wortet, zu ihm müsse man nur kommen, wenn man schon gebeichtet (che bisognava venirci confessato). -- Ein Negromant fährt auf einem Wagen den ein paar Hunde ziehen, in Rom ein: man bringt aus, es seyen ein paar Teufel, mit denen er fahre wohin er wolle. Der Courier von Mailand behauptet, er habe ihn bei Mailand ver- lassen und bei Rom wiedergefunden. Man zieht den vermeinten Hexenmeister ein und bringt ihn um.
Wären diese Aufzeichnungen nur etwas geistreicher, so wären sie unschätzbar, sie würden Sitten und Zeiten vergegenwärtigen, ohne so ermüdende Studien nöthig zu machen wie obgedachtes Tagebuch.
Gehen wir jetzt zu den Schriften über, welche Innocenz X. un- mittelbar betreffen.
Bemerkung über Gualdi Vita di Donna Olimpia Maldachina 1666.
So wie wir erfahren, daß Gregorio Leti, den wir hinreichend kennen gelernt haben, der Autor auch dieser Schrift ist, so fällt fast der Anlaß weg, von ihrer Glaubwürdigkeit zu handeln: sie hat die stärkste Voraussetzung wider sich.
Da jedoch noch 1770 eine französische, 1783 eine deutsche Ue- bersetzung davon erschienen ist, und unser Schröckh wenigstens die Haupterzählung für wahr halten zu dürfen glaubt, weil sie ja niemals bestritten worden sey, so ist wohl nicht überflüssig, ein Wort davon zu sagen. Behauptet doch der Autor kühnlich, er werde nichts er- zählen was er nicht selbst gesehen oder wovon er sich nicht die sicherste Kunde verschafft habe.
Von vorn herein schürzt er seinen Knoten mit der Erzählung, die Familie Maldachini, die er für römisch hält, habe einst eine Wall- fahrt nach Loreto unternommen, hier habe sich ihr in Borgheto der junge Pamfili zugesellt, sich in die Tochter des Hauses, Donna Olim- pia, verliebt, und nach der Rückkehr sich mit ihr verheirathet; gar bald aber sey Olimpia mit seinem Bruder, dem nachmaligen Papst, damals einem jungen Abbate, vertrauter geworden als mit ihrem Ge- mahl. Auf dieß Verhältniß wird der Einfluß begründet welchen Donna Olimpia über Innocenz X. hatte.
Wir können aber getrost sagen, daß daran kein Wort wahr ist.
Die Familie Maidalchina ist keine römische, sie ist aus Acqua- pendente. Donna Olimpia war Witwe, als sie sich mit Pamfili verheirathete. Paolo Nini zu Viterbo, der letzte von diesem Geschlechte, war ihr erster Mann: da sie ihn beerbte, so brachte sie in das Haus Pamfili eine reiche Mitgift: darauf und nicht auf eine imaginäre Vertraulichkeit mit dem Papst war die Autorität gegründet die sie in der Familie genoß. Als diese Vermählung vor sich ging, fehlte viel daran, daß Innocenz X. ein junger Abbate gewesen wäre. In einer Inschrift, die der Senior des Hauses in der Villa Maidalchina zu Viterbo errichtet hat, heißt es: er habe diese Villa ausgeschmückt im Jahre 1625, ehe seine Schwester in das Haus Pamfili vermählt
Bemerkung uͤber die
wortet, zu ihm muͤſſe man nur kommen, wenn man ſchon gebeichtet (che bisognava venirci confessato). — Ein Negromant faͤhrt auf einem Wagen den ein paar Hunde ziehen, in Rom ein: man bringt aus, es ſeyen ein paar Teufel, mit denen er fahre wohin er wolle. Der Courier von Mailand behauptet, er habe ihn bei Mailand ver- laſſen und bei Rom wiedergefunden. Man zieht den vermeinten Hexenmeiſter ein und bringt ihn um.
Waͤren dieſe Aufzeichnungen nur etwas geiſtreicher, ſo waͤren ſie unſchaͤtzbar, ſie wuͤrden Sitten und Zeiten vergegenwaͤrtigen, ohne ſo ermuͤdende Studien noͤthig zu machen wie obgedachtes Tagebuch.
Gehen wir jetzt zu den Schriften uͤber, welche Innocenz X. un- mittelbar betreffen.
Bemerkung uͤber Gualdi Vita di Donna Olimpia Maldachina 1666.
So wie wir erfahren, daß Gregorio Leti, den wir hinreichend kennen gelernt haben, der Autor auch dieſer Schrift iſt, ſo faͤllt faſt der Anlaß weg, von ihrer Glaubwuͤrdigkeit zu handeln: ſie hat die ſtaͤrkſte Vorausſetzung wider ſich.
Da jedoch noch 1770 eine franzoͤſiſche, 1783 eine deutſche Ue- berſetzung davon erſchienen iſt, und unſer Schroͤckh wenigſtens die Haupterzaͤhlung fuͤr wahr halten zu duͤrfen glaubt, weil ſie ja niemals beſtritten worden ſey, ſo iſt wohl nicht uͤberfluͤſſig, ein Wort davon zu ſagen. Behauptet doch der Autor kuͤhnlich, er werde nichts er- zaͤhlen was er nicht ſelbſt geſehen oder wovon er ſich nicht die ſicherſte Kunde verſchafft habe.
Von vorn herein ſchuͤrzt er ſeinen Knoten mit der Erzaͤhlung, die Familie Maldachini, die er fuͤr roͤmiſch haͤlt, habe einſt eine Wall- fahrt nach Loreto unternommen, hier habe ſich ihr in Borgheto der junge Pamfili zugeſellt, ſich in die Tochter des Hauſes, Donna Olim- pia, verliebt, und nach der Ruͤckkehr ſich mit ihr verheirathet; gar bald aber ſey Olimpia mit ſeinem Bruder, dem nachmaligen Papſt, damals einem jungen Abbate, vertrauter geworden als mit ihrem Ge- mahl. Auf dieß Verhaͤltniß wird der Einfluß begruͤndet welchen Donna Olimpia uͤber Innocenz X. hatte.
Wir koͤnnen aber getroſt ſagen, daß daran kein Wort wahr iſt.
Die Familie Maidalchina iſt keine roͤmiſche, ſie iſt aus Acqua- pendente. Donna Olimpia war Witwe, als ſie ſich mit Pamfili verheirathete. Paolo Nini zu Viterbo, der letzte von dieſem Geſchlechte, war ihr erſter Mann: da ſie ihn beerbte, ſo brachte ſie in das Haus Pamfili eine reiche Mitgift: darauf und nicht auf eine imaginaͤre Vertraulichkeit mit dem Papſt war die Autoritaͤt gegruͤndet die ſie in der Familie genoß. Als dieſe Vermaͤhlung vor ſich ging, fehlte viel daran, daß Innocenz X. ein junger Abbate geweſen waͤre. In einer Inſchrift, die der Senior des Hauſes in der Villa Maidalchina zu Viterbo errichtet hat, heißt es: er habe dieſe Villa ausgeſchmuͤckt im Jahre 1625, ehe ſeine Schweſter in das Haus Pamfili vermaͤhlt
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Bemerkung uͤber die
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(che bisognava venirci confessato). — Ein Negromant faͤhrt auf
einem Wagen den ein paar Hunde ziehen, in Rom ein: man bringt
aus, es ſeyen ein paar Teufel, mit denen er fahre wohin er wolle.
Der Courier von Mailand behauptet, er habe ihn bei Mailand ver-
laſſen und bei Rom wiedergefunden. Man zieht den vermeinten
Hexenmeiſter ein und bringt ihn um.
Waͤren dieſe Aufzeichnungen nur etwas geiſtreicher, ſo waͤren
ſie unſchaͤtzbar, ſie wuͤrden Sitten und Zeiten vergegenwaͤrtigen, ohne
ſo ermuͤdende Studien noͤthig zu machen wie obgedachtes Tagebuch.
Gehen wir jetzt zu den Schriften uͤber, welche Innocenz X. un-
mittelbar betreffen.
Bemerkung
uͤber Gualdi Vita di Donna Olimpia Maldachina 1666.
So wie wir erfahren, daß Gregorio Leti, den wir hinreichend
kennen gelernt haben, der Autor auch dieſer Schrift iſt, ſo faͤllt faſt
der Anlaß weg, von ihrer Glaubwuͤrdigkeit zu handeln: ſie hat die
ſtaͤrkſte Vorausſetzung wider ſich.
Da jedoch noch 1770 eine franzoͤſiſche, 1783 eine deutſche Ue-
berſetzung davon erſchienen iſt, und unſer Schroͤckh wenigſtens die
Haupterzaͤhlung fuͤr wahr halten zu duͤrfen glaubt, weil ſie ja niemals
beſtritten worden ſey, ſo iſt wohl nicht uͤberfluͤſſig, ein Wort davon
zu ſagen. Behauptet doch der Autor kuͤhnlich, er werde nichts er-
zaͤhlen was er nicht ſelbſt geſehen oder wovon er ſich nicht die ſicherſte
Kunde verſchafft habe.
Von vorn herein ſchuͤrzt er ſeinen Knoten mit der Erzaͤhlung,
die Familie Maldachini, die er fuͤr roͤmiſch haͤlt, habe einſt eine Wall-
fahrt nach Loreto unternommen, hier habe ſich ihr in Borgheto der
junge Pamfili zugeſellt, ſich in die Tochter des Hauſes, Donna Olim-
pia, verliebt, und nach der Ruͤckkehr ſich mit ihr verheirathet; gar
bald aber ſey Olimpia mit ſeinem Bruder, dem nachmaligen Papſt,
damals einem jungen Abbate, vertrauter geworden als mit ihrem Ge-
mahl. Auf dieß Verhaͤltniß wird der Einfluß begruͤndet welchen
Donna Olimpia uͤber Innocenz X. hatte.
Wir koͤnnen aber getroſt ſagen, daß daran kein Wort wahr iſt.
Die Familie Maidalchina iſt keine roͤmiſche, ſie iſt aus Acqua-
pendente. Donna Olimpia war Witwe, als ſie ſich mit Pamfili
verheirathete. Paolo Nini zu Viterbo, der letzte von dieſem Geſchlechte,
war ihr erſter Mann: da ſie ihn beerbte, ſo brachte ſie in das Haus
Pamfili eine reiche Mitgift: darauf und nicht auf eine imaginaͤre
Vertraulichkeit mit dem Papſt war die Autoritaͤt gegruͤndet die ſie
in der Familie genoß. Als dieſe Vermaͤhlung vor ſich ging, fehlte
viel daran, daß Innocenz X. ein junger Abbate geweſen waͤre. In
einer Inſchrift, die der Senior des Hauſes in der Villa Maidalchina
zu Viterbo errichtet hat, heißt es: er habe dieſe Villa ausgeſchmuͤckt
im Jahre 1625, ehe ſeine Schweſter in das Haus Pamfili vermaͤhlt
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/462>, abgerufen am 07.07.2024.
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