Wir haben in dem vorigen Abschnitt alles zusammengefaßt, was sich auf Urban VIII. unmittelbar bezieht; es folgen noch einige Schriften, welche seine Zeiten mit den spätern verbinden.
121. Relatione della vita del cardl Cecchini composta da lui mede- simo. (Barb. 275 S.)
Persönliche Denkwürdigkeiten, die nicht gerade viel Licht über wichtige Staatsangelegenheiten verbreiten, aber ein ganz unterrich- tendes Beispiel eines geistlichen Privatlebens doch auch immer unter bedeutenden Verhältnissen darstellen.
Der Autor deutet an, daß er sie zu seinem Vergnügen aufsetze. "Tra tutte le cose che apportano all' uomo sommo piacere, una e la memoria delle cose passate."
Funfzehn Jahre alt, ging Cecchini im Jahre 1604 von Perugia nach Rom.
Er hatte seine Hoffnung auf die Aldobrandini gesetzt, mit denen er in entfernter Verwandtschaft stand; aber nur allzu früh für ihn starb Clemens VIII, und nach dessen Tode vermochten die Aldobran- dini nichts mehr. Cecchini durfte zwar sogleich neue Hoffnung schö- pfen: in Perugia schon war er mit Scipione Caffarelli in Verbin- dung gewesen, demselben der unter Paul V. die Stellung eines Ne- poten so erfolgreich geltend zu machen wußte: aber Caffarelli wollte sich dieser Bekanntschaft nicht erinnern: der junge Mensch mußte durch andere Protection fortzukommen suchen.
Da wollte nun sein Glück, daß er sich gerade an zwei Mon- signoren hielt, die beide später die höchste Würde erlangten, Ludovisio und Pamfilio.
Sehr bald verbreitete sich die Meinung in Rom, daß Ludovisio die Tiare erlangen werde. So wie dessen Neffe Ludovico 1619 in die Prälatur eintrat, betrachteten ihn viele als den künftigen Cardinal Padrone. Aller Augen richteten sich auf ihn: von seinen Freunden und Dienern suchte schon einer den andern auszustechen: auch Cecchini klagt, daß man ihn zu verdrängen gesucht habe; aber er wußte sich zu halten: vermochte er doch selbst dem Herrn wichtige Dienste zu
Vita del cardinal Cecchini
Sechster Abſchnitt. Spätere Epochen.
Wir haben in dem vorigen Abſchnitt alles zuſammengefaßt, was ſich auf Urban VIII. unmittelbar bezieht; es folgen noch einige Schriften, welche ſeine Zeiten mit den ſpaͤtern verbinden.
121. Relatione della vita del cardl Cecchini composta da lui mede- simo. (Barb. 275 S.)
Perſoͤnliche Denkwuͤrdigkeiten, die nicht gerade viel Licht uͤber wichtige Staatsangelegenheiten verbreiten, aber ein ganz unterrich- tendes Beiſpiel eines geiſtlichen Privatlebens doch auch immer unter bedeutenden Verhaͤltniſſen darſtellen.
Der Autor deutet an, daß er ſie zu ſeinem Vergnuͤgen aufſetze. „Tra tutte le cose che apportano all’ uomo sommo piacere, una è la memoria delle cose passate.“
Funfzehn Jahre alt, ging Cecchini im Jahre 1604 von Perugia nach Rom.
Er hatte ſeine Hoffnung auf die Aldobrandini geſetzt, mit denen er in entfernter Verwandtſchaft ſtand; aber nur allzu fruͤh fuͤr ihn ſtarb Clemens VIII, und nach deſſen Tode vermochten die Aldobran- dini nichts mehr. Cecchini durfte zwar ſogleich neue Hoffnung ſchoͤ- pfen: in Perugia ſchon war er mit Scipione Caffarelli in Verbin- dung geweſen, demſelben der unter Paul V. die Stellung eines Ne- poten ſo erfolgreich geltend zu machen wußte: aber Caffarelli wollte ſich dieſer Bekanntſchaft nicht erinnern: der junge Menſch mußte durch andere Protection fortzukommen ſuchen.
Da wollte nun ſein Gluͤck, daß er ſich gerade an zwei Mon- ſignoren hielt, die beide ſpaͤter die hoͤchſte Wuͤrde erlangten, Ludoviſio und Pamfilio.
Sehr bald verbreitete ſich die Meinung in Rom, daß Ludoviſio die Tiare erlangen werde. So wie deſſen Neffe Ludovico 1619 in die Praͤlatur eintrat, betrachteten ihn viele als den kuͤnftigen Cardinal Padrone. Aller Augen richteten ſich auf ihn: von ſeinen Freunden und Dienern ſuchte ſchon einer den andern auszuſtechen: auch Cecchini klagt, daß man ihn zu verdraͤngen geſucht habe; aber er wußte ſich zu halten: vermochte er doch ſelbſt dem Herrn wichtige Dienſte zu
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Vita del cardinal Cecchini
Sechster Abſchnitt.
Spätere Epochen.
Wir haben in dem vorigen Abſchnitt alles zuſammengefaßt, was
ſich auf Urban VIII. unmittelbar bezieht; es folgen noch einige
Schriften, welche ſeine Zeiten mit den ſpaͤtern verbinden.
121.
Relatione della vita del cardl Cecchini composta da lui mede-
simo. (Barb. 275 S.)
Perſoͤnliche Denkwuͤrdigkeiten, die nicht gerade viel Licht uͤber
wichtige Staatsangelegenheiten verbreiten, aber ein ganz unterrich-
tendes Beiſpiel eines geiſtlichen Privatlebens doch auch immer unter
bedeutenden Verhaͤltniſſen darſtellen.
Der Autor deutet an, daß er ſie zu ſeinem Vergnuͤgen aufſetze.
„Tra tutte le cose che apportano all’ uomo sommo piacere, una
è la memoria delle cose passate.“
Funfzehn Jahre alt, ging Cecchini im Jahre 1604 von Perugia
nach Rom.
Er hatte ſeine Hoffnung auf die Aldobrandini geſetzt, mit denen
er in entfernter Verwandtſchaft ſtand; aber nur allzu fruͤh fuͤr ihn
ſtarb Clemens VIII, und nach deſſen Tode vermochten die Aldobran-
dini nichts mehr. Cecchini durfte zwar ſogleich neue Hoffnung ſchoͤ-
pfen: in Perugia ſchon war er mit Scipione Caffarelli in Verbin-
dung geweſen, demſelben der unter Paul V. die Stellung eines Ne-
poten ſo erfolgreich geltend zu machen wußte: aber Caffarelli wollte
ſich dieſer Bekanntſchaft nicht erinnern: der junge Menſch mußte
durch andere Protection fortzukommen ſuchen.
Da wollte nun ſein Gluͤck, daß er ſich gerade an zwei Mon-
ſignoren hielt, die beide ſpaͤter die hoͤchſte Wuͤrde erlangten, Ludoviſio
und Pamfilio.
Sehr bald verbreitete ſich die Meinung in Rom, daß Ludoviſio
die Tiare erlangen werde. So wie deſſen Neffe Ludovico 1619 in
die Praͤlatur eintrat, betrachteten ihn viele als den kuͤnftigen Cardinal
Padrone. Aller Augen richteten ſich auf ihn: von ſeinen Freunden und
Dienern ſuchte ſchon einer den andern auszuſtechen: auch Cecchini
klagt, daß man ihn zu verdraͤngen geſucht habe; aber er wußte ſich
zu halten: vermochte er doch ſelbſt dem Herrn wichtige Dienſte zu
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/454>, abgerufen am 03.03.2025.
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