101. Instruttione al dottor Leone Allatio per andare in Germania per la libreria del Palatino. 1622. (Hofbibl. zu Wien. MS Hohenb.)
Die Instruction durch welche Leo Allatius, damals Scriptor an der Vaticana, beauftragt ward die Heidelberger Bibliothek in Empfang zu nehmen.
Sie findet sich nicht allein in Wien, sondern auch in gar man- chen andern Bibliotheken, z. B. der Bibliothek Chigi zu Rom, un- ter den Sammlungen der Instructionen Gregors XV. Auch hat das gelehrte Interesse des Gegenstandes veranlaßt, daß sie bei uns be- kannt geworden. Quade, Baumgarten und Gerdes nach einander haben sie lateinisch abdrucken lassen.
Nachdem sie einmal das Gebiet der protestantischen Gelehrsam- keit berührt hatte, mußte sie endlich auch Discussionen hervorru- fen. In der Geschichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung der alten Heidelbergischen Büchersammlungen (Heidelberg 1817) p. 235 hat unser gelehrter Mitbürger und Freund, Herr GR Fr. Wilken, erhebliche Zweifel gegen ihre Echtheit aufgestellt.
In der That ist die lateinische Uebersetzung auf eine Art und Weise gemacht, daß sie Mißtrauen erregen mußte. Glücklicher Weise hebt sich das jedoch, wenn man das handschriftliche Origi- nal vor Augen nimmt.
Im Lateinischen heißt es z. B. in Bezug auf geweihete Me- daillen, die dem Allatio für die Soldaten Tillys mitgegeben wur- den: unum adhuc R. T. D. suppeditamus stratagema, ut scilicet sibi magnum nummorum comparet copiam, quos a sanctis cano- nisatos esse fingat. Gewiß! es ist unglaublich, daß der römische Hof gegen einen seiner Diener sich auf diese Weise ausgedrückt ha- ben soll.
Vergleicht man das Original, so lautet es auch in Wahrheit ganz anders. E qui soggiungero a V. S. che se le dara un grosso numero di medaglie con l'indulgenza della canonizzatione de' santi fatta da N. S. Ich verstehe Medaillen auf die Canoni- sation der Heiligen, welche Gregor XV. vorgenommen hatte, mit Indulgenz.
Eben so wenig ist in dem Original davon zu finden, daß Al- latio den Herzog von Baiern deutsch anreden solle, wie die lateini- sche Version will: "tradito", heißt es bei Baumgarten, "brevi a Sancto Patre fidei ipsius concredito, Germanico idiomate eum affandi." Im Original dagegen: presentando a Sua Altezza il breve di N. Sre, le parlera a nome di Sua Sta conforme al te- nore di esso.
Eine Uebersetzung, welche dem Italienischen und aller Wahrschein- lichkeit Hohn spricht.
So wie man aber das Original sieht in seiner so viel vernünf- tigern Abfassung, und in einer Umgebung die keinen Zweifel zuläßt, kann man an seiner Authenticität nicht mehr zweifeln.
Das allerdings bleibt wahr, daß Allatio das Gerücht ausbrei-
Instruttione al dottor Allatio.
101. Instruttione al dottor Leone Allatio per andare in Germania per la libreria del Palatino. 1622. (Hofbibl. zu Wien. MS Hohenb.)
Die Inſtruction durch welche Leo Allatius, damals Scriptor an der Vaticana, beauftragt ward die Heidelberger Bibliothek in Empfang zu nehmen.
Sie findet ſich nicht allein in Wien, ſondern auch in gar man- chen andern Bibliotheken, z. B. der Bibliothek Chigi zu Rom, un- ter den Sammlungen der Inſtructionen Gregors XV. Auch hat das gelehrte Intereſſe des Gegenſtandes veranlaßt, daß ſie bei uns be- kannt geworden. Quade, Baumgarten und Gerdes nach einander haben ſie lateiniſch abdrucken laſſen.
Nachdem ſie einmal das Gebiet der proteſtantiſchen Gelehrſam- keit beruͤhrt hatte, mußte ſie endlich auch Discuſſionen hervorru- fen. In der Geſchichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung der alten Heidelbergiſchen Buͤcherſammlungen (Heidelberg 1817) p. 235 hat unſer gelehrter Mitbuͤrger und Freund, Herr GR Fr. Wilken, erhebliche Zweifel gegen ihre Echtheit aufgeſtellt.
In der That iſt die lateiniſche Ueberſetzung auf eine Art und Weiſe gemacht, daß ſie Mißtrauen erregen mußte. Gluͤcklicher Weiſe hebt ſich das jedoch, wenn man das handſchriftliche Origi- nal vor Augen nimmt.
Im Lateiniſchen heißt es z. B. in Bezug auf geweihete Me- daillen, die dem Allatio fuͤr die Soldaten Tillys mitgegeben wur- den: unum adhuc R. T. D. suppeditamus stratagema, ut scilicet sibi magnum nummorum comparet copiam, quos a sanctis cano- nisatos esse fingat. Gewiß! es iſt unglaublich, daß der roͤmiſche Hof gegen einen ſeiner Diener ſich auf dieſe Weiſe ausgedruͤckt ha- ben ſoll.
Vergleicht man das Original, ſo lautet es auch in Wahrheit ganz anders. E qui soggiungerò a V. S. che se le darà un grosso numero di medaglie con l’indulgenza della canonizzatione de’ santi fatta da N. S. Ich verſtehe Medaillen auf die Canoni- ſation der Heiligen, welche Gregor XV. vorgenommen hatte, mit Indulgenz.
Eben ſo wenig iſt in dem Original davon zu finden, daß Al- latio den Herzog von Baiern deutſch anreden ſolle, wie die lateini- ſche Verſion will: „tradito“, heißt es bei Baumgarten, „brevi a Sancto Patre fidei ipsius concredito, Germanico idiomate eum affandi.“ Im Original dagegen: presentando a Sua Altezza il breve di N. Sre, le parlerà a nome di Sua Stà conforme al te- nore di esso.
Eine Ueberſetzung, welche dem Italieniſchen und aller Wahrſchein- lichkeit Hohn ſpricht.
So wie man aber das Original ſieht in ſeiner ſo viel vernuͤnf- tigern Abfaſſung, und in einer Umgebung die keinen Zweifel zulaͤßt, kann man an ſeiner Authenticitaͤt nicht mehr zweifeln.
Das allerdings bleibt wahr, daß Allatio das Geruͤcht ausbrei-
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Instruttione al dottor Allatio.
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Instruttione al dottor Leone Allatio per andare in Germania
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Hohenb.)
Die Inſtruction durch welche Leo Allatius, damals Scriptor
an der Vaticana, beauftragt ward die Heidelberger Bibliothek in
Empfang zu nehmen.
Sie findet ſich nicht allein in Wien, ſondern auch in gar man-
chen andern Bibliotheken, z. B. der Bibliothek Chigi zu Rom, un-
ter den Sammlungen der Inſtructionen Gregors XV. Auch hat das
gelehrte Intereſſe des Gegenſtandes veranlaßt, daß ſie bei uns be-
kannt geworden. Quade, Baumgarten und Gerdes nach einander
haben ſie lateiniſch abdrucken laſſen.
Nachdem ſie einmal das Gebiet der proteſtantiſchen Gelehrſam-
keit beruͤhrt hatte, mußte ſie endlich auch Discuſſionen hervorru-
fen. In der Geſchichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung
der alten Heidelbergiſchen Buͤcherſammlungen (Heidelberg 1817) p.
235 hat unſer gelehrter Mitbuͤrger und Freund, Herr GR Fr.
Wilken, erhebliche Zweifel gegen ihre Echtheit aufgeſtellt.
In der That iſt die lateiniſche Ueberſetzung auf eine Art und
Weiſe gemacht, daß ſie Mißtrauen erregen mußte. Gluͤcklicher
Weiſe hebt ſich das jedoch, wenn man das handſchriftliche Origi-
nal vor Augen nimmt.
Im Lateiniſchen heißt es z. B. in Bezug auf geweihete Me-
daillen, die dem Allatio fuͤr die Soldaten Tillys mitgegeben wur-
den: unum adhuc R. T. D. suppeditamus stratagema, ut scilicet
sibi magnum nummorum comparet copiam, quos a sanctis cano-
nisatos esse fingat. Gewiß! es iſt unglaublich, daß der roͤmiſche
Hof gegen einen ſeiner Diener ſich auf dieſe Weiſe ausgedruͤckt ha-
ben ſoll.
Vergleicht man das Original, ſo lautet es auch in Wahrheit
ganz anders. E qui soggiungerò a V. S. che se le darà un
grosso numero di medaglie con l’indulgenza della canonizzatione
de’ santi fatta da N. S. Ich verſtehe Medaillen auf die Canoni-
ſation der Heiligen, welche Gregor XV. vorgenommen hatte, mit
Indulgenz.
Eben ſo wenig iſt in dem Original davon zu finden, daß Al-
latio den Herzog von Baiern deutſch anreden ſolle, wie die lateini-
ſche Verſion will: „tradito“, heißt es bei Baumgarten, „brevi a
Sancto Patre fidei ipsius concredito, Germanico idiomate eum
affandi.“ Im Original dagegen: presentando a Sua Altezza il
breve di N. Sre, le parlerà a nome di Sua Stà conforme al te-
nore di esso.
Eine Ueberſetzung, welche dem Italieniſchen und aller Wahrſchein-
lichkeit Hohn ſpricht.
So wie man aber das Original ſieht in ſeiner ſo viel vernuͤnf-
tigern Abfaſſung, und in einer Umgebung die keinen Zweifel zulaͤßt,
kann man an ſeiner Authenticitaͤt nicht mehr zweifeln.
Das allerdings bleibt wahr, daß Allatio das Geruͤcht ausbrei-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/405>, abgerufen am 03.03.2025.
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