nand I. stehn, so finden wir noch einige andere Bemerkungen zu machen. Man weiß, daß unser Kaiser auf eine Reform drang, die dem Papste nicht sehr angenehm war. In den ersten Monaten des Jahres 1563 schickte Pius zweimal seine Nuntien, erst Commen- done, dann Morone, nach Insbruck, wo der Kaiser sich damals aufhielt, um ihn von seiner Opposition abzubringen. Sehr merk- würdige Sendungen, für das Concilium von großem Erfolg. Es ist interessant zu beobachten, wie Pallavicini (XX, 4) von den- selben Bericht erstattet. Wir haben Commendones Relation 19. Fe- bruar 1563, die auch er vor Augen hatte.
Da ist nun zuerst zu bemerken, daß er die Ausdrücke deren man sich an dem kaiserlichen Hofe bediente, die Aussichten die man da faßte, unendlich schwächt. Von der Vereinigung, in der damals der Kaiser mit den Franzosen und dem Cardinal von Lothringen stand, läßt er Commendone sagen: rendersi credibile che scambievolmente si confirmerebbono nel parer e si prometterebbono ajuto nell' operare: es werde glaublich, daß sie sich in ihrer Meinung mit ein- ander vergleichen und sich auch in ihren Unternehmungen Hülfe lei- sten würden. Ganz anders drückt sich Commendone aus. Am kai- serlichen Hofe dachte man nicht allein die Reform mit den Franzo- sen gemeinschaftlich nachzusuchen: pare che pensino trovar modo e forma di haver piu parte et autorita nel presente concilio per stabilire in esso tutte le loro petitioni giuntamente con Fran- cesi.
Vieles andere aber läßt Pallavicini geradezu weg. Am kaiserlichen Hofe war man der Meinung, mit etwas mehr Nachgiebigkeit und ernst- licher Reform hätte man vieles bei den Protestanten ausrichten können. La somma e che a me pare di haver veduto non pur in S. Mta ma nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentissimo desiderio della riforma e del progresso del concilio con una gran speranza quod remettendo aliquid de jure positivo et reformando mores et disciplinam ecclesiasticam non solo si possono conser- vare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, con una opinione et impressione pur troppo forte che qui siano molti che non vogliano riforma. Ich will nicht untersuchen, wer die Protestanten seyn mochten, von denen im Falle ordentlicher Re- formen eine Rückkehr zum Katholicismus zu erwarten gewesen wäre, allein viel zu anzüglich sind diese Reden dem Hofprälaten, als daß er sie mittheilen sollte. "Man sprach von den Schwierigkeiten, die man in dem Concilium finde: Seld antwortete kurz: Opor- tuisset ab initio sequi sana consilia." Die Klagen über die Schwie- rigkeiten erwähnt auch Pallavicini, die Antwort verschweigt er.
Dafür aber theilt er einen Ausspruch des Kanzlers zu Gunsten der Jesuiten in extenso mit.
Genug er verweilt bei dem was ihm angenehm ist, was ihm und der Curie unbequem seyn möchte ignorirt er.
5. Es kann nicht fehlen, daß das nicht für die Ansicht des Gegenstandes nachtheilig werden sollte.
Z. B. noch in dem Jahre 1547 gaben die Spanier einige Re- formationsartikel ein, die unter dem Namen der Censuren bekannt sind.
Pallavicini.
nand I. ſtehn, ſo finden wir noch einige andere Bemerkungen zu machen. Man weiß, daß unſer Kaiſer auf eine Reform drang, die dem Papſte nicht ſehr angenehm war. In den erſten Monaten des Jahres 1563 ſchickte Pius zweimal ſeine Nuntien, erſt Commen- done, dann Morone, nach Insbruck, wo der Kaiſer ſich damals aufhielt, um ihn von ſeiner Oppoſition abzubringen. Sehr merk- wuͤrdige Sendungen, fuͤr das Concilium von großem Erfolg. Es iſt intereſſant zu beobachten, wie Pallavicini (XX, 4) von den- ſelben Bericht erſtattet. Wir haben Commendones Relation 19. Fe- bruar 1563, die auch er vor Augen hatte.
Da iſt nun zuerſt zu bemerken, daß er die Ausdruͤcke deren man ſich an dem kaiſerlichen Hofe bediente, die Ausſichten die man da faßte, unendlich ſchwaͤcht. Von der Vereinigung, in der damals der Kaiſer mit den Franzoſen und dem Cardinal von Lothringen ſtand, laͤßt er Commendone ſagen: rendersi credibile che scambievolmente si confirmerebbono nel parer e si prometterebbono ajuto nell’ operare: es werde glaublich, daß ſie ſich in ihrer Meinung mit ein- ander vergleichen und ſich auch in ihren Unternehmungen Huͤlfe lei- ſten wuͤrden. Ganz anders druͤckt ſich Commendone aus. Am kai- ſerlichen Hofe dachte man nicht allein die Reform mit den Franzo- ſen gemeinſchaftlich nachzuſuchen: pare che pensino trovar modo e forma di haver più parte et autorità nel presente concilio per stabilire in esso tutte le loro petitioni giuntamente con Fran- cesi.
Vieles andere aber laͤßt Pallavicini geradezu weg. Am kaiſerlichen Hofe war man der Meinung, mit etwas mehr Nachgiebigkeit und ernſt- licher Reform haͤtte man vieles bei den Proteſtanten ausrichten koͤnnen. La somma è che a me pare di haver veduto non pur in S. Mtà ma nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentissimo desiderio della riforma e del progresso del concilio con una gran speranza quod remettendo aliquid de jure positivo et reformando mores et disciplinam ecclesiasticam non solo si possono conser- vare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, con una opinione et impressione pur troppo forte che qui siano molti che non vogliano riforma. Ich will nicht unterſuchen, wer die Proteſtanten ſeyn mochten, von denen im Falle ordentlicher Re- formen eine Ruͤckkehr zum Katholicismus zu erwarten geweſen waͤre, allein viel zu anzuͤglich ſind dieſe Reden dem Hofpraͤlaten, als daß er ſie mittheilen ſollte. „Man ſprach von den Schwierigkeiten, die man in dem Concilium finde: Seld antwortete kurz: Opor- tuisset ab initio sequi sana consilia.“ Die Klagen uͤber die Schwie- rigkeiten erwaͤhnt auch Pallavicini, die Antwort verſchweigt er.
Dafuͤr aber theilt er einen Ausſpruch des Kanzlers zu Gunſten der Jeſuiten in extenso mit.
Genug er verweilt bei dem was ihm angenehm iſt, was ihm und der Curie unbequem ſeyn moͤchte ignorirt er.
5. Es kann nicht fehlen, daß das nicht fuͤr die Anſicht des Gegenſtandes nachtheilig werden ſollte.
Z. B. noch in dem Jahre 1547 gaben die Spanier einige Re- formationsartikel ein, die unter dem Namen der Cenſuren bekannt ſind.
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Pallavicini.
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Jahres 1563 ſchickte Pius zweimal ſeine Nuntien, erſt Commen-
done, dann Morone, nach Insbruck, wo der Kaiſer ſich damals
aufhielt, um ihn von ſeiner Oppoſition abzubringen. Sehr merk-
wuͤrdige Sendungen, fuͤr das Concilium von großem Erfolg. Es
iſt intereſſant zu beobachten, wie Pallavicini (XX, 4) von den-
ſelben Bericht erſtattet. Wir haben Commendones Relation 19. Fe-
bruar 1563, die auch er vor Augen hatte.
Da iſt nun zuerſt zu bemerken, daß er die Ausdruͤcke deren man
ſich an dem kaiſerlichen Hofe bediente, die Ausſichten die man da
faßte, unendlich ſchwaͤcht. Von der Vereinigung, in der damals der
Kaiſer mit den Franzoſen und dem Cardinal von Lothringen ſtand,
laͤßt er Commendone ſagen: rendersi credibile che scambievolmente
si confirmerebbono nel parer e si prometterebbono ajuto nell’
operare: es werde glaublich, daß ſie ſich in ihrer Meinung mit ein-
ander vergleichen und ſich auch in ihren Unternehmungen Huͤlfe lei-
ſten wuͤrden. Ganz anders druͤckt ſich Commendone aus. Am kai-
ſerlichen Hofe dachte man nicht allein die Reform mit den Franzo-
ſen gemeinſchaftlich nachzuſuchen: pare che pensino trovar modo e
forma di haver più parte et autorità nel presente concilio per
stabilire in esso tutte le loro petitioni giuntamente con Fran-
cesi.
Vieles andere aber laͤßt Pallavicini geradezu weg. Am kaiſerlichen
Hofe war man der Meinung, mit etwas mehr Nachgiebigkeit und ernſt-
licher Reform haͤtte man vieles bei den Proteſtanten ausrichten koͤnnen.
La somma è che a me pare di haver veduto non pur in S. Mtà ma
nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentissimo
desiderio della riforma e del progresso del concilio con una gran
speranza quod remettendo aliquid de jure positivo et reformando
mores et disciplinam ecclesiasticam non solo si possono conser-
vare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, con una
opinione et impressione pur troppo forte che qui siano molti
che non vogliano riforma. Ich will nicht unterſuchen, wer die
Proteſtanten ſeyn mochten, von denen im Falle ordentlicher Re-
formen eine Ruͤckkehr zum Katholicismus zu erwarten geweſen
waͤre, allein viel zu anzuͤglich ſind dieſe Reden dem Hofpraͤlaten, als
daß er ſie mittheilen ſollte. „Man ſprach von den Schwierigkeiten,
die man in dem Concilium finde: Seld antwortete kurz: Opor-
tuisset ab initio sequi sana consilia.“ Die Klagen uͤber die Schwie-
rigkeiten erwaͤhnt auch Pallavicini, die Antwort verſchweigt er.
Dafuͤr aber theilt er einen Ausſpruch des Kanzlers zu Gunſten
der Jeſuiten in extenso mit.
Genug er verweilt bei dem was ihm angenehm iſt, was ihm
und der Curie unbequem ſeyn moͤchte ignorirt er.
5. Es kann nicht fehlen, daß das nicht fuͤr die Anſicht des
Gegenſtandes nachtheilig werden ſollte.
Z. B. noch in dem Jahre 1547 gaben die Spanier einige Re-
formationsartikel ein, die unter dem Namen der Cenſuren bekannt ſind.
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/297>, abgerufen am 16.02.2025.
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