Dagegen ist das erste Unternehmen Siegmunds mit dem ganzen Gepräge der Wahrhaftigkeit eines Eingeweihten geschildert. Die Hoff- nungen die sich an seine zweite Reise knüpften, werden in ihrer eu- ropäischen Bedeutung dargestellt.
Einschaltung. Bemerkung über die Denkwürdigkeiten Bentivoglios.
In seinem 63sten Jahre, nicht 1640, wie die Ausgabe in den Classici Italiani behauptet, sondern 1642, wie auch Mazzuchelli hat, begann Cardinal Guido Bentivoglio (geb. 1579), nachdem er manches andere Memoire über Weltgeschäfte verfaßt, auch persön- liche Denkwürdigkeiten niederzuschreiben.
Er beabsichtigte ursprünglich, seinen ersten Aufenthalt an dem römischen Hofe, seine Nuntiaturen in Frankreich und den Niederlan- den, die Zeiten seines Cardinalates zu umfassen. Wäre er damit zu Stande gekommen, so würde die Geschichte der ersten Hälfte des sieb- zehnten Jahrhunderts um ein schönes Werk voll von Anschauung rei- cher seyn.
Aber er starb, ehe er nur noch mit dem ersten Theile zu Stande gekommen. Sein Werk -- Memorie del cardl Guido Bentivo- glio -- geht nur bis 1600.
Es macht den Eindruck der Ruhe und des Behagens, wie ein alter Prälat ihrer genießt, der, frei von Geschäften, bequem in sei- nem Pallaste Haus hält. Es ist eine sehr angenehme, zugleich er- freuende und unterrichtende Lectüre: natürlich aber legte dem Cardi- nal seine Stellung Pflichten auf, und es läßt sich bemerken, daß er mit der Sprache nicht völlig herausgeht.
Die Schilderung z. B., die er ziemlich ausführlich von den Cardinälen gibt, von denen er Clemens VIII. umgeben fand, ent- spricht doch den Nachrichten, die uns Andere über dieselben mitthei- len, nur sehr im Allgemeinen.
Gleich der erste, der Decan Gesualdo, wird von Bentivoglio geschildert als "ein vornehmer Mann, von liebenswürdigen Sitten, der die Geschäfte nicht sucht, aber auch nicht vermeidet"; davon aber, was uns Andere erzählen, und auch Bentivoglio ohne Zweifel wußte, wie er die Wahl Sanseverinos aus persönlicher Abneigung verhin- derte, -- welche Prätensionen höhern Ranges er gegen die übrigen Cardinäle geltend machte, die sich nur sehr ungern fügten, -- wie alle seine Bestrebungen seitdem dahin gingen, sich Freunde zu er- werben, um das Pontificat erlangen zu können, wie er sich besonders an Spanien anschloß, -- von alle dem erfahren wir nichts.
Der zweite Aragona. Bentivoglio bemerkt von ihm, "er habe in frühern Conclaven besonders die jüngern Cardinäle geleitet; er habe während der Abwesenheit des Papstes Rom auf das trefflichste verwaltet; er liebe guten Hausrath; er habe eine schöne Capelle, mit den Altarbil- dern wechsle er ab." Allein damit ist der Mann noch nicht gezeichnet. Er war, wie wir aus Delfino sehen, ein von der Gicht gepeinigter alter Mann, dessen Tod sich bald erwarten ließ, der aber darum an den Hoffnungen auf das Pontificat nur um so fester hielt. Bei dem
Bentivoglio.
Dagegen iſt das erſte Unternehmen Siegmunds mit dem ganzen Gepraͤge der Wahrhaftigkeit eines Eingeweihten geſchildert. Die Hoff- nungen die ſich an ſeine zweite Reiſe knuͤpften, werden in ihrer eu- ropaͤiſchen Bedeutung dargeſtellt.
Einſchaltung. Bemerkung uͤber die Denkwuͤrdigkeiten Bentivoglios.
In ſeinem 63ſten Jahre, nicht 1640, wie die Ausgabe in den Classici Italiani behauptet, ſondern 1642, wie auch Mazzuchelli hat, begann Cardinal Guido Bentivoglio (geb. 1579), nachdem er manches andere Memoire uͤber Weltgeſchaͤfte verfaßt, auch perſoͤn- liche Denkwuͤrdigkeiten niederzuſchreiben.
Er beabſichtigte urſpruͤnglich, ſeinen erſten Aufenthalt an dem roͤmiſchen Hofe, ſeine Nuntiaturen in Frankreich und den Niederlan- den, die Zeiten ſeines Cardinalates zu umfaſſen. Waͤre er damit zu Stande gekommen, ſo wuͤrde die Geſchichte der erſten Haͤlfte des ſieb- zehnten Jahrhunderts um ein ſchoͤnes Werk voll von Anſchauung rei- cher ſeyn.
Aber er ſtarb, ehe er nur noch mit dem erſten Theile zu Stande gekommen. Sein Werk — Memorie del cardl Guido Bentivo- glio — geht nur bis 1600.
Es macht den Eindruck der Ruhe und des Behagens, wie ein alter Praͤlat ihrer genießt, der, frei von Geſchaͤften, bequem in ſei- nem Pallaſte Haus haͤlt. Es iſt eine ſehr angenehme, zugleich er- freuende und unterrichtende Lectuͤre: natuͤrlich aber legte dem Cardi- nal ſeine Stellung Pflichten auf, und es laͤßt ſich bemerken, daß er mit der Sprache nicht voͤllig herausgeht.
Die Schilderung z. B., die er ziemlich ausfuͤhrlich von den Cardinaͤlen gibt, von denen er Clemens VIII. umgeben fand, ent- ſpricht doch den Nachrichten, die uns Andere uͤber dieſelben mitthei- len, nur ſehr im Allgemeinen.
Gleich der erſte, der Decan Geſualdo, wird von Bentivoglio geſchildert als „ein vornehmer Mann, von liebenswuͤrdigen Sitten, der die Geſchaͤfte nicht ſucht, aber auch nicht vermeidet“; davon aber, was uns Andere erzaͤhlen, und auch Bentivoglio ohne Zweifel wußte, wie er die Wahl Sanſeverinos aus perſoͤnlicher Abneigung verhin- derte, — welche Praͤtenſionen hoͤhern Ranges er gegen die uͤbrigen Cardinaͤle geltend machte, die ſich nur ſehr ungern fuͤgten, — wie alle ſeine Beſtrebungen ſeitdem dahin gingen, ſich Freunde zu er- werben, um das Pontificat erlangen zu koͤnnen, wie er ſich beſonders an Spanien anſchloß, — von alle dem erfahren wir nichts.
Der zweite Aragona. Bentivoglio bemerkt von ihm, „er habe in fruͤhern Conclaven beſonders die juͤngern Cardinaͤle geleitet; er habe waͤhrend der Abweſenheit des Papſtes Rom auf das trefflichſte verwaltet; er liebe guten Hausrath; er habe eine ſchoͤne Capelle, mit den Altarbil- dern wechſle er ab.“ Allein damit iſt der Mann noch nicht gezeichnet. Er war, wie wir aus Delfino ſehen, ein von der Gicht gepeinigter alter Mann, deſſen Tod ſich bald erwarten ließ, der aber darum an den Hoffnungen auf das Pontificat nur um ſo feſter hielt. Bei dem
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Bentivoglio.
Dagegen iſt das erſte Unternehmen Siegmunds mit dem ganzen
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nungen die ſich an ſeine zweite Reiſe knuͤpften, werden in ihrer eu-
ropaͤiſchen Bedeutung dargeſtellt.
Einſchaltung.
Bemerkung uͤber die Denkwuͤrdigkeiten Bentivoglios.
In ſeinem 63ſten Jahre, nicht 1640, wie die Ausgabe in den
Classici Italiani behauptet, ſondern 1642, wie auch Mazzuchelli
hat, begann Cardinal Guido Bentivoglio (geb. 1579), nachdem er
manches andere Memoire uͤber Weltgeſchaͤfte verfaßt, auch perſoͤn-
liche Denkwuͤrdigkeiten niederzuſchreiben.
Er beabſichtigte urſpruͤnglich, ſeinen erſten Aufenthalt an dem
roͤmiſchen Hofe, ſeine Nuntiaturen in Frankreich und den Niederlan-
den, die Zeiten ſeines Cardinalates zu umfaſſen. Waͤre er damit zu
Stande gekommen, ſo wuͤrde die Geſchichte der erſten Haͤlfte des ſieb-
zehnten Jahrhunderts um ein ſchoͤnes Werk voll von Anſchauung rei-
cher ſeyn.
Aber er ſtarb, ehe er nur noch mit dem erſten Theile zu Stande
gekommen. Sein Werk — Memorie del cardl Guido Bentivo-
glio — geht nur bis 1600.
Es macht den Eindruck der Ruhe und des Behagens, wie ein
alter Praͤlat ihrer genießt, der, frei von Geſchaͤften, bequem in ſei-
nem Pallaſte Haus haͤlt. Es iſt eine ſehr angenehme, zugleich er-
freuende und unterrichtende Lectuͤre: natuͤrlich aber legte dem Cardi-
nal ſeine Stellung Pflichten auf, und es laͤßt ſich bemerken, daß er
mit der Sprache nicht voͤllig herausgeht.
Die Schilderung z. B., die er ziemlich ausfuͤhrlich von den
Cardinaͤlen gibt, von denen er Clemens VIII. umgeben fand, ent-
ſpricht doch den Nachrichten, die uns Andere uͤber dieſelben mitthei-
len, nur ſehr im Allgemeinen.
Gleich der erſte, der Decan Geſualdo, wird von Bentivoglio
geſchildert als „ein vornehmer Mann, von liebenswuͤrdigen Sitten,
der die Geſchaͤfte nicht ſucht, aber auch nicht vermeidet“; davon aber,
was uns Andere erzaͤhlen, und auch Bentivoglio ohne Zweifel wußte,
wie er die Wahl Sanſeverinos aus perſoͤnlicher Abneigung verhin-
derte, — welche Praͤtenſionen hoͤhern Ranges er gegen die uͤbrigen
Cardinaͤle geltend machte, die ſich nur ſehr ungern fuͤgten, — wie
alle ſeine Beſtrebungen ſeitdem dahin gingen, ſich Freunde zu er-
werben, um das Pontificat erlangen zu koͤnnen, wie er ſich beſonders
an Spanien anſchloß, — von alle dem erfahren wir nichts.
Der zweite Aragona. Bentivoglio bemerkt von ihm, „er habe in
fruͤhern Conclaven beſonders die juͤngern Cardinaͤle geleitet; er habe
waͤhrend der Abweſenheit des Papſtes Rom auf das trefflichſte verwaltet;
er liebe guten Hausrath; er habe eine ſchoͤne Capelle, mit den Altarbil-
dern wechſle er ab.“ Allein damit iſt der Mann noch nicht gezeichnet.
Er war, wie wir aus Delfino ſehen, ein von der Gicht gepeinigter
alter Mann, deſſen Tod ſich bald erwarten ließ, der aber darum an
den Hoffnungen auf das Pontificat nur um ſo feſter hielt. Bei dem
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/366>, abgerufen am 03.03.2025.
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