Male waren sie selbst uneinig. Das churfürstliche Collegium war für die Intentionen des Kaisers, das fürstliche dagegen. Doch war der Unterschied, daß die Fürsten das erste Mal nachgaben, das zweite Mal jedoch nicht; dann reichten sie eine abweichende Ant- wort ein.
Sleidan sucht den Widerspruch des fürstlichen Collegiums dadurch zu erklären, daß er bemerkt, es seyen so viele Bischöfe darin gewe- sen: ein für die Reichsverfassung allerdings sehr wichtiger Punkt. Sarpi verwischt aber das Wesentliche ganz, indem er dabei bleibt, das Fürstencollegium geradezu Bischöfe zu nennen. Er sagt bei der ersten Antwort: I vescovi rifiutarono; bei der zweiten: i ve- scovi con alcuni pochi principi cattolici; was denn, wie gesagt, die Ansicht der Reichsverfassung durchaus verunstaltet.
Wir wollen indeß hiebei nicht stehn bleiben. Die Hauptsache ist, wie er die ihm eigenthümlichen geheimern Quellen benutzt, von denen er glauben durfte, daß sie noch eine geraume Zeit unbekannt bleiben würden.
Für die Geschichte dieses Reichstages hatte er die Instruction Contarinis, die der Cardinal Quirini späterhin eben auch aus einem venezianischen MS hat drucken lassen.
Da bemerken wir nun zuerst, daß er das was er in der In- struction fand, bald hier bald da in die Unterredungen verflicht, welche der Legat mit dem Kaiser gehalten habe.
Z. E. heißt es in der Instruction: Eos articulos in quibus in- ter se convenire non possunt, ad nos remittant, qui in fide boni pastoris et universalis pontificis dabimus operam ut per univer- sale concilium vel per aliquam viam aequivalentem non praeci- pitanter, sed mature et quemadmodum res tanti momenti exigit, finis his controversiis imponatur, et remedium quod his malis adhibendum est quam diutissime perdurare possit.
Sarpi läßt Contarini fordern: ogni cosa si mandasse al papa, il qual prometteva in fede di buon pastore et universal ponte- fice di fare che il tutto fosse determinato per un concilio gene- rale o per altra via equivalente con sincerita e con nissun af- fetto humano, non con precipitio, ma maturamente.
Die Instruction fährt an einer andern Stelle fort: Si quidem ab initio pontificatus nostri, ut facilius hoc religionis dissidium in pristinam concordiam reduceretur, primum christianos prin- cipes ad veram pacem et concordiam per literas et nuntios no- stros saepissime hortati sumus, -- mox ob hanc eandem cau- sam concilium generale -- -- christianis regibus et principibus etiam per proprios nuntios significavimus, -- -- multaque in Ger- mania religionis causa non ea qua decuit auctoritatem nostram, ad quam religionis judicium cognitio et examen spectat, reve- rentia tractari et fieri non absque gravi dolore animi intellexi- mus, tum temporum conditione moti, tum Caesareae et regiae majestatum vel earum oratorum pollicitationibus persuasi quod ea quae hic fiebant boni alicujus inde secuturi causa fierent, partim patientes tulimus etc.
Sarpi fügt hinzu: Sicome la Sta S. nel principio del ponti-
Sarpi.
Male waren ſie ſelbſt uneinig. Das churfuͤrſtliche Collegium war fuͤr die Intentionen des Kaiſers, das fuͤrſtliche dagegen. Doch war der Unterſchied, daß die Fuͤrſten das erſte Mal nachgaben, das zweite Mal jedoch nicht; dann reichten ſie eine abweichende Ant- wort ein.
Sleidan ſucht den Widerſpruch des fuͤrſtlichen Collegiums dadurch zu erklaͤren, daß er bemerkt, es ſeyen ſo viele Biſchoͤfe darin gewe- ſen: ein fuͤr die Reichsverfaſſung allerdings ſehr wichtiger Punkt. Sarpi verwiſcht aber das Weſentliche ganz, indem er dabei bleibt, das Fuͤrſtencollegium geradezu Biſchoͤfe zu nennen. Er ſagt bei der erſten Antwort: I vescovi rifiutarono; bei der zweiten: i ve- scovi con alcuni pochi principi cattolici; was denn, wie geſagt, die Anſicht der Reichsverfaſſung durchaus verunſtaltet.
Wir wollen indeß hiebei nicht ſtehn bleiben. Die Hauptſache iſt, wie er die ihm eigenthuͤmlichen geheimern Quellen benutzt, von denen er glauben durfte, daß ſie noch eine geraume Zeit unbekannt bleiben wuͤrden.
Fuͤr die Geſchichte dieſes Reichstages hatte er die Inſtruction Contarinis, die der Cardinal Quirini ſpaͤterhin eben auch aus einem venezianiſchen MS hat drucken laſſen.
Da bemerken wir nun zuerſt, daß er das was er in der In- ſtruction fand, bald hier bald da in die Unterredungen verflicht, welche der Legat mit dem Kaiſer gehalten habe.
Z. E. heißt es in der Inſtruction: Eos articulos in quibus in- ter se convenire non possunt, ad nos remittant, qui in fide boni pastoris et universalis pontificis dabimus operam ut per univer- sale concilium vel per aliquam viam aequivalentem non praeci- pitanter, sed mature et quemadmodum res tanti momenti exigit, finis his controversiis imponatur, et remedium quod his malis adhibendum est quam diutissime perdurare possit.
Sarpi laͤßt Contarini fordern: ogni cosa si mandasse al papa, il qual prometteva in fede di buon pastore et universal ponte- fice di fare che il tutto fosse determinato per un concilio gene- rale o per altra via equivalente con sincerità e con nissun af- fetto humano, non con precipitio, ma maturamente.
Die Inſtruction faͤhrt an einer andern Stelle fort: Si quidem ab initio pontificatus nostri, ut facilius hoc religionis dissidium in pristinam concordiam reduceretur, primum christianos prin- cipes ad veram pacem et concordiam per literas et nuntios no- stros saepissime hortati sumus, — mox ob hanc eandem cau- sam concilium generale — — christianis regibus et principibus etiam per proprios nuntios significavimus, — — multaque in Ger- mania religionis causa non ea qua decuit auctoritatem nostram, ad quam religionis judicium cognitio et examen spectat, reve- rentia tractari et fieri non absque gravi dolore animi intellexi- mus, tum temporum conditione moti, tum Caesareae et regiae majestatum vel earum oratorum pollicitationibus persuasi quod ea quae hic fiebant boni alicujus inde secuturi causa fierent, partim patientes tulimus etc.
Sarpi fuͤgt hinzu: Sicome la Stà S. nel principio del ponti-
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Sarpi.
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der Unterſchied, daß die Fuͤrſten das erſte Mal nachgaben, das
zweite Mal jedoch nicht; dann reichten ſie eine abweichende Ant-
wort ein.
Sleidan ſucht den Widerſpruch des fuͤrſtlichen Collegiums dadurch
zu erklaͤren, daß er bemerkt, es ſeyen ſo viele Biſchoͤfe darin gewe-
ſen: ein fuͤr die Reichsverfaſſung allerdings ſehr wichtiger Punkt.
Sarpi verwiſcht aber das Weſentliche ganz, indem er dabei bleibt,
das Fuͤrſtencollegium geradezu Biſchoͤfe zu nennen. Er ſagt bei der
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scovi con alcuni pochi principi cattolici; was denn, wie geſagt,
die Anſicht der Reichsverfaſſung durchaus verunſtaltet.
Wir wollen indeß hiebei nicht ſtehn bleiben. Die Hauptſache
iſt, wie er die ihm eigenthuͤmlichen geheimern Quellen benutzt, von
denen er glauben durfte, daß ſie noch eine geraume Zeit unbekannt
bleiben wuͤrden.
Fuͤr die Geſchichte dieſes Reichstages hatte er die Inſtruction
Contarinis, die der Cardinal Quirini ſpaͤterhin eben auch aus einem
venezianiſchen MS hat drucken laſſen.
Da bemerken wir nun zuerſt, daß er das was er in der In-
ſtruction fand, bald hier bald da in die Unterredungen verflicht,
welche der Legat mit dem Kaiſer gehalten habe.
Z. E. heißt es in der Inſtruction: Eos articulos in quibus in-
ter se convenire non possunt, ad nos remittant, qui in fide boni
pastoris et universalis pontificis dabimus operam ut per univer-
sale concilium vel per aliquam viam aequivalentem non praeci-
pitanter, sed mature et quemadmodum res tanti momenti exigit,
finis his controversiis imponatur, et remedium quod his malis
adhibendum est quam diutissime perdurare possit.
Sarpi laͤßt Contarini fordern: ogni cosa si mandasse al papa,
il qual prometteva in fede di buon pastore et universal ponte-
fice di fare che il tutto fosse determinato per un concilio gene-
rale o per altra via equivalente con sincerità e con nissun af-
fetto humano, non con precipitio, ma maturamente.
Die Inſtruction faͤhrt an einer andern Stelle fort: Si quidem
ab initio pontificatus nostri, ut facilius hoc religionis dissidium
in pristinam concordiam reduceretur, primum christianos prin-
cipes ad veram pacem et concordiam per literas et nuntios no-
stros saepissime hortati sumus, — mox ob hanc eandem cau-
sam concilium generale — — christianis regibus et principibus
etiam per proprios nuntios significavimus, — — multaque in Ger-
mania religionis causa non ea qua decuit auctoritatem nostram,
ad quam religionis judicium cognitio et examen spectat, reve-
rentia tractari et fieri non absque gravi dolore animi intellexi-
mus, tum temporum conditione moti, tum Caesareae et regiae
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ea quae hic fiebant boni alicujus inde secuturi causa fierent,
partim patientes tulimus etc.
Sarpi fuͤgt hinzu: Sicome la Stà S. nel principio del ponti-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/290>, abgerufen am 31.07.2024.
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