canonicate zu bilden. Aber einmal fürchteten die
Venezianer, der römische Hof werde sich die Verleihung derselben
anmaßen, und sodann sahen sie diese Institute als Versorgungen für
arme Nobili an. Jetzt nun schlug ihnen dieß Alexander aufs neue vor.


Relatione di Roma 1656.
wenig Verſtaͤndniß, deſto mehr von kirchlichen, und nicht ganz un-
beugſam ſtelle er ſich an“; — auch ſeine Angehoͤrigen; — es iſt
nicht noͤthig dieß zu wiederholen: nur zu bald nahmen die Dinge
eine andere Entwickelung als man erwartet hatte.

„Troppo per tempo parmi“, ſagt gleich unſer Peſaro, „che
il mondo canonizzi questi sentimenti del papa, e che per farne
più accertato giudizio faccia di mestiere osservarsi quanto con
il tratto del tempo si sia per mostrarsi costante nel resistere
alle mantellate dell’ affetto.“
— Schon damals machte man dem
Papſte von allen Seiten ſo viel Vorſtellungen, daß ſeine Stand-
haftigkeit erſchuͤttert werden zu muͤſſen ſchien.

Der Zweck dieſer Geſandtſchaft war jedoch nicht allein Gluͤck
zu wuͤnſchen, ſondern noch viel mehr, den roͤmiſchen Hof um Unter-
ſtuͤtzung fuͤr den Krieg von Candia zu bitten.

Die Geſandten entwickeln, welche Anſtrengungen Venedig ge-
macht habe um dem Feinde widerſtehn, vor allem um nur zunaͤchſt
die Kriegskoſten beſtreiten zu koͤnnen: Anleihen mit ſtarken Zinſen,
lebenslaͤnglichen oder immerwaͤhrenden: — Verkauf allodialer und feu-
daler Guͤter: — Mittheilung der Wuͤrden des Staates, die bisher
in einem engen Kreiſe feſtgehalten worden, ja der venezianiſchen No-
bilitaͤt uͤberhaupt, die doch um ſo ſchaͤtzbarer ſey, je weniger ſie ge-
mein gemacht werde, an eine groͤßere Anzahl. Jetzt aber ſeyen ſie ganz
erſchoͤpft: von den uͤbrigen Potentaten der Chriſtenheit laſſe ſich
nichts hoffen, da es allzu viel innere Feindſeligkeiten zwiſchen den-
ſelben gebe: ihre einzige Zuflucht ſey der roͤmiſche Stuhl.

Der Papſt hoͤrte ſie nicht ohne Zeichen von Theilnahme an: er
antwortete ihnen mit einer glaͤnzenden Lobeserhebung der Republik,
die ſich nicht allein mit dem Eiſen, ſondern auch mit dem Golde der
Wildheit der Barbaren entgegenſetze: was aber die Hauptſache an-
belangt, ſo erklaͤrte er ihnen, daß er ſich außer Stande ſehe etwas
fuͤr ſie zu thun. Die paͤpſtliche Caſſe ſey ſo erſchoͤpft, daß er nicht
einmal wiſſe, wie er der Stadt zu Brot verhelfen ſolle.

Die Geſandten ergaben ſich nicht: ſie ſtellten vor, daß die Ge-
fahr es wohl rechtfertige, wenn man den alten Schatz Sixtus V.
dieß Mal angreife: — „prima che l’urgenza degli accidenti che
possono sopravenire, maggiormente stringa e per sostentamento
della religione e per sicurezza del proprio dominio ecclesiastico“;

beſonders machte die Betrachtung auf den Papſt Eindruck, daß es
die Kuͤhnheit des Feindes vermehren werde, wenn er ſehe, daß
auch ein neuer Papſt die Huͤlfe verſage, deren man ſo ſehr beduͤrfe.
Alexander ſah wohl ein, daß etwas geſchehen muͤſſe: er machte den
Vorſchlag einer Einziehung geiſtlicher Guͤter.

Wie merkwuͤrdig iſt es, daß der roͤmiſche Hof zuerſt mit Maaß-
regeln dieſer Art hervortrat. Schon Innocenz X. hatte den Vene-
zianern die Aufhebung zweier Orden, der Canonici di S. Spirito
und der Cruciferi angetragen: er hatte die Abſicht, aus ihren Guͤ-
tern weltliche Canonicate zu bilden. Aber einmal fuͤrchteten die
Venezianer, der roͤmiſche Hof werde ſich die Verleihung derſelben
anmaßen, und ſodann ſahen ſie dieſe Inſtitute als Verſorgungen fuͤr
arme Nobili an. Jetzt nun ſchlug ihnen dieß Alexander aufs neue vor.


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[457/0469] Relatione di Roma 1656. wenig Verſtaͤndniß, deſto mehr von kirchlichen, und nicht ganz un- beugſam ſtelle er ſich an“; — auch ſeine Angehoͤrigen; — es iſt nicht noͤthig dieß zu wiederholen: nur zu bald nahmen die Dinge eine andere Entwickelung als man erwartet hatte. „Troppo per tempo parmi“, ſagt gleich unſer Peſaro, „che il mondo canonizzi questi sentimenti del papa, e che per farne più accertato giudizio faccia di mestiere osservarsi quanto con il tratto del tempo si sia per mostrarsi costante nel resistere alle mantellate dell’ affetto.“ — Schon damals machte man dem Papſte von allen Seiten ſo viel Vorſtellungen, daß ſeine Stand- haftigkeit erſchuͤttert werden zu muͤſſen ſchien. Der Zweck dieſer Geſandtſchaft war jedoch nicht allein Gluͤck zu wuͤnſchen, ſondern noch viel mehr, den roͤmiſchen Hof um Unter- ſtuͤtzung fuͤr den Krieg von Candia zu bitten. Die Geſandten entwickeln, welche Anſtrengungen Venedig ge- macht habe um dem Feinde widerſtehn, vor allem um nur zunaͤchſt die Kriegskoſten beſtreiten zu koͤnnen: Anleihen mit ſtarken Zinſen, lebenslaͤnglichen oder immerwaͤhrenden: — Verkauf allodialer und feu- daler Guͤter: — Mittheilung der Wuͤrden des Staates, die bisher in einem engen Kreiſe feſtgehalten worden, ja der venezianiſchen No- bilitaͤt uͤberhaupt, die doch um ſo ſchaͤtzbarer ſey, je weniger ſie ge- mein gemacht werde, an eine groͤßere Anzahl. Jetzt aber ſeyen ſie ganz erſchoͤpft: von den uͤbrigen Potentaten der Chriſtenheit laſſe ſich nichts hoffen, da es allzu viel innere Feindſeligkeiten zwiſchen den- ſelben gebe: ihre einzige Zuflucht ſey der roͤmiſche Stuhl. Der Papſt hoͤrte ſie nicht ohne Zeichen von Theilnahme an: er antwortete ihnen mit einer glaͤnzenden Lobeserhebung der Republik, die ſich nicht allein mit dem Eiſen, ſondern auch mit dem Golde der Wildheit der Barbaren entgegenſetze: was aber die Hauptſache an- belangt, ſo erklaͤrte er ihnen, daß er ſich außer Stande ſehe etwas fuͤr ſie zu thun. Die paͤpſtliche Caſſe ſey ſo erſchoͤpft, daß er nicht einmal wiſſe, wie er der Stadt zu Brot verhelfen ſolle. Die Geſandten ergaben ſich nicht: ſie ſtellten vor, daß die Ge- fahr es wohl rechtfertige, wenn man den alten Schatz Sixtus V. dieß Mal angreife: — „prima che l’urgenza degli accidenti che possono sopravenire, maggiormente stringa e per sostentamento della religione e per sicurezza del proprio dominio ecclesiastico“; beſonders machte die Betrachtung auf den Papſt Eindruck, daß es die Kuͤhnheit des Feindes vermehren werde, wenn er ſehe, daß auch ein neuer Papſt die Huͤlfe verſage, deren man ſo ſehr beduͤrfe. Alexander ſah wohl ein, daß etwas geſchehen muͤſſe: er machte den Vorſchlag einer Einziehung geiſtlicher Guͤter. Wie merkwuͤrdig iſt es, daß der roͤmiſche Hof zuerſt mit Maaß- regeln dieſer Art hervortrat. Schon Innocenz X. hatte den Vene- zianern die Aufhebung zweier Orden, der Canonici di S. Spirito und der Cruciferi angetragen: er hatte die Abſicht, aus ihren Guͤ- tern weltliche Canonicate zu bilden. Aber einmal fuͤrchteten die Venezianer, der roͤmiſche Hof werde ſich die Verleihung derſelben anmaßen, und ſodann ſahen ſie dieſe Inſtitute als Verſorgungen fuͤr arme Nobili an. Jetzt nun ſchlug ihnen dieß Alexander aufs neue vor.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/469>, abgerufen am 24.11.2024.