renden Pöbel zu widersetzen, ergriffen sie dessen Partei. Der Go- vernatore sah sich trotz seiner Bravaden genöthigt nachzugeben und sein Getreide innerhalb des Stadtgebietes zu lassen.
Allein kaum fing man an sich zu beruhigen, als corsische Mi- lizen, vom Governatore berufen, am Thore erschienen. Man glaubte nicht anders, als Visconti wolle mit deren Hülfe seinen Vorsatz doch durchsetzen. Ein Auflauf entstand. Alles schrie: "Wir sind verra- then, zu den Waffen!" man zog die Glocken, stürmte den Pallast und tödtete den Governatore.
Die Abgeordneten betheuern ihre Treue, und beklagen dieß Er- eigniß, -- -- über das vor allem der Adel betrübt sey (di vedere, senza potervi rimediare, da persone del popolo ucciso il prelato di Vra Sta datogli per suo governo).
128. Relatione della corte di Roma del cavre Giustiniani data in se- nato l'anno 1652. (Copie in der Magliabechiana zu Florenz 24, 65.)
Von Bewunderung und Erwartung ging man aber auch un- ter Innocenz erst zu Zweifel und Mißbilligung, endlich zu Klage und Verwerfung über.
Zuan Zustinian -- denn so sprechen und schreiben die Venezianer diesen Namen -- kam nach mancherlei andern Gesandtschaften von Wien nach Rom, und residirte hier von 1648 bis 1651. Diese Jahre erfüllen seine Depeschen, und auf sie bezieht sich seine Re- lation.
Seine Schilderung des Hofes lautet nun nicht sehr tröstlich.
Was in dem Papste Gutes sey, sagt er, komme der Stadt Rom und höchstens dem Kirchenstaate zu Statten, seine schlechten Eigen- schaften seyen der ganzen Christenheit nachtheilig. Jedoch auch in dem Kirchenstaate sey die Ablösung der schwersten Strafen durch Geld ein großes Uebel. "Mi si afferma per massima indubitata che in sette anni di pontificato habbia estratto dalle composi- tioni di persone processate come ree il valore di 1200 m. scudi, che s'accosta a due milioni di ducati." Als eine Art von öffent- lichem Unglück erscheint hier der Einfluß der Donna Olimpia Mai- dalchina: "Donna di gran spirito, prepotente per solo titolo di esatta economia. Se vacavano officj nella corte, niente si de- liberaba senza il beneplacito di lei: se vi erano beneficj da dis- tribuire, i ministri della dataria tenevano ordine di trattenere ogni spedizione sinche datagli notizia della qualita delle vacanze scegliesse a sua disposizione cio che piu tenesse di gusto: se vi erano chiese episcopali da provedere, ad essa ricorrevano i pretendenti: e quello che rendeva nausea a tutti gli uomini ono- rati, era il vedere che erano preferiti quelli che piu allargavano la mano a donativi."
So fährt er fort; doch bin ich nicht sicher, ob die Relation auch wirklich echt ist.
In dem venezianischen Archiv ist sie nicht vorhanden: in der
Giustiani Relatione di Roma 1652.
renden Poͤbel zu widerſetzen, ergriffen ſie deſſen Partei. Der Go- vernatore ſah ſich trotz ſeiner Bravaden genoͤthigt nachzugeben und ſein Getreide innerhalb des Stadtgebietes zu laſſen.
Allein kaum fing man an ſich zu beruhigen, als corſiſche Mi- lizen, vom Governatore berufen, am Thore erſchienen. Man glaubte nicht anders, als Visconti wolle mit deren Huͤlfe ſeinen Vorſatz doch durchſetzen. Ein Auflauf entſtand. Alles ſchrie: „Wir ſind verra- then, zu den Waffen!“ man zog die Glocken, ſtuͤrmte den Pallaſt und toͤdtete den Governatore.
Die Abgeordneten betheuern ihre Treue, und beklagen dieß Er- eigniß, — — uͤber das vor allem der Adel betruͤbt ſey (di vedere, senza potervi rimediare, da persone del popolo ucciso il prelato di Vra Stà datogli per suo governo).
128. Relatione della corte di Roma del cavre Giustiniani data in se- nato l’anno 1652. (Copie in der Magliabechiana zu Florenz 24, 65.)
Von Bewunderung und Erwartung ging man aber auch un- ter Innocenz erſt zu Zweifel und Mißbilligung, endlich zu Klage und Verwerfung uͤber.
Zuan Zuſtinian — denn ſo ſprechen und ſchreiben die Venezianer dieſen Namen — kam nach mancherlei andern Geſandtſchaften von Wien nach Rom, und reſidirte hier von 1648 bis 1651. Dieſe Jahre erfuͤllen ſeine Depeſchen, und auf ſie bezieht ſich ſeine Re- lation.
Seine Schilderung des Hofes lautet nun nicht ſehr troͤſtlich.
Was in dem Papſte Gutes ſey, ſagt er, komme der Stadt Rom und hoͤchſtens dem Kirchenſtaate zu Statten, ſeine ſchlechten Eigen- ſchaften ſeyen der ganzen Chriſtenheit nachtheilig. Jedoch auch in dem Kirchenſtaate ſey die Abloͤſung der ſchwerſten Strafen durch Geld ein großes Uebel. „Mi si afferma per massima indubitata che in sette anni di pontificato habbia estratto dalle composi- tioni di persone processate come ree il valore di 1200 m. scudi, che s’accosta a due milioni di ducati.“ Als eine Art von oͤffent- lichem Ungluͤck erſcheint hier der Einfluß der Donna Olimpia Mai- dalchina: „Donna di gran spirito, prepotente per solo titolo di esatta economia. Se vacavano officj nella corte, niente si de- liberaba senza il beneplacito di lei: se vi erano beneficj da dis- tribuire, i ministri della dataria tenevano ordine di trattenere ogni spedizione sinche datagli notizia della qualità delle vacanze scegliesse a sua disposizione ciò che più tenesse di gusto: se vi erano chiese episcopali da provedere, ad essa ricorrevano i pretendenti: e quello che rendeva nausea a tutti gli uomini ono- rati, era il vedere che erano preferiti quelli che più allargavano la mano a donativi.“
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vernatore ſah ſich trotz ſeiner Bravaden genoͤthigt nachzugeben und
ſein Getreide innerhalb des Stadtgebietes zu laſſen.
Allein kaum fing man an ſich zu beruhigen, als corſiſche Mi-
lizen, vom Governatore berufen, am Thore erſchienen. Man glaubte
nicht anders, als Visconti wolle mit deren Huͤlfe ſeinen Vorſatz doch
durchſetzen. Ein Auflauf entſtand. Alles ſchrie: „Wir ſind verra-
then, zu den Waffen!“ man zog die Glocken, ſtuͤrmte den Pallaſt und
toͤdtete den Governatore.
Die Abgeordneten betheuern ihre Treue, und beklagen dieß Er-
eigniß, — — uͤber das vor allem der Adel betruͤbt ſey (di vedere,
senza potervi rimediare, da persone del popolo ucciso il prelato
di Vra Stà datogli per suo governo).
128.
Relatione della corte di Roma del cavre Giustiniani data in se-
nato l’anno 1652. (Copie in der Magliabechiana zu Florenz
24, 65.)
Von Bewunderung und Erwartung ging man aber auch un-
ter Innocenz erſt zu Zweifel und Mißbilligung, endlich zu Klage
und Verwerfung uͤber.
Zuan Zuſtinian — denn ſo ſprechen und ſchreiben die Venezianer
dieſen Namen — kam nach mancherlei andern Geſandtſchaften von
Wien nach Rom, und reſidirte hier von 1648 bis 1651. Dieſe
Jahre erfuͤllen ſeine Depeſchen, und auf ſie bezieht ſich ſeine Re-
lation.
Seine Schilderung des Hofes lautet nun nicht ſehr troͤſtlich.
Was in dem Papſte Gutes ſey, ſagt er, komme der Stadt Rom
und hoͤchſtens dem Kirchenſtaate zu Statten, ſeine ſchlechten Eigen-
ſchaften ſeyen der ganzen Chriſtenheit nachtheilig. Jedoch auch in
dem Kirchenſtaate ſey die Abloͤſung der ſchwerſten Strafen durch
Geld ein großes Uebel. „Mi si afferma per massima indubitata
che in sette anni di pontificato habbia estratto dalle composi-
tioni di persone processate come ree il valore di 1200 m. scudi,
che s’accosta a due milioni di ducati.“ Als eine Art von oͤffent-
lichem Ungluͤck erſcheint hier der Einfluß der Donna Olimpia Mai-
dalchina: „Donna di gran spirito, prepotente per solo titolo di
esatta economia. Se vacavano officj nella corte, niente si de-
liberaba senza il beneplacito di lei: se vi erano beneficj da dis-
tribuire, i ministri della dataria tenevano ordine di trattenere
ogni spedizione sinche datagli notizia della qualità delle vacanze
scegliesse a sua disposizione ciò che più tenesse di gusto: se
vi erano chiese episcopali da provedere, ad essa ricorrevano i
pretendenti: e quello che rendeva nausea a tutti gli uomini ono-
rati, era il vedere che erano preferiti quelli che più allargavano
la mano a donativi.“
So faͤhrt er fort; doch bin ich nicht ſicher, ob die Relation auch
wirklich echt iſt.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/467>, abgerufen am 03.03.2025.
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